Die digitale Transformation verändert alle Branchen und alle Märkte. Durch die technologischen Entwicklungen und Innovationen wachsen die Verkaufskanäle mehr und mehr zusammen. Auf diese Entwicklungen sowie die damit verbundenen immer höheren Kundenerwartungen, müssen die Unternehmen mit den passenden Strategien reagieren und spätestens jetzt in das Thema E-Commerce und Omni-Channel einsteigen oder bestehende Aktivitäten in diesem Thema ausweiten. Dabei helfen strukturierte Vorgehensweisen wie der Scheer-Ansatz zur Digitalen Transformation, um innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Nahezu jedes zweite Handelsunternehmen führt in den nächsten beiden Jahren Digitalisierungsprojekte durch [1]. Wir erleben eine Entwicklung vom Consumer Goods/Retail zum Omni-Channel Commerce. Besonders der mit der Digitalisierung einhergehende Wandel von einem klassischen Verkäufermarkt hin zu einem Markt, bei dem der Kunde und Konsument im Mittelpunkt steht, stellt den Handel vor besondere Herausforderungen. Kunden fordern heutzutage ein auf sie abgestimmtes, lückenloses Einkaufserlebnis über alle Kanäle und Touchpoints hinweg. Einen Überblick gibt Abbildung 1.
Die Ausgangslagen bei den Unternehmen könnten unterschiedlicher nicht sein
Händler, die bereits im E-Commerce Fuß gefasst haben, müssen sich entscheiden, ob sie die nächsten Schritte hin zum Omni-Channel-Anbieter gehen möchten. Händler, die heute noch ausschließlich im stationären Handel zuhause sind, müssen in den kommenden zwei bis drei Jahren tragfähige Konzepte im E-Commerce entwickeln und umsetzen, um am Markt bestehen zu können.
Ähnlich wie im Handel sind auch die Beweggründe für die Hersteller zu betrachten. Unternehmen, die bereits online im B2B-Geschäft unterwegs sind, sollten ihren Kunden auch ein Einkaufserlebnis bieten, welches diese bereits aus dem privaten Umfeld kennen.
Auf der anderen Seite bietet E-Commerce diesen Unternehmen auch die Chance, ihre Zielgruppen auf die B2C-Endkunden auszuweiten.
Allen Voraussetzungen gemein ist, dass im Vorfeld die Zielsetzung Omni-Channel-Commerce klar durchdacht und festzulegen ist und aus diesen Überlegungen heraus die passende Lösungsarchitektur entworfen wird. Denn der Trend geht weg von monolithischen und allumfassenden Softwarelösungen hin zu flexiblen und einfach skalierbaren Lösungsplattformen, mit denen auf die rasanten Entwicklungen im E-Commerce zeitnah reagiert werden kann.
Erfolgreich einsteigen ins E-Commerce
Unternehmen, die sich dazu entscheiden, in das Thema E-Commerce und in die damit verbundenen Geschäftsmodelle zu investieren, stehen vor der Herausforderung, dieses Vorhaben strukturiert und inhaltlich fundiert vorzubereiten.
In der Praxis hat sich dabei der Ansatz zur Digitalen Transformation der Scheer GmbH bewährt, wie Abbildung 2 aufzeigt. Im Rahmen dieses Ansatzes verstehen wir uns als Diskussions- und Sparringspartner der Unternehmen, um gemeinsam ein tragfähiges E-Commerce Geschäftsmodell zu entwickeln.
Ziel ist es, eine Roadmap für das Unternehmen zu entwickeln, die aufzeigt, mit welchen Produkten, welche Zielgruppen über welche Kanäle angesprochen werden sollen – und vor allem, in welchen kaufmännischen Dimensionen gestartet werden sollte und wie die Lösung über den zeitlichen Horizont verkraftbar zu skalieren ist. Denn: Der Einstieg ins E-Commerce bringt nicht nur finanzielle Herausforderungen mit sich – unter Umständen ist die komplette Unternehmensorganisation einem Wandel zu unterziehen.
Im ersten Schritt dieses Transformationsprozesses gilt es, das bisherige Geschäftsmodell zu verstehen. Auf Grundlage der dann bekannten Zielgruppen und des bestehenden Sortiments werden anhand einer neuen Geschäftsfeldmatrix mögliche neue Zielmärkte und Sortimentsänderungen diskutiert. Dazu ist es notwendig, aktuelle Trends sowie technologische Innovationen mit einfließen zu lassen und anhand des Wissens über die eigenen Fähigkeiten und die eigene Wertschöpfung die folgenden Kernfragen zu beantworten:
- Was sind unsere strategischen Ziele, Positionierungen und Kundenversprechen?
- Welches sollen unsere Ziel-Kundensegmente sein?
- Welche Sortimente sollten wir in welchem Kanal zu welchem Preis anbieten?
Galt vor einigen Jahren noch die Annahme, dass Technologie nur die notwendige Basis für Organisation und Geschäftsmodell bildet, so treibt heute die Schnelllebigkeit der technologischen Entwicklung die Unternehmen und zwingt sie, diese Innovationen aufzugreifen. Sie müssen sich öffnen für neue Ansätze und die Verwendung in ihrem unternehmerischen Handeln prüfen. Denn „nur neue Organisations- und Business-Modelle machen Technologie erfolgreich.“ [2]
Im Rahmen des Customer Journey wird jede Kombination aus Zielgruppe und Produkt auf die Reise durch die Omni-Channel-Welt geschickt, exemplarisch eingeteilt in die Phasen: Information & Suche – Entscheidung – Check Out – Lieferung & Service.
Aus Kundensicht müssen Phase für Phase die folgenden Fragen beantwortet werden:
- Welche Funktion / welcher Service muss bereitgestellt werden, um diese Phase erfolgreich abschließen zu können?
- Wie müssen in dieser Phase die Kanäle interagieren können? Wie ist der Kommunikationsfluss zwischen den Kanälen?
Die Customer Journey zeigt, wie komplex die Omni-Channel-Architektur sein muss: Ist von Anfang an eine Gesamtarchitektur über alle Verkaufskanäle hinweg mit Integration in die betriebswirtschaftliche Welt notwendig? Oder reicht im ersten Schritt eine standalone E-Commerce-Lösung (ergänzt um Cloud-Lösungen wie Analytics und E-Mail-Marketing), um das neue Geschäftsmodell E-Commerce zu testen und sich mit seinen Prozessen und Mechanismen vertraut zu machen? Eine Übersicht gibt Abbildung 3.
So benötigt eine E-Commerce-Lösung, welche sich mit wenigen erklärungsbedürftigen Produkten beschäftigt, zum Beispiel in der Phase „Information und Suche“, keine professionelle, integrierte Suchmaschine, sondern eher ein leistungsfähiges Content-Management-Modul, mit dem emotionale Themenwelten gestaltet werden können.
Ist der benötigte Umfang definiert, muss analysiert werden, welche Maßnahmen notwendig sind, um das Vorhaben umsetzen zu können. Dabei ist die technische Umsetzung der E-Commerce-Lösung in der Regel nicht die größte Herausforderung.
Nehmen wir den Fall eines Produzenten, der bisher im Geschäftskundenbereich agiert hat, so ergeben sich beispielsweise die folgenden Fragestellungen:
- Kann die Produktion von Massenproduktion auf Einzelfertigung umgestellt werden? Kann vielleicht sogar eine Individualisierung von Produkten stattfinden?
- Wie erfolgt die Auftrags- und Produktionsplanung parallel zum etablierten Geschäft?
- Welche personellen und organisatorischen Maßnahmen sind notwendig, um den Kundenservice auf das Endkundengeschäft vorzubereiten?
Diese Frageliste könnte beliebig fortgesetzt werden. Sie zeigt aber, dass die größere Herausforderung in den internen Prozessen zur Leistungserbringung liegt und aus diesem Grund der Aspekt der Auswahl der passenden Partner eine entscheidende Rolle spielt. Beim Einstieg in ein neues Geschäftsmodell sollte die Verteilung der Aufgaben so gewählt sein, dass sich das Unternehmen auf seine eigenen Stärken und Möglichkeiten konzentrieren sollte und durch geeignete Partnerschaften ein Netzwerk aufbaut, mit dem es das Vorhaben E-Commerce auch bewältigen kann.
Alle Aspekte der Marktausrichtung und Angebotsdefinition bis hin zur technischen, organisatorischen und prozessualen Ausgestaltung werden in einem Businessplan zusammengefasst.
E-Commerce Geschäft erfolgreich ausbauen und weiterentwickeln
Online-Händler, die sich bereits im E-Commerce etabliert haben, stehen in der Regel nicht vor der Aufgabe, ein neues Business Modell entwickeln zu müssen.
Typische Herausforderungen sind:
- Kunden- und Umsatzzahlen wachsen nicht wie geplant.
- Die E-Commerce-Plattform kommt an ihre technischen Grenzen (Performance).
- Die Plattform ist funktional nur noch aufwändig weiterzuentwickeln, entspricht nicht mehr den aktuellen Technologien.
- Die Gesamtarchitektur verhindert oder behindert eine mögliche Omni-Channel-Strategie.
Betrachten wir den Aspekt, dass Kunden- und Umsatzzahlen nicht mehr skalieren wie geplant, so beobachtet man oft, dass die Einführung eines neuen Web-Shop-Systems als erste logische Lösung gesehen wird. Unternehmen, die an dieser Stelle übereilt handeln, gehen die Gefahr ein, dass sie mögliche andere Ursachen übersehen. Wie Abbildung 4 zeigt, gibt es viele Ansatzpunkte, um den Erfolg eines E-Commerce-Angebots zu beeinflussen.
Dass nicht genügend Umsätze generiert werden, kann auch daran liegen, dass bisher Lösungskomponenten vernachlässigt wurden, die erfolgskritisch für eine Gesamtlösung im E-Commerce sind. Kennt das Unternehmen seine Kunden überhaupt? Ist das Thema Analytics vielleicht einfach nur „nebenher“ gelaufen? Werden genügend und vor allem die passenden Zahlungsmethoden angeboten? Wird das Instrument E-Mail-Marketing mit personalisierten Angeboten überhaupt ausgenutzt?
All diese Fragen hinsichtlich der Gesamtarchitektur sollte sich ein Unternehmen stellen, bevor es ein Shop-System A gegen B austauscht. Ein erfolgreiches E-Commerce Konzept entsteht durch das Zusammenspiel passender Einzellösungen, die miteinander harmonisieren.
Ist die bisherige Lösung aber tatsächlich an ihren technischen Grenzen angelangt oder sind zukunftsfähige Architekturen nur noch schwer zu realisieren, so sollte auch in diesen Fällen die Auswahl neuer Lösungskomponenten konsequent entlang der Customer Journey erfolgen. Werden dann auch noch die neuesten technologischen Entwicklungen wie Personalisierung oder auch Augmented Reality in die Strategieentwicklung mit einbezogen, so können moderne responsive Lösungsarchitekturen entwickelt werden. Auf Basis dieser flexiblen Architekturen ist es möglich, innerhalb kürzester Zeit neue Services und Features zu entwickeln oder aus externen Quellen zu integrieren. Herzstück solcher Architekturen sind Integrationsplattformen, über die die unterschiedlichen Verkaufskanäle zusammengeführt und die Kommunikation zu Drittlösungen und kaufmännischen Systemen organisiert werden.
Zusammenfassung
Aus einer Umfrage unter Entscheidern im deutschen Einzelhandel ergeben sich die folgenden Top 3 Herausforderungen im Hinblick auf Omni-Channel Commerce [3]:
- Entwicklung einer langfristigen Omni-Channel-Strategie (76 %)
- 360°-Sicht auf den Kunden (74 %)
- Organisatorische Aspekte (70 %)
Ganzheitliche Konzepte für langfristige Omni-Channel-Strategien werden anhand des Scheer-Ansatzes zur Digitalen Transformation entwickelt.
Die konsequente Entwicklung einer Lösungsarchitektur entlang der Kundenbedürfnisse (Customer Journey) und deren Abbildung in einem Businessplan, gibt Sicherheit in der Planung und Umsetzung ihrer Omni-Channel-Strategie.
Dadurch entstehen responsive Business Modelle und Lösungsarchitekturen, die Schritt für Schritt aufgebaut werden. Dabei ermöglichen diese durch die Omni-Channel-Integration eine 360°-Sicht auf den Kunden. Und durch die begleitende Entwicklung Ihrer Unternehmensorganisation wird der Veränderungsprozess im Unternehmen abgesichert.
LITERATUR
[1] EHI: IT-Trends im Handel. 2015
[2] Scheer, A. W.: „Zukunftsphilosophien: Die Welt wird flach.“ http://www.e-commerce-magazin.de/zukunftsphilosophien-die-welt-wird-flach. Zugriff: 24.01.2016
[3] Pierre Audoin Consultants (PAC): Omni-Channel Commerce in Deutschland; Integrierte Einkaufskonzepte sind die Zukunft im Handel. 2014. Seite 28
Andreas Schönecker