Kurz & Bündig
Die Weinhändlerin und Sommelière Trixi Bannert musste während der ersten Welle der Corona-Krise ihr Geschäftsmodell komplett überdenken. Die Aktivitäten einzustellen war für die Einzelhändlerin keine Option. Damit der Sicherheitsabstand auch bei ihren Weinverkostungen eingehalten werden konnte, entwickelte sie kurzerhand die virtuelle Weinverkostung. Die Idee kam so gut an, dass sie ihr nicht nur weitere Formate, sondern sogar den Weg zur Politik eröffnet hat.
Das Jahr 2020 hat viele Einzelhändler in die Enge getrieben. Die Pandemie hat Geschäfte gezwungen, ihre Türen über Monate hinweg geschlossen zu halten. Trixi Bannert, Weinhändlerin und Sommelière aus Münster, hat sich von der Krise nicht unterkriegen, sondern inspirieren lassen, und neue Wege gefunden, ihr Geschäft trotz Komplikationen weiterzuführen. Die virtuelle und digitale Welt hat ihr Möglichkeiten geboten, die sie vorher nicht in Betracht gezogen hätte. Der Erfolg ihrer virtuellen Weinverkostungen hat noch mehr neue Wege eröffnet.
Krisen verändern die Welt, und die Corona-Krise tut dies in vielerlei Hinsicht auf ihre ganz eigene Art. Wenn sich Menschen etwa unter normalen Umständen zum persönlichen Austausch begegnen, dann im direkten Kontakt, um miteinander zu arbeiten, zu feiern, zu leben, zu lieben. Es geht darum, miteinander und beieinander zu sein. Corona bringt diese Welt fast zum Erliegen. Begegnungen werden auf das Mindestmaß begrenzt, man zieht sich in die kleine, eigene Welt zurück, bleibt unter sich mit einigen wenigen Menschen und Vertrauten – auch weil man es muss.
Die Welt der Weinhändlerin und Sommelière Trixi Bannert aus Münster wurde, genau wie die von Tausenden von Einzelhändlern, mit dem ersten Lockdown im März 2020 komplett auf den Kopf gestellt. Bis dahin kamen täglich Kunden in ihren Weinhandel – für den persönlichen Kontakt. Die Kunden ließen sich auf der Suche nach dem passenden Wein beraten, nahmen an einer der zahlreichen Veranstaltungen, wie etwa einem Wein- oder Kochseminar in der eigenen Kochschule teil, oder probierten Degustationsmenüs bei befreundeten Gastronomen. Auch Großveranstaltungen wie das Münster Weinfest an der Überwasserkirche waren Treffpunkt mit Bannert. Das alles gehört erst einmal der Vergangenheit an. Entsprechend mussten neue Wege und Geschäftsmodelle gefunden werden.
Nicht nur im Einzelhandel hat sich vieles mit der Pandemie verändert. So mussten viele andere Branchen, aber auch Bereiche wie die Bildung von einem Tag auf den anderen umstrukturiert werden. Denn der so geliebte persönliche Kontakt musste aus gegebenem Anlass reduziert werden. Eine Möglichkeit: digitale Lösungen. So haben weltweit viele Unternehmen Homeoffice eingeführt oder Schulen und Hochschulen auf digitalen Unterricht umgestellt. Wie viele andere Studierende musste auch die Tochter der Autorin plötzlich statt in Hörsälen virtuell von zuhause aus studieren. Das brachte Trixi Bannert auf eine Idee, die kurzfristig umgesetzt und erfolgreich werden sollte.
Die Idee: Mit Winzern, die man nicht mehr auf dem Weingut oder auf Messen treffen konnte, virtuelle Weinverkostungen durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt kannte fast keiner der angefragten Winzer ein vergleichbares Format. Überzeugungsarbeit musste kaum geleistet werden. Alle waren von der Idee begeistert, gemeinsam mit Bannert den zugeschalteten Gästen live und virtuell ihre Weine zu präsentieren.
Gestartet ist das erste Programm im April 2020 und findet seitdem jeden Freitag online statt. Die technische Umsetzung erwies sich ebenfalls als einfach. Wie auch bei vielen anderen virtuellen Treffen wird das Programm Zoom genutzt, bei dem sich sowohl die Gäste, die Weinhändlerin als auch die Winzer zuschalten können – und das aus aller Welt. Egal, ob in Deutschland, dem Elsaß, Portugal oder Italien: Wichtig ist nur eine stabile Internetverbindung. Aber eine Verkostung macht natürlich nur dann Sinn, wenn auch Wein vorhanden ist. Dafür verschickt die Gastgeberin Bannert über ein ausgefeiltes Liefersystem ihre Weine vorher direkt zu den Kunden nachhause.
Um die Veranstaltung möglichst interaktiv und interessant zu gestalten, wird in der Regel eine Präsentation mit Impressionen und Weinbautechniken des jeweiligen Weingutes erstellt, die während der Weinprobe immer wieder gezeigt und aufgegriffen wird. Damit entsteht eine besondere Nähe zum Winzer. Man sieht ihn auf dem Weingut, trinkt gemeinsam die Weine, bekommt vom Winzer sämtliche Informationen und kann sich gleichzeitig mit den anderen Teilnehmenden austauschen, als wäre man tatsächlich in einem gemeinsamen Raum. Die Begeisterung der Kunden und der Winzer ist so groß, dass viele Kunden mehrfach bei den Online-Weinproben dabei sind und einige Winzer das Format mit auf ihr Weingut nehmen und dort zur Kundengewinnung einsetzen.
Virtuelle Winzerabende mit Gastronomen
Diese Idee hat Trixi Bannert mit einem befreundeten Gastronomen weiterentwickelt. Gemeinsam haben sie ein mehrgängiges Menü zusammengestellt, das durch entsprechende Kühlung, besondere Verpackungen und mit der Anleitung zur Vorbereitung des Menüs einen Tag vor der Veranstaltung den Kunden nachhause geliefert wird. Mit im Paket sind auf das Menü abgestimmte Weine und ein Sekt.
Am Veranstaltungsabend übernimmt Bannert die Moderation und schaltet zu jedem einzelnen Gang auch hier die entsprechenden Winzer hinzu. Diese informieren über ihre Weine und geben Eindrücke von ihrer Arbeit. Außerdem erklärt der Chefkoch sein Menü und zeigt, wie die Gäste ihre Teller anrichten können. Auch bei diesem Format gibt es viel Interaktion zwischen den Teilnehmenden und der virtuelle Kontakt ersetzt den persönlichen – fast so, als wäre man in einem Restaurant.
Virtuelle Weihnachtsfeiern
Normalerweise ist im Weinhandel Trixi Bannert im November und Dezember die eigene Kochschule ständig von Firmen für Weihnachtsfeiern gebucht. Das ging in 2020 wegen der einschränkenden Kontaktregeln natürlich nicht. Auch hier entstand ein neues Geschäftsmodell, die virtuelle Weihnachtsfeier:
Das Prinzip ist ähnlich wie das der virtuellen Weinverkostung. Doch statt nur der Weine erhalten die Teilnehmer Weinpakete mit Feinkost-Waren. Auch hier treffen sich die Teilnehmer mit Trixi Bannert im virtuellen Raum. Nach einer Weinprobe mit Genuss, zusätzlichen Informationen und Interaktion bleibt der virtuelle Raum für die Veranstaltungsgäste geöffnet. Sie können weiterfeiern und gemeinsam genießen – solange sie wollen. Auch Geburtstage, Familienfeiern und sonstige Treffen können und werden auf diese Weise genutzt.
Wein. Welt. Reise.
Ein weiteres virtuelles Format, das Trixi Bannert entwickelt hat, resultierte aus ihrer Expertise, ihrem Weinvorrat aus (fast) der ganzen Welt und ihrer langjährigen Erfahrung mit internationalen Weinproben und Moderationen. Aus der Idee heraus, sich zeitlich komplett frei zu machen, hat Bannert während der Krise das Konzept einer „Weinreise durch die Welt“ entwickelt. Mit Hilfe eines professionellen Filmteams hat sie dafür sieben virtuelle professionelle Weinseminare von je eineinhalb bis zwei Stunden produziert, in denen sie Interessierte auf virtuelle Reisen nach Italien, Spanien, Frankreich, Portugal, Österreich, Deutschland und Übersee mitnimmt. Jeweils ein Sekt und fünf Weine werden exemplarisch für die Regionen, Ausbaustile und Rebsorten vorgestellt und verkostet.
Wein und Kunst
Schon seit ihrem Kunstgeschichtsstudium weiß Trixi Bannert um die Bedeutung von Visualisierung. Deshalb hat sie sich mit einer befreundeten Künstlerin und Unternehmensberaterin zusammengetan, um Firmen, Kunden oder Gastronomen exklusive Künstlerweine mit individualisierten Etiketten zu verkaufen. Diese Etiketten werden von der Künstlerin entworfen. Dafür nutzt sie Originalbilder, die sie gestaltet hat und die die Kunden vorher virtuell in Form eines digitalen Rundganges durch eine Galerie betrachten können. Die Etiketten können danach, entsprechend der Vorgaben und Vorstellungen des Unternehmens, umgesetzt werden. Bannert sucht dann gemeinsam mit dem Kunden den passenden Wein, der zum Etikett passt und schließlich exklusiv abgefüllt wird. Weiterhin kann auch eine virtuelle Weinverkostung damit verbunden werden.
Bloggen und Social Media
Der Weinhandel Trixi Bannert nutzt Facebook, Instagram, YouTube, Xing, einen eigens entwickelten Blog zum Thema Wein, um auf die vielen Veranstaltungen hinzuweisen und das Netzwerk weiterzuentwickeln. Besonders kurze Videobotschaften funktionieren gut, vor allem die, die professionell und prägnant produziert sind. Eine Marketing Assistenz und Strategie sind deshalb wichtig. Verlinkungen zu den Weingütern und Gastronomen multiplizieren die Reichweite und erhöhen dabei die Professionalität des Unternehmens.
Bereits vor einigen Jahren hat Trixi Bannert den eigenen Blog gestartet. Mit den Änderungen im vergangenen Jahr kam nun der Plan, auch diesen deutlich auszuweiten. Bei Reisen durch Weinländer können beispielsweise kurzfristig Videos über den YouTube Channel verbreitet werden. Auch Impressionen über Weingüter, besondere Weinverkostungen, Landschaften, Weinberge und Weinkellereien können auf diese Art veröffentlicht werden und den Kundenkreis erreichen. Kurze Videos oder Bilder mit begleitenden Texten ermöglichen ein eindrucksvolles Bild hinter die Kulissen der Weinwelt.
Sprecherin Grüner Wirtschaftsdialog NRW
Im April 2020 wurde Trixi Bannert nach einer ihrer virtuellen Weinproben von einem Bundestagsmitglied der Grünen angesprochen und zu einem virtuellen Interview gebeten. Hier sollte Bannert einem großen Publikum ihre eigenen vielfältigen Erfahrungen mit ihrem digitalen Erfolgskonzept vorstellen. Ihre Idee und die Umsetzung ihres Geschäftsmodells kamen dabei so gut an, dass sie gebeten wurde, Sprecherin und Vorsitzende des neu zu gründenden „Grünen Wirtschaftsdialogs NRW“ zu werden.
Fazit
Trixi Bannerts klares Fazit aus den hier aufgeführten Beispielen ist: Corona ist ein furchtbares Übel, das wir uns gerne erspart hätten. Aber Bannert hat mit der Krise einen komplett neuen Arbeitsalltag gefunden, sich neue Formate aufgebaut, mit denen sie und ihr Weinhandel die Krise gut meistern und überstehen können. Bannert ist es klar, dass die zunehmende Digitalisierung eine Chance und einen neuen Weg darstellt, der die gesamte Welt kleiner werden lässt, man kann sie erleben, und dabei an ein und demselben Ort verbleiben. Als neugierige und emphatische Frau, die mit dem Motto agiert „Ich verbinde Menschen“, ist es für Trixi Bannert allerdings klar, dass die virtuelle Welt die echte nicht ersetzen kann und es schön sein wird, sich wieder natürlich und physisch mit Leuten treffen zu können.
(Bildquelle: AdobeStock | 250977197 | CaptainMCity)