Kurz & Bündig
Die Stahlindustrie steht am Anfang vieler Wertschöpfungsketten, die Grundlage für fast alle Industrien, Produkte und Lebensbereiche sind. Um die politischen Ziele der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, sind gigantische Investitionen in neue Anlagen und Infrastruktur notwendig. Saarstahl und Dillinger investieren in Digitalisierung und grünen Stahl, um die Unternehmen krisenfest in die Zukunft zu führen.
Die Zukunft braucht Stahl! Die Nachfrage nach Hochleistungsstahl als Werkstoff der Zukunft steigt an. Saarstahl und Dillinger produzieren daher ihre Qualitätsstähle in hochdigitalen Werken. Durch hohe Investitionen bereiten beide Unternehmen ihre Werke auf die Fertigung von CO2-freiem Stahl vor. Einer der Schlüssel dazu ist Wasserstoff. Auch bei der Energiewende spielt Stahl eine wichtige Rolle – als Bestandteil von Windkraftanlagen, in Wasserkraftwerken oder im Schienenverkehr. Trotzdem steht die deutsche Stahlindustrie unter enormem Wettbewerbsdruck. Digitalisierung und Innovationen sollen bei der Bewältigung helfen.
Stahl ist nachhaltig und langlebig. Er kann ohne Qualitätsverlust zu 100 Prozent beliebig oft recycelt werden. Seine Fähigkeit zum Recycling prädestiniert Stahl für die Kreislaufwirtschaft und zum Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft. Selbst wenn in einem Endprodukt kein Stahl ist, so wird er für Herstellung, Lagerung und Transport der Produkte gebraucht. Auch Produkte und Anwendungen, die selbst keinen Stahl enthalten, werden so „stahlintensiv“. Die Energie- und Mobilitätswende wird ohne Stahl nicht gelingen.
Zum Gelingen dieser historischen Wende leistet die saarländische Stahlindustrie einen erheblichen Beitrag. Mit einem Anteil von rund 15 Prozent an der gesamtdeutschen Stahlerzeugung ist das Saarland einer der Schwerpunkte der deutschen Stahlindustrie. Dillinger und Saarstahl liefern bereits heute wirtschaftliche und nachhaltige Lösungen für diese Megatrends – sei es in Windkraftanlagen On- und Offshore, in Wasserkraftwerken, Photovoltaikanlagen, Elektroautos, Zügen und Gleisen und vielen anderen Produkten.
Der Erfolg beider Unternehmen liegt begründet in der hohen Spezialisierung der Werke, der Kundennähe und der hohen Qualität der Produkte. Konstant hohe Investitionen in die Modernisierung der Anlagen und der Prozesse stellen sicher, dass heute produktive High-Tech-Unternehmen an der Saar Stahl produzieren. Dabei verfügen Dillinger und Saarstahl über hohe Umweltstandards im weltweiten Vergleich der Stahlindustrie. In den letzten 15 Jahren wurden rund 700 Millionen Euro in die Verbesserung des Umweltschutzes und der Energieeffizienz investiert. Dillinger und Saarstahl bekennen sich klar zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und wollen qualitativ hochwertige Produkte aus Stahl auf nachhaltige Weise herstellen und dafür zukünftig die Produktion auf grünen Stahl umstellen.
Doch die saarländische Stahlindustrie steht unter hohem Wettbewerbsdruck. Weltweit gibt es eine Überkapazität an Stahl. Die verschärften europäischen Klimaziele verzerren den Wettbewerb zusätzlich. Außereuropäische Wettbewerber müssen weder Kosten für CO2-Emissionen noch die hohen Investitionen in eine umweltfreundliche Produktion tragen und fluten den Markt mit billig produziertem Stahl mit einem deutlich schlechteren CO2-Fußabdruck. Die grüne Transformation erfordert Investitionen in Milliardenhöhe in neue Anlagen und eine neue Energieinfrastruktur. Dafür sind ein fairer Handelsrahmen und die Festlegung der politischen Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene zur Absicherung dieser Investitionen unerlässlich. Mit dem zwischen der deutschen Stahlindustrie und dem Bundeswirtschaftsministerium abgestimmten Handlungskonzept Stahl wurde ein erster Schritt in die richtige Richtung getan.
Technologisch sind die Unternehmen schon heute bereit für die Produktion von grünem Stahl. Die Installation der Koksgaseindüsungsanlage für eine Investitionssumme von 14 Millionen Euro im Sommer diesen Jahres inden Hochöfen der ROGESA Roheisengesellschaft Saar GmbH – einer Tochtergesellschaft von Dillinger und Saarstahl – ist hierbei eine zukunftsweisende Investition: Erstmalig wird in Deutschland Wasserstoff im Regelbetrieb als Reduktionsmittel auf der Hochofenroute eingesetzt. Hierzu wird hochwasserstoffreiches Koksgas (55 % H2-Anteil) genutzt, das im Prozess des integrierten Hüttenwerks entsteht. Damit ist zudem die Voraussetzung geschaffen, die Hochöfen zukünftig mit grünem Wasserstoff – sobald er in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht – betreiben zu können. Die Anlage trägt aber heute schon zu einer nachhaltigen Schonung von Ressourcen und einer wesentlichen Reduzierung der CO2-Emissionen bei.
Die Transformation von Saarstahl und Dillinger in Richtung von hochinnovativen und digitalisierten Werken ist dabei bereits seit Jahren in vollem Gange. Beide Unternehmen investieren Fachwissen und große Summen in die Stahlindustrie 4.0: Zahlreiche Wissenschaftler, Ingenieure, IT- und KI-Spezialisten sowie Techniker forschen an neuen Produkten und optimieren bestehende Produktionsprozesse. Die saarländische Stahlindustrie leistet dabei als Grundstoffindustrie mit innovativen Produkten, Herstellungs- und Organisationsprozessen, einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung vieler deutscher Wirtschaftsbranchen. Ziele sind hierbei die Effizienzsteigerung in der Produktion, ein geringerer Verbrauch von Rohstoffen und damit der nachhaltige Einsatz von Ressourcen sowie die Produktoptimierung. Dillinger beispielsweise erzielt heute die Hälfte des Umsatzes mit Produkten, die in den letzten 10 Jahren neu entwickelt wurden.
Ein Schwerpunkt mit hoher Relevanz ist die Erforschung und Entwicklung neuer Verfahrensrouten zur Bewältigung der CO2-Problematik. Bevor Großinvestitionen in neue Verfahrensrouten als Alternative zur aktuellen Hochofenroute getätigt werden, müssen die gangbaren Technologiepfade identifiziert und Verfahren und Anlagen im Detail entwickelt werden. Basis dieser Arbeit ist die Studie Dillinger Low CO2 Steelmaking DILCOS, die gemeinsam mit Anlagenbauern durchgeführt wurde. Die Ergebnisse von DILCOS bilden die Grundlage für den möglichen Transformationspfad zur geplanten CO2-Neutralität im Jahr 2050.
Mit Hilfe der Kundenplattform „E-Service“ von Dillinger können Kunden Informationen zu ihren Aufträgen, wie den aktuellen Auftragsstatus, Zeugnisse, Rechnungen, Lieferwege oder Tools für die Blechverarbeitung finden und downloaden. Die dazugehörige App „EConnect“ erweitert den Service. In der App finden Kunden sämtliche Zeugnisinformationen oder Prüfergebnisse zu ihrem Blech. Dazu erhalten sie wichtige Infos zur Weiterverarbeitung des Stahls. Die durchgängige digitale Integration des gesamten Prozesses von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung spart Ressourcen und verbessert den Service.
In Völklingen hat Saarstahl die fünfsträngige Stranggießanlage S1 Anfang 2020 in Betrieb genommen. Die 100 Millionen Euro teure S1 ist die weltweit erste Stranggießanlage, die mit der MSR-Technologie (MSR steht für Mechanical Soft Reduction) für einen Knüppelquerschnitt von 180 mm x 180 mm ausgelegt ist. Die Technologie verbessert das innere Gefüge des Stahls und damit zugleich Qualität und Produktionsprozesse. Sie wird dann eingesetzt, wenn es um die Erzeugung qualitativ höchstwertiger Stähle geht, wie sie für Produkte in der Automobilindustrie und im Maschinenbau nachgefragt werden. Die S1 ist mit moderner Automatisierungs- und Kommunikationstechnik ausgestattet, um die Vorteile der Digitalisierung voll auszunutzen. Im Zuge der Qualitätsverbesserung wird auf neueste Methoden von Big Data und Machine Learning zurückgegriffen.
Der digitale Logistik-Zwilling im Walzwerk von Dillinger – ein digitales Abbild des Walzwerks zur Simulation und Optimierung der Fertigungsprozesse – ist ein Beispiel für den Einsatz von KI in der Produktion. Der digitale Zwilling dient als Grundlage für effiziente und genaue Materialflussplanung. Mit ihm können Budget, Liefertreue und Qualitäten simuliert werden. Erkennt er ein Planungsproblem, kann rechtzeitig gegengesteuert werden. Bei Saarstahl kommt ein KI-Modell zum Beispiel zur Verlängerung der Pfannenhaltbarkeit zum Einsatz. Anhand von Datenmodellen des Machine Learnings wird den Mitarbeitern vor Ort mitgeteilt, ob, wie lange und für welche Stahlqualitäten die Pfannen noch einsetzbar sind. Durch die Vorhersage des Verschleißes der Rohstahlpfannen kann bei der Stahlwerksplanung entschieden werden, welche Sequenzen- und Chargenplanung für die Pfannen am schonendsten ist.
Über die eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen hinaus unterhalten Saarstahl und Dillinger strategische Forschungspartnerschaften mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das Expertenwissen aus diesen Kooperationen fließt ebenfalls in die anwendungsorientierte Arbeit der Unternehmen ein. Einen Schwerpunkt bildet seit 2015 die Forschungskooperation von Dillinger mit der Universität des Saarlandes (UdS) und dem Material Engineering Center Saarland (MECS).
Das Unternehmen fördert unter anderem die Erforschung der Mikrostruktur von Spezialstählen. Neu entwickelte Analysetechniken und Simulationsverfahren erlauben den Blick in bislang unbekannte Tiefen des Stahlgefüges und auf die für seine Bildung entscheidenden Einflüsse im Produktionsprozess. Angestrebt wird dabei ein neues Verständnis der Zusammenhänge und die Möglichkeit, immer anspruchsvollere Eigenschaftsprofile extrem beanspruchter Stähle zu entwickeln und in die Fertigung von Produkten umzusetzen. Zahlreiche Absolventen und Doktoranden der Universität des Saarlands arbeiten heute bei Dillinger und treiben so die Innovation weiter voran.
Die Stahlindustrie steht am Anfang vieler Wertschöpfungsketten, die Grundlage für fast alle Industrien, Produkte und Lebensbereiche sind. Für zahlreiche Zulieferer aus dem Anlagenbau, der Rohstoffindustrie, dem Handwerk und Dienstleistungssektor ist die Stahlindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Hauptabnehmer für Stahl sind die Automobilindustrie, die Energiewirtschaft (auch der regenerative Zweig der Branche), Anlagen- und Maschinenbau sowie die restliche Mobilitätsbranche. Um die politischen Ziele der Klimaneutralität bis 2050 in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft zu erreichen, sind gigantische Investitionen in neue Anlagen und Infrastruktur notwendig. Verfahren müssen umgestellt und ganze Industrien neu aufgebaut werden. Hierfür ist Stahl unerlässlich.
Durch ihr Knowhow und ihre Flexibilität kann die saarländische Stahlindustrie zu einem Innovationsmotor für grüne Technologien werden. Die Dekarbonisierung der Stahlunternehmen und des Werkstoffs Stahl sind ein wichtiger Teil der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft in Deutschland und der EU.
(Bildquelle: © Uwe Braun, Dillinger)