Paradigmen der Digitalisierung organisatorisch umsetzen
AWSi und Telekom setzen mit innovativen RPA-Ansätzen gemeinsam auf Wertschöpfung durch Digitalisierung
Das AWS-Institut für digitale Produkte und Prozesse, AWSi, will in seinen Forschungsprojekten Digitalisierung nicht nur theoretisch behandeln, sondern auch die entsprechenden Paradigmen organisatorisch umsetzen. Daher steht man beim AWSi „bewusst mit einem Fuß in der Wissenschaft und mit dem anderen in der Wirtschaft“, so der Institutsdirektor Dr. Dirk Werth. Die aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen bei den Themen Prozessmanagement, Industrie 4.0 für den Mittelstand und Digital Reality. Neue Wege im Prozessmanagement gestaltet man derzeit in einem Projekt mit der Deutschen Telekom. Hier geht es darum, Robotic Process Automation (RPA) für neue Anwendungsszenarien zu erschließen.
Zu den Zielsetzungen der Deutschen Telekom äußerte sich kürzlich Dr. Ferri Abolhassan, Mitglied der Geschäftsführung der Telekom und verantwortlich für den Geschäftsbereich Service, bei einem Besuch am Institut: „Für die Telekom ist RPA in den nächsten 5-10 Jahren ein Hauptthema. Es geht darum zu definieren, wo Maschinen Arbeitsprozesse von Menschen erleichtern können. Es geht um Software, die sich in Prozesse und Aufgaben einklinken kann, also um Robotic Frontend Assistenten. Selbst wenn sie nur einzelne Segmente der Arbeit übernehmen, erhöht sich potenziell etwa bei Hotlines und Helpdesks die Effizienz um ein Vielfaches.“ Auf der Suche nach industriellen Anbietern für eine integrierte Lösung ist man nicht fündig geworden. So setzt man zum einen auf den Aufbau von eigenem Know-how bei der Telekom und prüft zum anderen auch Zukunftsprojekte mit Partnern wie dem AWSi.
Dort widmet man sich derzeit dem Prozess der Konfiguration von Softwarerobotern. Es geht darum, diesen über einen automatisierten Ansatz stark zu vereinfachen. „Wir starten bei der praktischen Ausführung der Prozesse, beim menschlichen Agenten. Wir betrachten die relevanten Arbeitsschritte, die er am Rechner tut, gehen also von der Praxis aus zurück in die Abstraktion“, so Dr. Werth.
Die Gesamtidee basiert darauf, die Ausführung von Arbeitsprozessen durch Mitarbeiter mit einem Recording Tool strukturiert aufzuzeichnen, sie zu transformieren, um dann über Process Mining den Gesamtprozess zu verstehen und zu dokumentieren („Desktop Activity Mining“). Dieses Vorgehen erfolgt automatisiert und anonymisiert für die Gesamtheit der Mitarbeiter, die stark ähnliche bzw. gleiche Aufgaben haben, und inkludiert damit auch individuelle Workarounds. Am Ende steht eine ganzheitliche Prozessdokumentation, die es erlaubt, Prozesse so zu konfigurieren, dass Roboter sie übernehmen können. Ganz ohne menschliche Beratung geht der Weg vom Recording der Prozesspraxis zur Übernahme durch den Roboter dann aber doch nicht, erklärt Dr. Werth, denn dabei ist eine umfassende Methodenkompetenz gefragt.
DESKTOP ACTIVITY MINING
Desktop Activity Mining liefert detailliert konsolidierte Arbeitsprozesse für die automatisierte Konfiguration von Softwarerobotern.
Desktop Activity Mining ist ein neuer Ansatz, der am AWS-Institut entwickelt wurde, um Arbeitsprozesse zu erfassen und zu dokumentieren. Kern des Ansatzes ist es, die Bildschirm Aktionen aller am Prozess beteiligten Mitarbeiter digital zu erfassen, diese zu konsolidieren und zu einem Geschäftsprozess zusammenzuführen. Dabei kommen Mechanismen aus dem Data und Process Mining zum Einsatz. Im Detail werden, über ein im Hintergrund laufendes Recording Tool, die relevanten Prozessaktionen der Mitarbeiter, wie bspw. Texteingaben, Mausklicks oder Programmaufrufe, anonymisiert erfasst, um daraus mit Process Mining Algorithmen eine umfangreiche Darstellung des realen Arbeitsprozesses zu erhalten. Im Gegensatz zu klassischen Process Mining Ansätzen, bei denen nur Transaktionsdaten aus IT-Systemen zur Beschreibung eines Geschäftsprozesses genutzt werden, setzt Desktop Activity Mining auf der direkten Arbeitsebene der Mitarbeiter an. Somit werden auch solche Aktionen erfasst, die zwar prozessrelevant sind, jedoch nicht durch vorhandene IT-Systeme dokumentiert werden können, wie bspw. das Schreiben einer E-Mail. Desktop Activity Mining ist somit der erste Ansatz der Prozesse ganzheitlich, auf tatsächlicher Arbeitsebene der Mitarbeiter abbildet. Dies ist insbesondere wichtig für die Prozessautomatisierung mit Robotic Process Automation (RPA), bei der Arbeitsprozesse durch Softwareroboter durchgeführt werden. Desktop Activity Mining liefert die konsolidierten Arbeitsprozesse in einem Detailgrad, der für die Konfiguration dieser Softwareroboter nötig ist. Dies ermöglicht es, den ansonsten manuellen und zeitaufwendigen Konfigurationsprozess zu automatisieren und dadurch deutlich effizienter und kostengünstiger zu gestalten.