„Impact und Rendite zählen gleichermaßen!“
Finanzprodukte mit gutem Gewissen
Im Gespräch mit Tobias Huzarski, Commerz Real AG
(Titelbild: © AdobeStock | 66653852 | pogonici)
Kurz und Bündig
Impact Investing ist sowohl in Deutschland als auch international kein Nischensegment mehr. Mit steigendendem Marktvolumen nehmen auch die Herausforderungen zu, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsmessung und die dafür zur Verfügung stehenden Daten. Aufgrund des bisherigen rasanten Wachstums des Impact Investing Marktes ist jedoch auch in dieser Hinsicht eine dynamische Weiterentwicklung in naher Zukunft zu erwarten.
Impact Investing hat sowohl national als auch international ein rasantes Wachstum an den Tag gelegt, seit das Anlagekonzept vor etwa 16 Jahren von den ersten Akteuren entwickelt wurde. Das Global Impact Investor Netzwork schätzt, dass der weltweite Impact Investing Markt im Jahr 2022 ein Volumen von 1.164 Billionen USD Assets under Management erreichte und damit zum ersten Mal die Marke von 1 Billion USD überstieg [1]. Auch der deutsche Markt wächst kontinuierlich. Die erste Marktstudie zur Schätzung des deutschen Impact Investing Volumens wurde 2020 vom Centrum für Soziale Innovationen und Investionen der Universität Heidelberg durchgeführt und schätzt das Volumen auf ca. 6,5 Milliarden Euro [2].
Seit wann bietet die Commerz Real Impact-Finanzprodukte an, und was waren die ursprünglichen Treiber dazu?
TH: Unser Impact-Flaggschiff ist der klimaVest. Er war auch unser erster Impact-Fonds und wurde im Oktober 2020 aufgelegt. Aus regulatorischer Sicht handelt es sich um einen sogenannten ELTIF – strukturell ähnlich einem offenen Immobilienfonds –, über den Privatanleger in Erneuerbare-Energien-Anlagen wie Wind oder Photovoltaik investieren können. So trägt der Fonds zur CO2-Vermeidung und Dekarbonisierung bei – ein wichtiger Kernbaustein hinsichtlich der ökologischen Wirksamkeit des Fonds.
Bei der Fondsauflage haben wir strukturelle Marktdynamiken in Kombination mit unserer historischen Expertise im Bereich erneuerbare Energien aufgegriffen. Zum einen gibt es eine signifikante Nachfrage für Fonds, die Kapital in konkrete Projekte zur Energiewende und zum Klimaschutz kanalisieren. Zum anderen haben wir als Commerz Real eine Historie und Erfahrungswerte im Bereich erneuerbare Energien für institutionelle Investoren. Ein Impact-Fonds für Privatanleger war somit eine logische Konsequenz. Die Resonanz war enorm, inzwischen haben wir mehr als 1,1 Milliarden Euro eingesammelt.
Mittlerweile haben wir unseren Impact-Ansatz auch für institutionelle Anleger aufgegriffen in Form eines konkreten Impact-Fonds. Dieser investiert ebenfalls in erneuerbare Energien und greift somit die Umsetzung von ökologischer Wirksamkeit für institutionelle Anleger auf.
Wie hat sich in den letzten Jahren die Nachfrage nach diesen Finanzprodukten verändert? Gibt es dabei Unterschiede zwischen institutionellen Anlegern und Privatkunden?
TH: Grundsätzlich ist die Nachfrage nach „grünen Investments“ – in welcher konkreten Ausgestaltung auch immer – spürbar gestiegen. Speziell bei Impact-Produkten kommt das nach unserer Wahrnehmung aus zwei Richtungen: Erstens hat die jahrelange Niedrigzinsphase die Nachfrage nach Investitionen in Sachwerte stark gefördert und diese Anlageklasse populärer gemacht. Das trifft auf Immobilien zu, vor allem aber auch auf Infrastruktur und erneuerbare Produkte. Inzwischen bewegen wir uns in einer herausfordernden Zinslandschaft, aber Sachwerte bleiben attraktiv, gerade für sicherheitsorientierte Anleger. Der zweite Aspekt sind die zunehmende Relevanz und auch das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz bei der Kapitalanlage.
Unterschiede zwischen institutionellen und privaten Anlegern wurden bisher vor allem regulatorisch forciert – oft zum Nachteil von Privatanlegern. Sowohl das deutsche Anlagegesetz als auch die europäische Regulatorik hat für Privatanleger signifikante Hürden platziert, beispielsweise in Form von Mindest-Anlagesummen oder sogar kompletten Ausschlüssen, wenn es um Investitionen in Infrastruktur-Fonds und somit auch Erneuerbare-Energien-Fonds geht. Mit zunehmender Demokratisierung und regulatorischer Öffnung werden auch Privatanleger intensiver von Infrastruktur-Investitionen profitieren können – gleichzeitig wird essenziell wichtiges Kapital für die Energiewende mobilisiert.
Betrachtet man das Gesamtvolumen der Anlageprodukte, die die Commerz Real bietet, wie stellt sich heute das Verhältnis zwischen jenen ohne Impact-Relevanz und den Impact-Anlagen dar? Welche Entwicklung erwarten Sie für die Zukunft?
TH: Als Commerz Real verwalten wir derzeit etwa 34 Milliarden Euro, davon entfällt etwa die Hälfte auf den offenen Immobilienfonds hausInvest, der letztes Jahr seinen 50. Geburtstag feierte. Zum Vergleich: Der klimaVest und unser Impact-Fonds für institutionelle Anleger „Renewable Energies II“ kommen zusammen auf weniger als zwei Milliarden Euro. Wir erwarten hier aber weiteres Wachstum, getrieben sowohl von Nachfrage auf Investorenseite als auch durch regulatorische Erleichterungen. Bisher durften ELTIF-Fonds wie der klimaVest nur von Anlegern mit einem verfügbaren Vermögen von mehr als 100.000 Euro gezeichnet werden. Nächstes Jahr fällt diese gesetzliche Hürde weg.
Gibt es festgelegte Standards für die Wirkungsmessung der Impact-Produkte, und wie erfolgt diese?
TH: Das ist bei Impact-Fonds essenziell: Der Impact ist kein Nebenaspekt, sondern ein dem Renditeziel in seiner Priorität gleichgestelltes Anlageziel. Dazu muss es transparent, quantifizierbar und messbar sein und laufend überprüft werden – genau wie bei der wirtschaftlichen Rendite auch. Welches Impact-Ziel das im Einzelnen ist, hängt von der Fondsausrichtung ab. Beim klimaVest ist das die Menge des klimaneutral erzeugten Stroms, woraus sich die im Vergleich zum herkömmlichen Strommix vermiedenen CO2-Emissionen berechnen lassen.
Noch müssen nicht alle Unternehmen Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtend in ihren Geschäftsberichten ausweisen. Wie kann die Commerz Real Impact-Washing vermeiden? Wie funktioniert eine entsprechende Überwachung?
TH: Das ist bei Impact-Fonds essenziell: Der Impact ist kein Nebenaspekt, sondern ein dem Renditeziel in seiner Priorität gleichgestelltes Anlageziel. Dazu muss es transparent, quantifizierbar und messbar sein und laufend überprüft werden – genau wie bei der wirtschaftlichen Rendite auch. Welches Impact-Ziel das im Einzelnen ist, hängt von der Fondsausrichtung ab. Beim klimaVest ist das die Menge des klimaneutral erzeugten Stroms, woraus sich die im Vergleich zum herkömmlichen Strommix vermiedenen CO2-Emissionen berechnen lassen.
Welche Rolle spielen die Impact-Finanzprodukte bei der Beratung von Privatkunden? Reagieren Sie auf Nachfrage oder ist das gezielte Anbieten dieser Produkte ein relevanter strategischer Aspekt der Beratung?
TH: Der Vertrieb des klimaVest erfolgt derzeit hauptsächlich über Bankberater, überwiegend – aber nicht nur – in den Commerzbank-Filialen. Da bislang beim ELTIF eine für viele Privatanleger nicht ganz unerhebliche Mindestzeichnungssumme von 10.000 Euro besteht, gibt es auch einen gewissen Beratungsaufwand. Nach dem, was wir aus den Gesprächen hören, wird häufig nach einem langfristigen Impact- beziehungsweise Erneuerbare-Produkt gefragt, und da das Produktangebot hierfür noch begrenzt ist, kommt dabei oftmals der klimaVest ins Spiel. Die Tatsache, dass wir als Commerzbank-Tochter auch über eine gewisse Bekanntheit und Reputation verfügen, ist sicherlich ebenfalls hilfreich. Der klimaVest wird aber auch aktiv angeboten oder von Interessenten aktiv nachgefragt.
Durch die ELTIF-Reform und den Wegfall der Mindestanlagesumme werden sich die Vertriebswege für den klimaVest deutlich verbreitern. In Zukunft könnte bei kleineren Beträgen dann auch eine Direktanlage möglich sein. Wie und ob sich die Kanäle damit verschieben, wird man sehen.
Wie wichtig ist Privatkunden der Renditeaspekt, wenn es um Impact-Produkte geht?
TH: Im Kern geht es beim Impact-Investing ja darum, sowohl eine positive Wirkung auf ein Nachhaltigkeitsziel wie Umwelt- oder Klimaschutz zu erzeugen als auch eine adäquate Rendite zu erzielen. Auf Letzteres wollen auch Privatanleger keineswegs verzichten. Dazu haben wir vor ungefähr einem Jahr einmal eine Umfrage durchführen lassen. Ergebnis: Nur sechs Prozent der Befragten bezeichnen eine attraktive Rendite bei nachhaltigen Investments als „nicht entscheidend“. 21 Prozent hingegen finden auch die Rendite wichtig, doch der mit 45 Prozent größte Teil will sich zwischen Rendite und ökologischer beziehungsweise gesellschaftlicher Nachhaltigkeit nicht entscheiden müssen und beides gleichermaßen berücksichtigen. Aus unserer Sicht muss das der Anspruch eines jeden Impact-Fonds sein.
Jenseits des Angebotes von nachhaltigen Finanzprodukten, welche Rolle spielen Impact-Aspekte in Ihrer Corporate Strategy? Kann oder soll Impact den Markenwert (Brand Value) der Commerz Real erhöhen beziehungsweise Teil des Markenwertes werden?
TH: Der Impact-Fonds klimaVest ist neben unserem Flaggschiff hausInvest unser derzeit wichtigstes Retailprodukt. Das zahlt auch auf die Marke Commerz Real ein. Im institutionellen Bereich bieten wir ebenfalls Erneuerbare-Fonds an, und auch im Immobilien-Segment spielt Nachhaltigkeit eine wachsende Rolle. Wir sehen uns aber auch über die Produktseite hinaus als nachhaltigen Asset- und Investment-Manager, der auch im operativen Geschäft auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette entsprechende Akzente setzt. Dass wir damit einen Beitrag zu gesellschaftlicher und ökologischer Wirkung leisten wollen, steht außer Frage. Ob wir damit bereits den Anforderungen einer Impact-Strategie im engeren Sinn genügen, hängt wohl von der genauen Definition ab. Fest steht: Der klimaVest ist für uns kein singuläres Nachhaltigkeits – Produkt, sondern integraler Teil unserer Gesamtstrategie.