Kurz & Bündig
Mitten in der Pandemie wurde das Start-up AliudQ gegründet. Ausgangspunkt ist ein gleichnamiges intelligentes und Cloud basiertes System, das Daten im Zusammenhang mit Warteschlangen in Echtzeit überwachen und Kundenfeedback sammeln kann. AliudQ kann auch in bestehende Attraktions- Apps integriert werden.
AliudQ aus dem oberbayerischen Hepberg ist eines von rund 300 Unternehmen, die zwischen März und Mai 2020 in Deutschland gegründet wurden – einer Zeit großer Verunsicherung durch hohe Corona Infektionszahlen und Lockdown. Die Gründer Virginia Howington und Florian Strecker sind sicher, dass jede Krise auch Chancen bietet, die es zu nutzen gilt. Ihr Konzept des Crowd Managements per App soll nicht nur in Pandemiezeiten Warteschlangen verhindern und Social Distancing ermöglichen. Sie sehen auch in der Nach-Corona-Ära breite Einsatzszenarien.
IM+io: Herr Strecker, bitte erklären Sie uns, was Ihre neue App leistet und welche Rolle das Thema Beratung bei Ihrem Businessmodell spielt.
FS: AliudQ bietet verschiedene Lösungen für das Crowd Management, unter anderem einfach zu bedienende Apps zur Umsetzung von virtuellen Warteschlangen. Die Beratungsleistung spielt für uns insofern eine Rolle, als dass wir Betreiber von Freizeitparks und anderen Unternehmen aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen im Bereich verschiedener Methodiken zu Geschäftsprozessmanagement, Kapazitätsplanung, Ablaufsteuerung und im Aufbau von Freizeitattraktionen mit hilfreichen Vorschlägen zur Umsetzung von modernen Warteschlangenkonzepten zur Seite stehen können. Wir bringen jahrelange Erfahrung aus der Freizeitbranche mit, unter anderem arbeiten wir mit Freizeitparks, Museen, Zoos und anderen Freizeiteinrichtungen zusammen. Gemeinsam mit unseren Kunden erarbeiten wir Konzepte, entwickeln Storylines und Special Effekts. Darüber hinaus bieten wir zahlreiche interaktive Lösungen an, um Attraktionen aufzuwerten. Unsere App-Lösungen basieren ebenfalls auf diesen Erfahrungen und bieten mannigfaltige Möglichkeiten der Parametrierung und Individualisierung für den einzelnen Betreiber.
IM+io: Auf Ihrer Website ist zu lesen, dass Sie auch jenseits der Pandemie mit AliudQ „in Zukunft das klassische Warten ersetzen wollen oder so abwandeln, dass es für Gäste einer Einrichtung eine kurzweilige und angenehme Erfahrung wird.“ Was muss man sich darunter vorstellen?
FS: Virtuelle Warteschlangen bieten für Besucher, Gäste und Kunden die Möglichkeit, sich über eigene Geräte virtuell „anzustellen“, ohne selbst physisch in einer Anstehschlange stehen zu müssen. In unserem Hauptanwendungsfall für Freizeitparks und andere Vergnügungseinrichtungen bedeutet das z.B., dass der Besucher in der App wählt: „Ich möchte mich jetzt bei der Wildwasserbahn anstellen“. Die App informiert ihn dann, wie lange er „anstehen“ muss, er kann sich aber in dieser Zeit frei im Park bewegen (und entsprechend auch die aktuellen Abstandsregeln besser einhalten). Die App informiert den Besucher aktiv, sobald er die Attraktion betreten und ohne Wartezeit direkt nutzen kann. Für die Betreiber stellen solche Lösungen ein funktionierendes Crowd Management und die Einhaltung bestehender Vorgaben sicher. Gleichzeitig entstehen zusätzliche Umsatzpotentiale, z.B. durch die Tatsache, dass Besucher mehr Zeit haben, Shops und Gastronomie zu nutzen, solange sie nicht selbst in der Schlange stehen müssen. Analog funktionieren solche Systeme auch in Arztpraxen oder der Gastronomie, etwa für die Frage, wann der nächste Tisch frei ist.
IM+io: Woher haben Sie den Mut genommen, mitten im Lockdown ein Unternehmen zu gründen? Was macht die besondere Dynamik des Teams aus?
FS: Eigentlich ist es weniger „Mut“ als „Jetzt oder nie“ – alle Mitglieder unseres Gründerteams kennen sich seit mehreren Jahren. Wir haben schon oft gemeinsam Ideen zur Virtualisierung von Warteschlangen hin- und her gewälzt, kennen international verschiedenste Umsetzungen und Anbieter. Mit Beginn der pandemiebedingten Einschränkungen war uns allen sofort klar: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, unsere lang entwickelten Ideen umzusetzen und in konkrete Produkte zu gießen. Unser Gründerteam zeichnet sich dadurch aus, dass wir alle nötigen Kompetenzen vereinen: von langjähriger Erfahrung in der Freizeitbranche, in der Entwicklung von Unternehmenssoftware und der Analyse und Automatisierung von Geschäftsprozessen bis hin zu internationalen Netzwerken und Marketing- Know-how. Virginia Howington und Christian Howington sind die Branchenspezialisten für Freizeitparks, Museen, Zoos und anderen Freizeiteinrichtungen. Thomas Hollosy und ich verfügen gemeinsam über 15 Jahre Erfahrung als Management Consultant, Business Analyst in der methodischen Beratung zu (S-)BPM, Prozessautomatisierung mit Workflowtools und BPM-Suiten, Solution Design und Integration, aber auch als Trainer sowie als Software-Entwickler.
IM+io: Wie haben Sie den Start Ihres Unternehmens finanzieren können, und wie sichern Sie Ihre Finanzierung für die weitere Eroberung des Marktes?
FS: Derzeit finanzieren wir uns zu 100% aus Eigenmitteln und privaten Rücklagen unseres Gründerteams. Unsere Produkte werden uns vermutlich bereits im kommenden Jahr die Möglichkeit eröffnen, unser Unternehmen auf Cash-Flow-Basis gesund weiterzuentwickeln und zu wachsen. Mit einer größeren Finanzierungsrunde für weitere Expansion möchten wir uns aktuell noch etwas Zeit lassen. Das ist aber durchaus für die Zukunft vorstellbar.
IM+io: Wie ist Ihre App in den Sommermonaten ohne Lockdown, aber mit Abstandsregeln angenommen worden? Was haben Sie in dieser Zeit über Ihre potenziellen Kunden gelernt?
FS: Unsere aktuellen Kunden waren sehr zufrieden mit der Annahme unserer Lösungen durch ihre Besucher. Wir haben uns den Sommer über sehr stark darauf konzentriert, unsere Konzepte und Lösungen weiterzutreiben und zu schärfen. Auf internationaler Ebene haben wir die aktuellen Anforderungen und verschiedenen Umsetzungen von Hygienekonzepten analysiert, soweit das unter den aktuellen Reisebeschränkungen möglich war. Dazu waren wir in verschiedensten Freizeitparks und anderen Freizeiteinrichtungen, u.a. in den Niederlanden, Dänemark oder Österreich unterwegs. Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich z.B. verschiedene Varianten der Hygieneregeln, besonders wenn es um Mindestabstände und Maskenpflicht auf Attraktionen geht, umgesetzt werden müssen.
IM+io: Wie sieht die Zukunftsplanung von AliudQ aus? Ist das eher ein spannendes Projekt in herausfordernden Zeiten oder eine langfristige Unternehmung?
FS: Wir sehen AliudQ als langfristiges Projekt. Wir sind überzeugt, dass wir, vor allem in unserer Kernbranche, mit unseren Lösungen dazu beitragen können, eine höhere Erlebnisqualität für die Besucher unserer Kunden zu schaffen und unseren Kunden gleichzeitig neue Möglichkeiten der Umsatzgenerierung zu eröffnen.
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