Raus aus der Nische, rein in den Markt!
Impact Investing
Volker Then und Sina Sauer, Fondazione AIS
(Titelbild: © AdobeStock | 66210536 | Vlad Ivantcov)
Kurz und Bündig
Impact Investing ist sowohl in Deutschland als auch international kein Nischensegment mehr. Mit steigendendem Marktvolumen nehmen auch die Herausforderungen zu, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsmessung und die dafür zur Verfügung stehenden Daten. Aufgrund des bisherigen rasanten Wachstums des Impact Investing Marktes ist jedoch auch in dieser Hinsicht eine dynamische Weiterentwicklung in naher Zukunft zu erwarten.
Impact Investing hat sowohl national als auch international ein rasantes Wachstum an den Tag gelegt, seit das Anlagekonzept vor etwa 16 Jahren von den ersten Akteuren entwickelt wurde. Das Global Impact Investor Netzwork schätzt, dass der weltweite Impact Investing Markt im Jahr 2022 ein Volumen von 1.164 Billionen USD Assets under Management erreichte und damit zum ersten Mal die Marke von 1 Billion USD überstieg [1]. Auch der deutsche Markt wächst kontinuierlich. Die erste Marktstudie zur Schätzung des deutschen Impact Investing Volumens wurde 2020 vom Centrum für Soziale Innovationen und Investionen der Universität Heidelberg durchgeführt und schätzt das Volumen auf ca. 6,5 Milliarden Euro [2].
Was ist Impact Investing?
Da derzeit keine einheitliche und allgemein akzeptierte Definition von „Impact Investing” existiert, hängt das geschätzte Marktvolumen dabei wesentlich von der verwendeten Definition von Impact Investing ab und variiert zwischen verschiedenen Marktstudien. Das Global Impact Investing Network (GIIN) definiert Impact Investments als Investitionen, die mit der Absicht getätigt werden, neben einer finanziellen Rendite auch eine positive messbare soziale und ökologische Wirkung zu erzielen [1]. Hierbei lassen sich vier grundlegende Anlagestrategien unterscheiden. Unter engen Anlagestrategien versteht man:
- Die Impact-First-Strategie fokussiert vorrangig auf sozialen oder ökologischen Ertrag und erst an zweiter Stelle auf finanzielle Rendite.
- Finance-First hingegen zielt auf finanzielle Rendite, die jedoch strategisch ausdrücklich mit sozialen oder ökologischen Ertragserwartungen kombiniert ist.
Unter die weiten Anlagestrategien fallen:
- Socially Responsible Investments. Sie beabsichtigen finanzielle Rendite, generieren aber positive soziale oder ökologische Externalitäten.
- ESG Investing (Environmental, Social, Governance). Generiert finanzielle Rendite, vermeidet dabei jedoch soziale, ökologische oder Governance-Risiken beziehungsweise entsprechende negative Externalitäten.
Basierend auf diesen Investment-Strategien, lässt sich der Impact Investing Markt differenziert strukturieren, und es entsteht ein Zwiebelschalenmodell (Abbildung 1).
Der deutsche Impact Investing Markt
Basierend auf dieser Definition wurde das Marktvolumen 2020 auf insgesamt circa 6,5 Milliarden Euro geschätzt. Betrachtet man ausschließlich Impact-First und Finance-First Anlagestrategien, ergibt sich ein Marktvolumen von circa 2,9 Milliarden Euro. Aufgrund der zugrundeliegenden rigorosen Definition von Impact und der verwendeten Methode zur Datenerhebung (Snowball-Sampling), welche nur einen Teil des Marktes abbildet, handelt es sich bei diesen Zahlen um eine Mindestschätzung. Die Nachfolgestudie 2022 der Universität Hamburg verzeichnet ein Volumen von 12,35 Milliarden Euro (unter Verwendung einer leicht abweichenden Definition von Impact Investing) [3].
Folgt man dem oben genannten Zwiebelschalenmodell zur Marktdifferenzierung, so zeigt sich, dass der deutsche Impact Investing Markt von einem engen Verständnis von Impact geprägt ist. 76,5 Prozent der Akteure verfolgen eine Finance-First-Strategie und 26,5 Prozent der Investoren eine Impact-First-Strategie. Die wichtigsten Investoren sind dabei Family Offices und Stiftungen, welche für 56 Prozent der Impact Investments 2020 verantwortlich waren. Sie nehmen damit eine Vorreiterrolle (First Mover Position) im Markt ein. Zunehmend werden jedoch auch andere Investoren, wie Banken und Asset Manager, tätig, sodass mittlerweile eine Vielzahl von Akteuren involviert ist.
Neben der Vielfalt der Akteure nimmt auch die Breite der Assetklassen stetig zu. Waren am Anfang Private Equity und Venture Capital dominierend, so sind mittlerweile auch Public Equity, Private/ Public Debt, Publicly-Traded Debt und Real Assets stark vertreten.
Herausforderungen für das Marktwachstum
Zusammenfassend kann beobachtet werden, dass der Impact Investing Markt in Deutschland und auch international schnell wächst und mittlerweile den Mainstream-Finanzmarkt erreicht hat. Die Marktakteure sehen jedoch auch verschiedene Herausforderungen für das weitere Wachstum: An erster Stelle steht dabei die fehlende Transparenz des Marktes. Weitere relevante Hemmnisse sind fehlende einheitliche Methoden der Wirkungsmessung und die Komplexität der Geschäftsmodelle von Sozialunternehmen. Für weiteres Wachstum des Marktes sind vor allem die Etablierung von Retail-Produkten sowie innovative Fondslösungen, welche den Einstieg ins Impact Investing erleichtern, notwendig.
Insbesondere die Wirkungsmessung spielt eine wichtige Rolle für die weitere Entwicklung. Impact Investing erfordert eine rigorose Messung der positiven und negativen Wirkungen, die ein Projekt oder Unternehmen erzielt. Das rasante Marktwachstum birgt jedoch das Risiko, dass einzelne Marktteilnehmer die Absichten verwässern und Investmentprodukte ohne messbare Wirkung als Impact Investing vermarkten (sogenanntes „Whitewashing“) [4].
Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist die Entwicklung geeigneter Methoden zur Wirkungsmessung notwendig. Die bisher eta-blierten Wirkungsmessungsmethoden sind meist darauf ausgerichtet, die Wirkung einzelner Projekte und Investitionen zu messen. Mittlerweile findet Impact Investing jedoch in vielen Formen und Assetklassen statt, und insbesondere Public Equity Investments erfordern, eine große Anzahl von Unternehmen eines Investmentuniversums auf ihre Wirkung hin zu untersuchen. Bestehende Methoden bergen oftmals einen hohen Mess- und Kalkulationsaufwand und sind daher nicht eins zu eins auf Portfolios einer großen Anzahl an Unternehmen anwendbar. Daher ist eine Weiter- beziehungsweise Neuentwicklung geeigneter Instrumente für die Wirkungsmessung in allen Assetklassen notwendig.
Wirkungsmessung und Datenbedarf
Dies impliziert, dass die benötigten Wirkungsdaten meist nicht mehr selbst erhoben werden können (Primärdaten), sondern auf bereits bestehende Daten, zum Beispiel aus den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten von Unternehmen, zurückgegriffen werden muss (Sekundärdaten). Eine Ausnahme bilden Investments in Start-ups beziehungsweise kleine oder mittlere Unternehmen, deren Investoren Daten direkt erheben, weil dieses Marktsegment in den verfügbaren Datenbanken (noch) nicht vertreten ist.
Um eine aussagekräftige Wirkungsmessung zu ermöglichen, müssen die verwendeten Daten in zweierlei Hinsicht solide und belastbar sein. Erstens: Die Daten sollten eine hohe statistische Validität aufweisen, beispielsweise eine möglichst geringe Anzahl fehlender Datenpunkte. Zweitens: Die Daten müssen inhaltlich aussagekräftig sein. Daten, die für die Wirkungsmessung verwendet werden, sollen die Wirkung eines Unternehmens auf die Welt abbilden und nicht den Impact der Welt auf das Geschäftsmodell, wie es insbesondere bei ESG-Scores oft der Fall ist [5].
Angenommen, es soll die Wirkung eines produzierenden Unternehmens gemessen werden, welches einen hohen Wasserbedarf aufweist. Das Wasser wird aus einem benachbarten Fluss entnommen, dessen Wasserpegel im Verlauf des letzten Jahrzehnts jedoch kontinuierlich abgenommen hat. Eine risiko-orientierte Nachhaltigkeitsbewertung, wie sie oft ESG-Investments zugrunde liegt, bestünde nun darin, die möglichen Folgen und Risiken der Austrocknung des Gewässers für das Unternehmen, dessen Produktionsabläufe und somit den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu bestimmen. Während eine solche Analyse durchaus relevant für das Unternehmen und dessen strategische Ausrichtung sein kann, stellt sie jedoch keine Wirkungsmessung dar und kann nicht die Grundlage für Impact Investing bieten. Im Rahmen der Wirkungsmessung sollte vielmehr betrachtet werden, welchen Einfluss das Unternehmen und dessen Aktivitäten auf die Umwelt und die Gesellschaft hat. Im oben genannten Beispiel sollte beispielsweise ermittelt werden, inwiefern das Unternehmen durch seine Geschäftstätigkeiten zur Austrocknung des Flusses beiträgt beziehungsweise dieser entgegenwirken kann.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist die Neu- beziehungsweise Weiterentwicklung von Wirkungsmessungsmethoden, welche für alle Assetklassen anwendbar sind, notwendig. Der Einsatz digitaler AI-basierter Tools kann dabei helfen, große Datenmengen auszuwerten und somit auch für eine große Anzahl eine detaillierte datenbasierte Wirkungsmessung ermöglichen. Vorausgesetzt ist dabei die Verwendung existierender Daten. Während Impact- und ESG-Daten bisher oftmals noch Qualitätsmängel aufweisen, ist eine langsame Veränderung des Datenmarkts beobachtbar. Neue AI-basierte Datenanbieter, welche im Vergleich zu bestehenden Anbietern transparentere und verlässlichere Daten liefern, erobern den Markt. Des Weiteren gibt es erste Wettbewerber, welche sich dezidiert auf Wirkungsdaten spezialisieren. Kern der Arbeit der Fondazione AIS– Advancing Impact and Sustainability Stiftung mit Sitz in Bologna ist es, einen solchen Ansatz positiver Wirkungsmessung basierend auf getesteten validen Daten für alle Assetklassen zu entwickeln.