Für den Botschafter und Pionier der „Industrie 4.0“ endet eine Ära
acatech-Präsident Henning Kagermann übergab sein Amt an Karl-Heinz Streibich
„Sie haben sich als Stimme und auch als Förderer der Technikwissenschaften so etabliert, dass Ihre Meinung gar nicht mehr wegzudenken ist“, resümierte Bundeskanzlerin Angela Merkel – eine besondere Auszeichnung und Ausdruck des beruflichen Erfolgs für Prof. Dr. Henning Kagermann, der nun den Stab als Leiter der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) an seinen Nachfolger weiterreichte. Am 8. Mai übergab er nach zwei Legislaturperioden turnusgemäß die Leitung der acatech an den scheidenden CEO der Software AG Karl-Heinz Streibich. Die Kanzlerin bedankte sich in einer Feierstunde bei Kagermann für die geleistete Arbeit, da die acatech in den vergangenen zehn Jahren zu einer „nationalen Akademie mit internationalem Rang“ geworden sei. Mithilfe der Akademie und Kagermann an der Spitze konnten viele Erfolge verzeichnet werden, wie zum Beispiel die Prägung des Begriffs „Industrie 4.0“. Diesen Begriff schreibe man selbst in China mit „ie“, wie die Kanzlerin erfahren habe.
Auch Ko-Präsident Diether Spath betonte die zentrale Rolle Kagermanns, der als Botschafter zwischen Wissenschaft und Wirtschaft Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenbrachte, um Aufgaben zu lösen, „die nur aus einer einzigen von zwei Betrachtungsweisen scheinbar nicht zu lösen waren“.
Kagermann selbst bedankte sich für die gute Zusammenarbeit. Acatech sei eine goldrichtige Entscheidung gewesen. Sein Fazit lautete: „Die Aufgabe war größer als gedacht. Aber auch interessanter, lehrreicher, ja: schöner.“ Sein Nachfolger Karl-Heinz Streibich möchte sich in seiner Amtszeit vor allem auf die Aufklärung über den Nutzen der Digitalisierung konzentrieren. „‘Sage mir, wie spät es ist und nicht, wie die Uhr funktioniert‘ muss im übertragenen Sinne auch die Maxime der digitalen Aufklärung sein“, lautet sein Motto.
Eine besondere Überraschung boten Dieter Spath und August-Wilhelm Scheer mit einer musikalischen Darbietung, die den Gedanken der branchenübergreifenden Kooperation verkörperte. Die beiden IT-Ikonen griffen zu Gitarre und Saxophon und performten „In a Sentimental Mood“ von Duke Ellington.
Melancholisch war der Abend jedoch nicht, im Gegenteil: So erinnerte die Kanzlerin an Kagermanns Worte, mit denen er sich von seinem damaligen Posten als Vorstandssprecher der SAP AG im Jahre 2009 verabschiedete: „Wehmut entsteht unter zwei Voraussetzungen: Entweder du glaubst, du hättest etwas verpasst und müsstest das jetzt nachholen. Oder du glaubst, das Leben kann dir nichts mehr geben. Beides trifft bei mir nicht zu.“ Auch jetzt trifft dies nicht auf Kagermann zu: Er werde der Akademie weiterhin treu bleiben und rief alle Anwesenden dazu auf, ebenso am Ball zu bleiben. Denn es lohne sich: „Stünde acatech das Teenageralter nicht noch bevor, könnte man sagen, dass acatech erwachsen geworden sei.“