Ressourcenhungrig zu mehr Nachhaltigkeit
Der Weg zur Klimaneutralität durch Open Source
Ivo Totev, Bernhard Hecker, SUSE
(Bildquelle: Adobe Stock | 305143295 | Orlando Florin Rosu)
Kurz & Bündig
Klimaschutz und Digitalisierung sind Topprioritäten in Politik, Verwaltung und Unternehmen. Innovative Open Source-Technologien, die durch offene Zusammenarbeit einer diversen weltweiten Community aus Unternehmen, Organisationen und Individuen entwickelt werden, haben eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Krise.
Klimaschutz und Digitalisierung sind Topprioritäten in Politik, Verwaltung und Unternehmen. Erklärtes Ziel ist es, eine moderne ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft zu schaffen. Innovative Open Source-Technologien, die durch offene Zusammenarbeit einer diversen weltweiten Community aus Unternehmen, Organisationen und Individuen entwickelt werden, spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Krise [1].
Mit Hochdruck arbeiten die Europäische Union, Bund und Länder an vielschich-tigen Programmen, um die digitale Transformation und den Schutz des Weltklimas in zukunftsorientierte nachhaltige Bahnen zu lenken. Der European Green Deal oder Gaia-X sind die bekanntesten Beispiele. Die Bundes-regierung hat Digitalisierung und Klimaschutz zur Priorität erklärt, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Bis dahin wird Deutschland „in den 2020er-Jahren den Aufbruch hin zu einer klimaneutralen und digitalisierten Gesellschaft vollziehen“, so Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungs-erklärung [2].
Auf dem Weg zur Klimaneutralität
Rechenzentren sind das Herz der Digitalisierung – und wahre Energiefresser. Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2020 der Strombedarf von Rechenzentren und Servern in Deutschland um sieben Prozent auf 16 Mrd. kWh – ein Anstieg von 1 Mrd. kWh [3]. Immer mehr digitale Rechenprozesse werden in die Cloud verlagert, besonders COVID-19 hat im Jahr 2021 dazu beigetragen, dass 82 Prozent der deutschen Unternehmen Cloud-Computing nutzen [4].
Große und kleine Anbieter von Cloud- und Rechenzentrumsleistungen werben mit klimafreundlichen Betriebsmodellen, während Kapazitäten und Energiehunger stetig steigen. Begriffe wie Green IT oder Green Coding stehen für ein notwendiges Umdenken, denn längst existieren nachhaltige und energieschonende Wege der Softwareentwicklung und Softwarearchitektur. Digitalunternehmen wie SUSE leisten einen ergebnisorientierten Beitrag für eine grüne Digitalisierung, um positiv an der Zukunft des Weltklimas mitzuarbeiten. Drei Themen sind dabei im Fokus: Energieeffizienz in Entwicklung und Betrieb von Software und digitalen Produkten, offene Standards für die Entwicklung durchgängiger Produkte sowie Nachhaltigkeit und Langlebigkeit bei der Nutzung von Geräten und Software
Energieeffizienz in der Entwicklung von Software
Software energieeffizient zu gestalten, ist keine Zauberei. Softwareentwickler haben einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch der von ihnen entwickelten Anwendungen. Ob Serverbetriebssysteme, Internet-of-Things-, Edge-Lösungen, Betriebsanwendungen oder Sicherheitssoftware: die Liste an Softwarelösungen ist lang und birgt viel Potential. Studien zeigen Einsparpotentiale von acht bis 25 Prozent für den Energieverbrauch von Softwares [5].
Besonders durch intelligente Programmierung kann der CO2-Verbrauch reduziert werden. Ein simples Beispiel ist die Beschleunigung des Startprozesses von Anwendungen, um so die Zeit, die Anwender vor Bildschirmen verbringen, zu reduzieren. Hochrechnungen kommen zu einem Einsparpotential von bis zu 132 Kilogramm CO2 pro Jahr, wenn der Startprozess einer Anwendung, die eine Million Mal am Tag aufgerufen wird, um eine Sekunde beschleunigt wird [6].
SUSE arbeitet seit Jahren gemeinsam mit Kunden, Partnern und Communities an der Entwicklung von Ansätzen, die nachhaltig sind und im Zusammenspiel mit anderen Komponenten im Rechenzentrum für einen geringeren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß sorgen. Das hohe Ziel ist erreichbar, wenn alle Beteiligten gemeinsam offen daran arbeiten. Genau das ist die einzigartige Stärke von Open Source. SUSE Open Source-Lösungen können von allen Interessierten in der Open Source-Community genutzt und analysiert werden, was die Verbreitung der angewandten Methoden fördert. Das Unternehmen ist mit seiner Entwicklungsarbeit an vielen Open Source-Projekten beteiligt, wie zum Beispiel am Linux-Projekt, Container-, Cloud- und Edge-Projekten. So wird dazu beigetragen, die Energieeffizienz von Softwares zu erhöhen, da der Code automatisch auch von anderen Unternehmen und Projekten in eigene Produkte integriert wird.
Offene Standards für die Entwicklung durchgängiger Produkte
Ein wichtiger Aspekt für die ständige Verbesserung der CO2-Bilanz ist die Schaffung von offenen, einheitlichen Standards, nach denen die Energieverbräuche erfasst, analysiert und bereitgestellt werden. Wenn Hardware, Betriebssystem und Anwendung über einheitliche Schnittstellen und Formate diese Daten austauschen können, dann ist sichergestellt, dass eine nachhaltige und CO2-reduzierende Steuerung der gesamten Umgebung erfolgen kann. Die automatische Anpassung der Anwendungen und verfügbaren Kapazitäten an aktuelle Bedarfe wird dadurch ermöglicht. Für Definition und Umsetzung offener Standards engagiert sich SUSE gemeinsam mit vielen anderen Unternehmen, Partnern und der Open Source-Community.
So arbeitet zum Beispiel die Linux Foundation Energy Initiative [7] an klimaneutralen Lösungen. Von hoher Relevanz für Europa ist das IPCEI-CIS Projekt, das unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Ziel ist der Aufbau einer offenen energieeffizienten Cloud-Infrastruktur für Europa, welche die hohen Anforderungen an schnelle und leistungsstarke Speicher und KI-Anwendungen bei gleichzeitig geringer Latenz erfüllt sowie besonders nachhaltig und energieeffizient sein wird [8].
Nachhaltigkeit und Langlebigkeit von Geräten und Software
Viele neue Versionen von Anwendungen und Betriebssystemen werden immer ressourcenhungriger. Ein Desktop-Betriebssystem-Update läuft auf einer etwas älteren Hardware langsamer als seine Vorgängerversion. Der Grund dafür ist die Entwicklung immer neuer Funktionen, die mehr Speicher, CPU und Rechenkapazitäten beanspruchen. Oft wird ältere Hardware von Herstellern bei Updates nicht mehr unterstützt, und Treiber werden nicht mehr zur Verfügung gestellt. Elektroschrott hat massive Auswirkungen auf Klima und Umwelt. In Deutschland sind im Jahr 2019 pro Einwohner 19,4 Kilogramm Elektroschrott angefallen, rund 1,6 Million Tonnen [9].
Das Open Source-Betriebssystem Linux, das für eine Vielzahl an Geräten unterschiedlicher Größe und Architekturen entwickelt wird, eignet sich hervorragend, um die Lebensdauer von Hardware zu verlängern. Das gilt für Linux auf dem Desktop, aber auch für Server und Speichersysteme in Rechenzentren, die oft ausgetauscht werden müssen, weil sie nicht mehr zu den aktuellen Treibern und Betriebssystemen der Hersteller passen. Sie können mit Open Source-Lösungen länger genutzt werden und müssen erst bei irreparablen Hardwaredefekten ersetzt werden.
Ein weiterer Aspekt sind lange Lebenszyklen. Bei den meisten SUSE Linux Produkten sind dies 10 Jahre, die weiter verlängert werden können. Dies unterstützt Kunden dabei ihre Hardware länger zu nutzen.
Insbesondere auch für mittelständische Unternehmen bietet die Cloud den Vorteil, weniger Aufwand in eine eigene, sichere IT-Infrastruktur stecken zu müssen. Anwendungen laufen sofort und gut skalierbar. SUSE arbeitet gemeinsam mit der Open Source Community, Kunden und Partnern an Innovationen, um den ökologischen Fußabdruck in Cloud Infrastrukturen weiter zu reduzieren. Neue Technologien wie zum Beispiel Container / Kubernetes ermöglichen die Modernisierung bestehender Anwendungen für eine cloudnative Welt. Dadurch wird der Energieverbrauch weiter optimiert und ein Beitrag zur Verringerung der Verschwendung von Infrastruktur-Hardware geleistet.
Entscheidend für den Erfolg aller Initiativen ist das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu gestalten. Ein gesamtgesellschaftliches Umdenken ist notwendig.
Für die Digitalisierung bedeutet dies Offenheit. Offene Innovation, offene Entwicklungsmodelle, offener Softwarecode und offene Schnittstellen und Standards, die eine energieeffiziente Gestaltung von digitalen Lösungen ermöglichen – ohne Einbußen an Sicherheit, Leistungsfähigkeit oder Flexibilität. Offenheit und nicht allein Technologie muss das Herzstück jeder digitalen Transformation sein. Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen, die nicht isoliert hinter verschlossenen Türen gelöst werden können. Diese Aufgaben erfordern die hohe Geschwindigkeit und Innovationskraft, die nur das Open Source-Modell mit seiner vielfältigen Community von mehr als 56 Millionen Entwicklerinnen und Entwicklern bieten kann [10]. Open Source kann einen deutlichen Beitrag leisten, um Digitalisierung und Klimaschutz zusammenzuführen.