Biotechnologie – klug vernetzt oder kläglich abgehängt?

Sandra Ehlen, Chefredakteurin IM+io
Deutschland verfügt über exzellente Forschung und eine starke Industrie – doch gerade in der Biotechnologie gelingt die Verbindung beider Welten oft nicht. Während andere Länder strategische Biotech-Ökosysteme aufbauen, verliert Deutschland durch Bürokratie, fehlende Agilität und mangelnde Vernetzung an Tempo. Erfolgsbeispiele wie BioNTech zeigen, was möglich ist, wenn Wissenschaft, Unternehmertum und Politik zusammenspielen. Doch ohne eine Kultur der Ermöglichung droht das Land, sein Potenzial zu verspielen.

3D-Drucker im Nanomaßstab, der eine leuchtende Molekülstruktur erzeugt, wobei Präzisionswerkzeuge scharf sichtbar sind.

You shall not pass: Wie zellfreie Moleküle das Böse bekämpfen

Patrick Grossmann, Invitris im Gespräch mit Milena Milivojevic, IM+io
Invitris entwickelt eine zellfreie Plattformtechnologie, mit der Bakteriophagen und andere Wirkstoffe wie Antikörper oder Impfstoffe synthetisch hergestellt werden können. Im Gegensatz zu klassischen, zellbasierten Verfahren ermöglicht der Ansatz eine vollständige Kontrolle und gezielte Modifikation der Moleküle. Mithilfe von KI und Automatisierungsrobotik entstehen personalisierte Medikamente – beispielsweise gegen antibiotikaresistente Bakterien – in weniger als acht Stunden. Das System ist vielseitig einsetzbar und bietet großes Potenzial für Medizin, Landwirtschaft und Industrie. Durch Partnerschaften mit Pharmaunternehmen wird die Technologie sowohl gemeinsam weiterentwickelt als auch kommerziell lizenziert.

Surreale Erkundung von Kind und KI: Traumhafte Neon-Interaktion in futuristischer digitaler Landschaft

Gefühlvolle Avatare: Digitale Unterstützung für mehr psychische Resilienz

Eva Möhler, Jan Alexandersson, Andrea Dixius, Patrick Gebhard, Projekt Skills4Kids
Skills4Kids ist eine digitale Anwendung mit interaktivem Avatar, die Kinder und Jugendliche im Umgang mit Stress und Gefühlen stärkt. Ziel ist es, emotionale Selbstregulation frühzeitig zu fördern und langfristig psychischer Belastung vorzubeugen. Die App basiert auf dem bewährten START-Programm und wurde speziell für den niedrigschwelligen Einsatz in Alltag und Schule weiterentwickelt. Erste Studien zeigen eine gute Wirksamkeit und Akzeptanz – besonders bei belasteten Jugendlichen. Perspektivisch soll Skills4Kids flächendeckend eingesetzt und von Krankenkassen übernommen werden.

Leuchtender Fluss des Lebens in einem biolumineszierenden Wald

Wie Algorithmen Bakterien zu Biofabriken machen

Hagen von Strünck, Institut für Systembiotechnologie
Bakterien sind längst nicht mehr nur Krankheitserreger – sie haben sich zu leistungsfähigen Biofabriken entwickelt. Mit Hilfe digitaler Werkzeuge wie dem CellNetAnalyzer lässt sich ihr Stoffwechsel gezielt umprogrammieren, um wertvolle Produkte effizient herzustellen. Die Software analysiert dabei komplexe Netzwerke zellulärer Reaktionen und identifiziert vielversprechende genetische Eingriffspunkte. So entsteht ein datenbasierter Plan für die biotechnologische Optimierung – schneller und präziser als je zuvor. Trotzdem bleibt das Labor unverzichtbar: Denn nicht jeder digitale Vorschlag funktioniert auch in der Realität.

Nahaufnahme verschiedener Algenarten, die unter Wasser an Seilen kultiviert werden und leuchtende Farben und Texturen zeigen. Die ruhige Unterwasserszene ruft ein Gefühl der Ruhe hervor

MeerWert schaffen: Mit Algen nachhaltig entwickeln

Levent Piker, oceanBASIS im Gespräch mit Milena Milivojevic, IM+io
Das Unternehmen oceanBASIS entwickelt seit über 20 Jahren nachhaltige Produkte auf Basis von Meeresalgen. Im Fokus steht der Zuckertang, eine Algenart, die CO₂ bindet, Sauerstoff produziert und das Ökosystem unterstützt. Die gewonnene Biomasse wird zu hochwertigen Extrakten verarbeitet, insbesondere für Naturkosmetik unter der Marke Oceanwell. Digitale Technologien wie künstliche Intelligenz kommen dabei zunehmend in Forschung und Produktion zum Einsatz. Zudem engagiert sich oceanBASIS aktiv für den Meeresschutz – unter anderem mit der Initiative „Protect the Ocean“, die konkrete Umweltschutzprojekte fördert.

humanoider Roboter näht Kleidung

Fein gesponnen: Was Hightech-Garne von der Natur lernen

Isabel Rosenberger, AMSilk im Gespräch mit Milena Milivojevic, IM+io
AMSilk ist ein Biotech-Unternehmen, das aus der TU München hervorging und sich auf die industrielle Herstellung von Spinnenseidenproteinen spezialisiert hat. Diese Hochleistungsmaterialien sind biobasiert, biologisch abbaubar und vielseitig einsetzbar – von Textilien über Medizinprodukte bis hin zu Kosmetik. Die Herstellung erfolgt mithilfe genetisch optimierter Mikroorganismen, die das Seidenprotein in einem Fermentationsprozess produzieren. Aus dem Protein entstehen je nach Anwendung Pulver, Hydrogele oder textile Fasern. AMSilk kombiniert natürliche Eigenschaften mit Hightech und strebt eine nachhaltige Materialrevolution an.