Schneller parken – mit Künstlicher Intelligenz und Schwarmwissen
Im Gespräch mit Julian Glaab, Mitglied im Gründerteam von AIPARK
Unternehmensprofil
Zur CEBIT wurden sie mit dem Innovation Award 2018 ausgezeichnet, für die Zukunft haben sie ehrgeizige Pläne – auch auf internationalem Niveau. Die Rede ist vom Startup AIPARK (Artificial Intelligence Based Parking), das für die Prognose freier Parkplätze Langzeitinformationen wie Ampel-, Verkehrs- und Wetterdaten sowie geografische Gegebenheiten durch Künstliche Intelligenz auswertet und verarbeitet.
IM+io: Bei der Erhebung freier Parkplätze denkt man heute eigentlich mehr an Daten, die über Sensorik erhoben werden, AIPARK geht nun andere Wege – wie ermitteln Sie die Daten zur Verkehrslenkung im ruhenden Bereich und was zeichnet diesen Weg besonders aus?
JG: Wir übernehmen das Prinzip eines Stauassistenten. Dort werden bereits heute Schwarmdaten aus zahlreichen anderen Quellen verwendet, um Staus anzuzeigen; zum Beispiel dadurch, dass auf bestimmten Streckenabschnitten die Geschwindigkeit langsamer ist als auf anderen. Unser Ansatz analog dazu bezieht sich allerdings nicht auf den fließenden, sondern den ruhenden Verkehr. Wir nutzen Schwarmdaten, um zu ermitteln, wann und an welchen Orten die Verkehrsteilnehmer einund ausparken. Diese Daten können wir in Echtzeit anderen Autofahrern zur Verfügung stellen und ihnen damit zeigen, wo ein Parkplatz frei wird. Und wir können lernen, wie sich die Parksituation im Laufe des Tages in bestimmten Gebieten ändert.
IM+io: Woher erhalten Sie die Schwarmdaten?
JG: Aus Kooperationen mit anderen Navigationsanbietern. Es ist unser Geschäftsmodell, unsere Daten an andere Mobilitätsservices zu lizenzieren. Sprich, eine Navigations-App oder eine Park&Payment-App kann unsere Parkraumdaten mit integrieren. Mit ihren zur Verfügung gestellten Daten helfen sie uns, die Parkraumdaten zu erfassen, wir bieten unsere Technologie wiederum über die Navigations-App als Zusatzfeature an. Dadurch helfen unsere Kunden mit, unsere Technologie zu verbessern.
IM+io: Welche Rolle spielt maschinelles Lernen bei der Optimierung Ihrer Technologie?
JG: Eine ganz elementare Rolle. Wenn wir Daten über eine Parksituation erhalten, schauen wir uns zunächst an, welche Einflussfaktoren zu diesem Parksuchverkehr geführt haben. Zum Beispiel Points of Interest, also beispielsweise Supermärkte, Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungen, ein großer Arbeitgeber, ein dichtes Wohngebiet. Dazu gehören aber auch Tageszeit, das Wetter und die Schwarmdaten, die wir erhalten. Das heißt wir haben ein komplexes Problem – Parkplatzsuche – mit zahlreichen Einflussfaktoren, und beim Lösen des Problems ist maschinelles Lernen einfach das perfekte Werkzeug. Man kann in diesen Daten Muster erkennen, Parkplatzsuche ist ein repetitiver Prozess, der zum Beispiel im Pendelverkehr erkennbar ist, und er wird dadurch prädizierbar.
IM+io: Als Zielgruppe haben Sie nicht nur den Parkplatzsuchenden im Blick, sondern auch Städte bei der Planung Ihrer Parkmöglichkeiten. Welches Angebot können Sie hier unterbreiten?
JG: Städte und Autofahrer haben unterschiedliche Interessen: der Autofahrer sucht einen Parkplatz in der Nähe seines Ziels, die Stadt denkt in den Grenzen ihrer Stadtfläche. Parkplatzbewirtschaftung ist ein kommunales Thema, hier sind die Probleme anders gelagert. Ihr Interesse liegt zum Beispiel in der Luftreinhaltung, auch aufgrund der Rechtsprechung dieses Jahr. Hinzu kommt politischer Druck, aber auch der Servicegedanke einer Smart City. Die Anfragen, die uns aus dieser Richtung erreichen, drehen sich meistens um die Echtzeitüberwachung von Parkplätzen, daher haben wir auch die eingangs angesprochene Sensorik in Thema, hier sind die Probleme anders gelagert. Ihr Interesse liegt zum Beispiel in der Luftreinhaltung, auch aufgrund der Rechtsprechung dieses Jahr. Hinzu kommt politischer Druck, aber auch der Servicegedanke einer Smart City. Die Anfragen, die uns aus dieser Richtung erreichen, drehen sich meistens um die Echtzeitüberwachung von Parkplätzen, daher haben wir auch die eingangs angesprochene Sensorik in unserem Portfolio. Was aber noch wichtiger ist, ist die Raumplanung der Städte. Schon in kleineren Städten beträgt der Anteil des Parksuchverkehrs am gesamten Verkehr zwölf bis 20 Prozent, in größeren sogar bis zu 40 Prozent. Also ein richtiger Verkehrstreiber, weil die Menschen immer im Kreis fahren, weil sie nicht wissen, wo die Parkplätze sind. Den kann man vermeiden. Außerdem ist die Parkraumbewirtschaftung häufig auf kommunaler Ebene ein sehr emotionales Thema. Die Grundlage solcher Planungen waren zuvor Fahrzeugzählungen. Jetzt können wir diese Informationen in einer viel höheren Qualität und noch dazu in Echtzeit bereitstellen und damit die Planungsgrundlage erheblich erweitern (siehe Abbildung 2, Anm. d. Red.).
IM+io: In der Zukunft geht es auch um automatische Parkraumerkennung, ist das auch ein KI Thema?
JG: Unsere Idee war, dem Autofahrer zu zeigen, wann ein Parkplatz frei ist. Aber zunächst mussten wir uns dem Thema widmen, wie man die freien Parkplätze überhaupt findet. Beim Offstreet Parking, also in Parkhäusern, ist das kein Thema mehr, dort gibt es bereits sehr gute Lösungen über Sensoren. Das macht allerdings nur 15 Prozent des deutschen Parkraums aus, der Rest ist Parken am Straßenrand. Und genau dort ist die Landkarte noch weiß, ohne Informationen über Preise, Standorte oder Kapazitäten. Das heißt wir mussten uns überlegen, wie wir die angestrebte Parkplatzkarte überhaupt erzeugen können. Das Thema Künstliche Intelligenz ist für uns wichtig, weil diese Daten zur Parkraumerkennung noch nicht zur Verfügung stehen. Das ist bestenfalls ein Flickenteppich. Deshalb gilt es jetzt zunächst, Pionierarbeit zu leisten und Methoden zur Parkraumerkennung zu entwickeln. Zum Beispiel mit Bildbefahrungsdaten. Mithilfe von Computer-Vision-KI erkennen wir Parkschilder, georeferenzieren sie und können so die Parkflächen in eine Karte eintragen. Dazu gehören natürlich auch Informationen wie Anwohnerparken, Öffnungszeiten, eingeschränkte Parkflächen. Unser Vorteil hier in Deutschland ist die Straßenverkehrsordnung, in der alles geregelt ist und die wir benutzen, um auf ihrer Grundlage eine informative Karte zu erstellen.
IM+io: Wer sind die Köpfe hinter AIPARK?
JG: Wir haben alle einen sehr technischen Hintergrund. Matthias Natho, Johannes Riedel, Torgen Hauschild, Marcel Kessler, Mathias Rudnik und ich kommen alle aus dem Automotive- Bereich – zwei Wirtschaftsingenieure und vier Informatiker mit Kompetenzen in Computer- Vision, KI und Cloud Computing. Ausgegründet wurden wir im Juli 2017.
IM+io: Woher kam die Unterstützung für die Ausgründung?
JG: Die Anschubfinanzierung von 120.000 Euro kam vom EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums; über Wettbewerbe und andere Programme haben wir noch einmal denselben Betrag erhalten. Mittlerweile sind wir dabei, eine Finanzierungsrunde mit einem VC Investor abzuschließen.
IM+io: Ist die schwarze Null bei Ihnen bereits ein Thema? Wie sieht Ihre Planung für die nächsten drei bis fünf Jahre aus?
JG: Nein, das verlangt von uns niemand. Auf dem Markt herrscht mittlerweile ein gewisser Wettbewerbsdruck, es gibt verschiedene Lösungen, die Sie bereits eingangs unter dem Stichwort „Sensoren“ genannt haben. Niemand weiß derzeit, welche Lösungen am Ende das Rennen machen. Deshalb ist es uns derzeit wichtig, zu wachsen, Reichweite zu generieren und zugkräftige Kunden zu bekommen. Stand heute haben wir bereits eine Million Nutzer, die auf unsere Schnittstelle zugreifen. Wir planen nun, einen neuen Standort in Berlin zu eröffnen, um von diesem dynamischen Umfeld zu profitieren und uns in Sachen Vertrieb und Marketing zu verstärken. Ende des Jahres startet ein Pilotprojekt mit einem Autohersteller, der unsere Daten direkt ins Fahrzeug lädt, außerdem werden wir in unsere Nachbarländer expandieren.