„Wir müssen immer die Interaktion mit dem Menschen im Blick haben!“
Im Gespräch mit Prof. Dr. Wolfgang Wahlster und Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, zwei prägenden Persönlichkeiten der Informatik, zu Chancen und Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI).
Kurz und bündig:
Prof. Dr. Wolfgang Wahlster und Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer sehen bedeutende Chancen für die Entwicklung und den erfolgreichen Einsatz von KI in der deutschen Wirtschaft. Diese Chancen können aber nur realisiert werden, wenn mit unternehmerischem Mut und Umsetzungsstärke innovative Businessmodelle zum Einsatz kommen. Dies ist besonders im Bereich des autonomen Fahrens zeitkritisch, da sonst die deutsche Automobilwirtschaft in Gefahr gerät.
IM+io: Professor Wahlster, in welche Richtung gehen derzeit Forschung und praktische Umsetzung in der Künstlichen Intelligenz?
WW: Ziel der Künstlichen Intelligenz ist es, intelligentes Verhalten auf Computern abzubilden, um damit den Menschen physische oder kognitive Assistenzfunktionen anbieten zu können. Es geht also um kollaborative Roboter und Softbots, die dem Menschen in seinem beruflichen Umfeld aber auch in Alltagssituationen wertvolle Hilfestellungen leisten. Es gibt weltweit unterschiedliche Entwicklungen. Die US-Amerikaner wenden KI vor allem erfolgreich im Privatkundengeschäft an. Der Grund liegt unter anderem in der unbestrittenen Größe ihres digitalen Massenmarktes. Schon heute arbeitet jede Suchmaschine, jede soziale Plattform oder jedes Online-Handelsportal auch auf der Basis von KI. Das Bilden und Erstellen von Benutzerprofilen bei Firmen wie Amazon, Google und Facebook erhält durch KI ganz neue Dimensionen. Übrigens hat die weltweit erste Tagung zum Thema KI für die Benutzermodellierung im Jahr 1986 in Deutschland mit starker amerikanischer Beteiligung stattgefunden und wurde von meinem Lehrstuhl organisiert. China geht einen vergleichbaren Weg; hier seien nur die Plattformen Alibaba, Baidu und JD.com als Beispiele erwähnt. In Europa, insbesondere in Deutschland, ist das anders. Hier haben wir eine sehr starke Industrie, auf die wir uns konzentrieren. Wir sind in Deutschland Weltmeister im Export hochwertiger physischer Produkte und ganz grundsätzlich im Bereich B2B. Daher sollten auch unser KI-Anwendungsschwerpunkte in diesen Bereichen liegen. Wir versuchen unsere Stärken auszubauen und das sind die eingebetteten Computersysteme und die Sensorik, die immer mehr etwa in Autos, Werkzeugmaschinen, Medizintechnik, Haushaltsgeräten und Landmaschinen aus Deutschland integriert werden. Es gibt kein System, das einzig aus KI-Komponenten besteht. Es bedarf immer eines Trägers für die KI, und das sind bei uns die hochwertigen vernetzten Geräte, die durch KI veredelt zu intelligenten Service-Plattformen werden können. KI ist also als technologischer Wegbereiter ein Kernelement unserer deutschen Zukunftsprojekte Industrie 4.0 und der Smart Service Welt.
IM+io: Gibt es denn schon konkrete KI-Anwendungen in der deutschen Industrie?
WW: Ja, zahlreiche KI-Systeme sind heute bereits im Routineeinsatz. Das DFKI hat schon 2008 bei Saarstahl ein KI-basiertes Produktionssteuerungssystem zum Einsatz gebracht und heute sind unsere KI-basierten Werkerassistenzsysteme in mehreren Fabriken im Betrieb. Die Echtzeitfertigungsplanung beim Einsatz von hybriden Teams von Menschen und Robotern ist ohne KI-Systeme nicht möglich. Es gibt bereits wichtige Anwendungen in der vorausschauenden Wartung, die ohne maschinelles Lernen nicht denkbar wären. Oder nehmen Sie den digitalen Zwilling als virtuellen Repräsentanten eines Bauteils innerhalb einer Produktionsanlage. Hier braucht man zwingend Wissensrepräsentations- und Inferenzverfahren der KI, um den digitalen Zwilling mit der Fähigkeit auszustatten, mit anderen Fabrikkomponenten inhaltlich zu kommunizieren, wie das zum Beispiel bei einer virtuellen Inbetriebnahme oder der automatischen Fehlfunktionsdiagnose notwendig ist. Nicht nur die Fabrik der Zukunft sondern auch ein autonomes Fahrzeug ist ohne KI nicht realisierbar.
IM+io: 30 Jahre DFKI heißt auch 30 Jahre Forschung zu KI – wo steht das Institut heute?
WW: Es gibt das DFKI nun seit 30 Jahren und es nimmt zweifellos in Europa eine Spitzenstellung ein. Weltweit ist es gemessen an der Anzahl wissenschaftlicher Mitarbeiter und dem Umsatz das größte Zentrum, das sich ausschließlich mit KI beschäftigt. Das DFKI spielt bei allen aktuellen Entwicklungen im Bereich KI als Exzellenzzentrum eine wesentliche Rolle. Wir werden auch im Ausland wegen unseres PPP-Modells mit industriellen und staatlichen Gesellschaftern sowie seiner mittelständischen, sehr agilen Organisation als Zukunftsmodell gesehen. Wir sind ein Schnellboot neben vielen Supertankern der Grossforschungseinrichtungen. Als ein Erfolgsindikator mag auch die Tatsache gesehen werden, dass das DFKI seinen Umsatz alle zehn Jahre verdoppelt hat. 190 ehemalige DFKI-Mitarbeiter sind heute als Professoren tätig und bilden nun die dringend benötigten Experten für diese neuen Blütephase der KI aus. Mit über 80 Spin-Offs hat das DFKI aber auch viel für die wirtschaftliche Wertschöpfung und über 2000 neue HighTech-Arbeitsplätze tun können. Das Thema KI erfährt derzeit auch große Beachtung durch die Politik – von der Koalititionsvereinbarung über die Regierungserklärung bis hin zu einer nationalen KI-Strategie.
IM+io: Auch in Frankreich erfährt das Thema KI wachsende Aufmerksamkeit und es werden grenzüberschreitende Kooperationen diskutiert. Da führt dann sicher auch kein Weg am DFKI vorbei?
WW: Das DFKI hat mit Blick auf Frankreich schon deshalb gute Chancen, weil es dort ein Institut gibt, das ähnlich strukturiert ist und mit dem wir seit vielen Jahren auf europäischer Ebene kooperieren. Es handelt sich um INRIA (Institut National de Recherche en Informatique et en Automatique) mit der Zentrale in Paris und weiteren Standorten unter anderem in Nancy und Grenoble. Obwohl INRIA kein reines KI-Institut ist, verfolgt man dort ähnliche Ziele wie wir, um Grundlagenforschung mit Anwendung und Transfer in die Industrie zu verbinden. Wir sind mit Blick auf mögliche Kooperationen zwischen den beiden Staaten derzeit noch in einer Vorplanungsphase. Ich sehe gute Möglichkeiten beim autonomen Fahren, intelligenten Stromnetzen, Smart Home Technologien oder bei einem autonomen Hochgeschwindigkeitszug.
IM+io: Prof. Scheer, auch Sie haben das DFKI in den vergangenen 30 Jahren in seiner Entwicklung begleitet …
AWS: … und ich gratuliere besonders dazu, dass das DFKI so lange durchgehalten hat! Vor 30 Jahren war KI bereits ein Hype und einige der damals schon mit großen Erwartungen gegründeten Institute sind wieder eingegangen. Dass das DFKI durchgehalten hat, beeindruckend gewachsen ist und sich an neue Herausforderungen aus der Praxis angepasst hat, ist ein wichtiges Indiz für den erfolgreichen Weg. Künstliche Intelligenz ist aus meiner Sicht ein diffuser Begriff und umfasst eine Vielzahl von Methoden, wovon ich einige bereits als Student angewendet habe. Besonders in den Vordergrund treten aber jetzt künstliche neuronale Netze. Auch diese sind eigentlich nicht neu, werden aber durch die Mehrschichtigkeit der Netze und neue Algorithmen aus dem Winterschlaf geweckt. Heute gelingt ihre technische Umsetzung durch höhere Computerleistung und große Datenmengen. Das macht das Thema wieder attraktiv. Grundsätzlich tut es dem Thema KI gut, dass es einen positiven Hype erlebt, damit die vielfältigen Möglichkeiten durch Finanzmittel, Forschungseinsatz und Attraktivität für intelligente junge Menschen genutzt werden können. Wichtig wird aber vor allem sein, was wir dann wirklich aus den Ergebnissen wirtschaftlich machen, wie wir theoretische Erkenntnisse in marktfähige Produkte umsetzen.
IM+io: Ein Rundgang über die Hannover Messe Industrie im März diesen Jahres ließ aber doch bereits konkretes Realisierungspotenzial erahnen?
AWS: Ja, im Bereich IoT kommt KI in Deutschland tatsächlich in Teilen bereits zur Anwendung, aber von einem wirtschaftlichen Durchbruch kann noch nicht die Rede sein. Das liegt an verschiedenen Herausforderungen. KI-Lösungen beziehen sich häufig auf sehr spezielle Probleme, wie zum Beispiel Sprachsteuerung oder Prognosetechniken. Es gibt keine KI-Methode, die für alles geeignet ist und auch kein generelles Anwendungsmodell. Bei einem Deep Learning Ansatz müssen die Struktur des neuralen Netzes, also die Anzahl der Schichten und die Anzahl Neuronen pro Schicht, festgelegt werden sowie der Vektor der Inputgrössen. Dort bestehen also Gestaltungsmöglichkeiten und man muss ausprobieren, welches Modell am Ende passt und sich auch plausibel begründen lässt Anschließend folgt eine langwierige Trainingsphase. Selbst für kleine Ansätze muss häufig bereits ein relativ großer Aufwand getrieben werden. Deshalb gibt es Anstrengungen diese Ansätze weiter zu automatisieren, so dass sich das Modell selbst entwickelt. Es geht bei KI also immer wieder darum, die Fragestellung erst einmal richtig zu definieren und die geeignete Lösungsmethode zu bestimmen. Das erklärt auch, dass selbst große Unternehmen sich noch in einem Versuchsstadium befinden und durch „Proofs of Concept“ herausfinden, ob sich der Einsatz lohnt. Der große Roll-out im realen Betrieb ist immer noch eine Hürde. Je mehr Erfolgsbeispiele aber entstehen, umso mehr kommen diese Ansätze auch in eine breite Umsetzung.
WW: KI ist für mich auch die Abkürzung für „Künftige Informatik“. Ohne die aktuellen technischen Möglichkeiten der IT wären die erwähnten Erfolge des Deep Learning nicht denkbar. Die KI ist extrem verzahnt mit anderen Entwicklungen in der Informatik, aber sie ist auch die Avantgarde, weil sie immer wieder versucht, Grenzen, die wir in der Digitalisierung haben, zu durchbrechen.
AWS: Insgesamt kann man etwas bildhaft sagen, dass sich KI mit Problemen beschäftigt, die derzeit noch besser von Menschen gelöst werden können, aber die Algorithmen kommen den Menschen näher.
IM+io: Damit kommen wir zurück zur Praxis: Prof. Scheer, in Ihrem kürzlich erschienen Buch „Unternehmung 4.0“ betrachten Sie unter anderem die erweiterten Möglichkeiten der Prozessautomatisierung durch KI. Welcher Mehrwert bietet sich hier?
AWS: Alle Entwicklungen im Umfeld der Digitalisierung verändern die Geschäftsprozesse. Es entstehen neue Prozesse wie Produkte entwickelt werden, wie Logistik ausgeführt wird oder wie produziert wird. Sobald diese Prozesse komplexer werden, kommt Qualitätssteuerung, Testen und Optimieren ins Spiel. Ein aktuelles Thema ist derzeit das Gebiet „Robotic Process Automation“ (RPA). Dort werden Tätigkeiten von Sachbearbeitern noch weiter an Computer übertragen. Man analysiert, welche detaillierten Tätigkeiten der Sachbearbeiter am Computer macht, also etwa welche Transaktionen er an einem SAP System bedient oder welche Emails er bearbeitet. Diese Tätigkeiten werden filigran, quasi auf der Klick-Ebene analysiert und dann einem Softwareroboter übertragen. Die dahinterliegenden Anwendungssysteme sollen dabei nicht verändert werden, die Software nutzt die Benutzerschnittstelle, die vorher der Mensch bearbeitet hat. Der Softwareroboter hat dann eine virtuelle Identität mit der er sich anmelden, eigene Aktionen vornehmen und andere Systeme anstoßen kann. Bei solchen Aktionen, die häufig ganz einfach klingen, ist bereits KI erforderlich. Der Softwareroboter muss erkennen, mit welchem System er arbeitet und welches Release er nutzt. Er muss auch über Sprach- oder Bilderkennung kommunizieren oder zum Beispiel bei Abrechnungen den passenden Mehrwertsteuersatz berücksichtigen können. RPA zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch funktioniert, wenn sich die Umgebung, also zum Beispiel eine Maske oder ein Formular verändert. Bei diesen Anwendungen ist dann Künstliche Intelligenz zwingend notwendig. Es gibt in diesem Kontext aber noch einen weiteren wichtigen Punkt. Als Abfallprodukt von KI-Projekten kann auch ein besseres Verständnis der Aufgabenstellungen und der ihnen zuzuordnenden Prozesse erfolgen. Schon bevor man noch einen Algorithmus einsetzt, kann es sich schon gelohnt haben, sich tiefer mit diesen Prozessen zu beschäftigen um sie zu optimieren.
IM+io: Redet man über KI meint man letztlich intelligente Maschinen. Wie definiert sich hier intelligent und wo sind die Grenzen?
WW: Wir unterscheiden ja grundsätzlich vier Dimensionen der Intelligenz. Die erste ist die sensomotorische Intelligenz, also die Steuerung unseres physischen Verhaltens aufgrund der Interpretation unserer Sinneswahrnehmungen. In diesem Bereich sind die heutigen Maschinen noch weit unterlegen, das zeigt schon ein Vergleich eines menschlichen Fußballers mit einem Roboterfußballer. Dann gibt es natürlich die kognitive Intelligenz, die bislang als die wichtigste Dimension für die KI-Forschung gesehen wurde. Die hat viele Unterdisziplinen; in einigen Bereichen wie bei Brettspielen mit großem Suchraum ist die KI bekanntlich schon überlegen. Dann gibt es die emotionale und soziale Intelligenz, die zeigt sich im Zwischenmenschlichen, in der Betriebsführung, im Management. Da sind die KI-Systeme noch schwach und haben auch grundsätzliche biologische und ethische Grenzen. Im Ergebnis heißt das, überall dort, wo extrem große Datenmengen analysiert werden müssen, ist KI durch das maschinelle Lernen schon sehr weit und auch schneller und zum Teil präziser als der Mensch. Heute kann schon ein medizinisches Bild, etwa ein CT Scan, gründlicher von einem KI-Algorithmus analysiert werden als von einem Arzt. Für die abschließende Diagnose braucht man den Arzt, aber als dessen Assistent ist das KI-System sehr hilfreich.
IM+io: Stichwort Medizin: Prof. Scheer, der Deutsche Ärztetag hat sich kürzlich offen zur Telemedizin bekannt, die ja auch verstärkt auf KI setzt. Was bedeutet ein solcher Schritt für neue Businessmodelle?
AWS: Als Bitkom Präsident habe ich mich immer dafür eingesetzt, die elektronische Patientenkarte mit intelligenten Anwendungen einzusetzen, so dass Doppelindikationen oder falsche Medikamente vermieden werden. Jetzt ist man einen guten Schritt weiter, auch bei der Telemedizin. Das dahinterliegende Prinzip ist das der Selbststeuerung. Ein Patient kann sich jetzt selber besser steuern. Er erfasst selbst Daten, die in ein KI-System eingegeben werden und erhält dann Verhaltensvorschläge, die seiner Gesundheit zu Gute kommen. Wenn der Arzt dem Patienten durch die KI-Informationen besser helfen kann, ist das ein weiteres Plus.
IM+io: In Deutschland wird KI auch und gerade im Bereich des autonomen Fahrens diskutiert. Wo geht dort die Reise hin?
WW: Wir sind am DFKI seit vielen Jahren auf diesem Gebiet unterwegs mit avancierten Assistenzsystemen, die dann letztendlich im vollautonomen Fahren enden. Ein ganz wesentlicher Faktor in der KI ist: Wenn wir nur KI-Systeme im Einsatz haben, also etwa mehrere Roboter zusammen in der Fabrik arbeiten, ist das viel leichter zu gestalten, als wenn der Mensch involviert ist. Kollaborative Roboter, die wirklich Hand in Hand mit dem Mensch arbeiten, des Menschen aus seinem Verhalten erkennen müssen. Das zeigt sich auch beim autonomen Fahren. Auf Teststrecken fahren mehrere autonome Fahrzeuge problemlos gemeinsam, aber sobald gleichzeitig auf der Strecke Autos fahren, die von Menschen gesteuert werden, wird es kompliziert. Deshalb müssen wir immer die Interaktion mit dem Menschen im Blick haben. Auch zukünftig wird es noch lange kaum rein autonome Fahrstrecken geben, sondern immer eine Kombination mit von Menschen geführten Fahrzeugen. In der Konsequenz müssen KI-Systeme in der Lage sein, menschliches Verhalten zu verstehen und auch vorhersehen zu können. Deutschland steht eigentlich sehr gut da bei den verschiedenen Stufen hin zum vollautonomen Fahren: wir haben in diesem Bereich die meisten Patente, auch die Zulieferunternehmen sind Spitze, aber wir müssen diese PS nun auch auf die Straße bringen. Uns bremsen dabei in Deutschland derzeit noch Regulierungsfragen. Man darf nicht leichtfertig sein, aber es wird sich in den nächsten zwei bis drei Jahren zeigen, ob wir den Mut haben, das Mögliche wirklich zum vernünftigen Einsatz zu bringen. Das wird zu einer großen wirtschaftlichen Frage, denn Deutschland ist abhängig vom Automobilmarkt.
AWS: Wir dürfen hier unsere Chancen nicht verschlafen. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass es im Automobilbereich noch einmal zu Gründungen neuer Automobilhersteller kommen würde? Der Markt ist wieder in Bewegung. Wir sollten in Deutschland eine positive Einstellung zu KI und Anwendungen entwickeln. Wenn andere Länder, die durch Regulierungen nicht so eingeschränkt sind, KI-Produkte und Anwendungen entwickeln und damit unsere Märkte erobern, ist uns nicht geholfen. Es ist kein Zufall, dass Unternehmen der deutschen Automobilindustrie seit Jahren in den USA forschen und testen. Wir müssen also sehen, dass wir Forschung und Anwendung hier in Deutschland behalten.
WW: Ich glaube, dass wir in fünf Jahren die Frage, wie wir autonome Fahrzeuge zulassen können, gelöst haben müssen. Die Technik haben wir, wir brauchen aber eine Zertifizierung, also eine Art TÜV. Wir erarbeiten am DFKI derzeit zusammen mit dem TÜV Süd eine Validierungsplattform für die KI-Komponenten autonomer Fahrzeuge. Das ist auch eine Riesenchance, weil wir dadurch internationale Standards setzen können.
AWS: Wenn wir auf dem Gebiet nicht Gas geben, wird die ganze deutsche Automobilindustrie mit ihren Zulieferern zum Verlierer. Derzeit geht es der deutschen Wirtschaft sehr gut, das ist gut und schlecht zugleich. Schlecht ist, dass die Zukunftsprobleme nicht so ernst genommen werden. Wir müssen aber heute dringend die Infrastruktur für die Zukunft aufbauen und den Forschungsstandort sichern. Uns fehlen in Teilen auch noch die Businessmodelle und der unternehmerischen Mut, die Dinge umzusetzen. Das DFKI geht da den richtigen Weg mit der Verbindung von Grundlagen- und Anwendungsforschung. Damit unterstützt es aktiv den Standort Deutschland! Nochmals meine Gratulation, lieber Wolfgang, zu dieser Erfolgsgeschichte.