Instrumente lernen im Netz?
Online-Unterricht für Musiker von überall nach überall
Im Gespräch mit Florian Alexandru-Zorn, OnlineLessons.tv
Kurz & Bündig
2013 gründete Alexandru-Zorn zusammen mit seinem Geschäftspartner Marco Besler das Ed-Tech-Start-up OnlineLessons.tv GmbH. Das Unternehmen wurde gegründet, um mediale Inhalte im musikedukativen Bereich zu erstellen. Heute geht es bei dem Start-up generell um die Weiterentwicklung und Nutzung digitaler Lehrinhalte sowie die Beratung von Dozenten und Unternehmen im Bereich von Smart Learning Technologies.
2013 gründeten Schlagzeuger Florian Alexandru-Zorn und Songwriter Marco Besler mit OnlineLessons.tv die erste staatlich anerkannte Internet- Musikakademie, die ihre Lerninhalte live via Internet vermittelt. Ihr Fokus liegt auf der Fortund Weiterbildung. Zielgruppe sind Hobbymusiker, vor allem aber auch Musiklehrer, Studierende und Musiker, die sich auf ihr Studium vorbereiten. Unterdessen wurde das Businessmodell allerdings um zusätzliche Angebote erweitert. Über aktuelle Schwerpunkte und künftige Entwicklungen haben wir mit Florian Alexandru-Zorn gesprochen.
IM+io: Herr Alexandru-Zorn, mit welchem konkreten Businessmodell sind Sie ursprünglich gestartet, und wie sah die Umsetzung in der ersten Phase aus?
A-Z: Ursprünglich sind wir als Anbieter für digitale Lerninhalte im Bereich Musik gestartet. Um die Unterrichtseinheiten nutzen zu können, gab es verschiedene Subskriptionsmodelle. Zum damaligen Zeitpunkt war die Nachfrage nach sogenannten Live Sessions groß, der wir für die Bereiche Schlagzeug, Gitarre, Bass, Klavier und Gesang und Musikbusiness nachgekommen sind. Somit haben wir als Portfolio die gesamten Fachbereiche einer staatlichen Hochschule für den Bereich der Popmusik abgedeckt und auch von Beginn an eine staatliche Anerkennung für unsere Lerninhalte vom Kultusministerium Rheinland-Pfalz erhalten, da die Unterrichtseinheiten ausnahmslos von renommierten Musikern und Hochschuldozenten durchgeführt wurden.
IM+io: Wie haben Sie denn Ihr Angebot im Markt bekannt gemacht?
A-Z: Das lief vorrangig über unser Netzwerk. Ich war damals sehr viel als Dozent unterwegs, das heißt, ich konnte über meine sozialen Kanäle sehr gut kommunizieren, dass wir jetzt auch Online-Unterricht anbieten. Das ging alles über Facebook und hat perfekt funktioniert. Wichtig ist dabei auch, dass wir uns nicht gegenüber einem harten Wettbewerb behaupten mussten. Wir waren praktisch der einzige Anbieter, der so etwas live hinbekommen hat, sogar mit verschiedenen Einstellungen und Kameraperspektiven.
IM+io: Wie kam es eigentlich zur Gründungsidee für OnlineLessons.tv?
A-Z: Die Idee dazu kam aus einer Situation heraus, in der ich mich als Musiker befand. Als ich mein Bachelorstudium im Bereich Jazz und Popularmusik an der Musikhochschule in Mannheim abgeschlossen hatte, wollte ich meinen Master an der Popakademie in Mannheim machen. Zu diesem Zeitpunkt war ich jedoch bereits, wie erwähnt, sehr aktiv als Dozent an verschiedensten Hochschulen weltweit tätig. Die angedachten wöchentlichen Regelstunden waren so für mich nicht einhaltbar. Hier kam es dann schnell zu der Idee, Musik als berufsbegleitenden Master-Studiengang anzubieten. Hierzu war jedoch eine massive digitale Unterstützung erforderlich. Mit meinem Geschäftspartner Marco Besler, mit dem ich bereits damals bei verschiedenen Projekten wie DVD-Produktionen oder Webseitenprojekten zusammengearbeitet hatte, gründeten wir dann das Unternehmen OnlineLessons.tv GmbH. Marco hat einen sehr weitreichenden IT-Background, sodass wir, im Nachhinein betrachtet, ein ideales Gründerteam dargestellt haben.
IM+io: Unterdessen ist das Unternehmen erwachsener geworden und das Portfolio deutlich breiter. Was hat Sie dazu bewegt, sich mit neuen Angeboten zu positionieren?
A-Z: Ja durchaus. Wir sind vom reinen Lernanbieter für musikalische Inhalte sukzessive in den B2B-Bereich hineingewachsen. Diese Entwicklung ging ganz natürlich einher mit den Nachfragen, die wir vor allem aus der Musikinstrumenteindustrie erhalten hatten. Dort wurde den Anbietern schnell klar, dass sie nicht nur einen Partner für die Umsetzung eigener Inhalte benötigen, sondern auch Plattformen, um diese für die Mitarbeiter, die Distribution und Endkunden bereitstellen zu können. Unterdessen bieten wir unter dem Namen OLid (steht für Online Lessons Information Delivery) Lösungen in verschiedenen Bereichen an. Zum einen geht es um Consulting. Wir beraten Unternehmen in Digitalisierungsprozessen mit Blick auf die interne und externe Unternehmenskommunikation. Ein weiterer wichtiger Punkt liegt bei der Planung sogenannter Medienstudios. Dies soll Unternehmen und öffentliche Träger dazu befähigen, eigene Lernmittel mit dem für sie am effektivsten Workflow zu erstellen.
IM+io: Schaffen Sie sich damit nicht selbst Konkurrenz?
A-Z: Das sieht vielleicht so aus, aber der Ansatz ist ein anderer. Wir haben nach Wegen für exponentielles Wachstum gesucht. Das geht nur, indem wir die Inhalte nicht selbst erstellen, sondern die Leute dazu befähigen, diese selbst zu erstellen. Natürlich erarbeiten wir für Unternehmen auch gern Content, wie etwa Imagefilme. Aber es ist ganz wichtig, dass wir die Planung von Medienstudios für Unternehmen durchführen, damit schaffen wir uns selbst die Kunden, denn die Unternehmen brauchen dann uns, um ihren Content zu distribuieren. Als Drittes bieten wir zudem seit kurzem Software an. Dabei handelt es sich um ein eigenes System, das neben der Bereitstellung von Informationen jeglicher Art auch das Anreichern von Datensätzen beinhaltet. Das ist sozusagen ein eigener Social Hub für Mitarbeiter und Externe. Hierüber können Inhalte aller Art optimal transportiert werden und zugleich Unternehmensprozesse getrackt, reportet und dadurch optimiert werden.
IM+io: Und das geht jetzt über das Marktsegment Musikindustrie hinaus?
A-Z: Ja, wir sind seit rund eineinhalb Jahren in einem Prozess, bei dem wir jenseits unseres sehr starken Netzwerks in der Musikindustrie wachsen möchten. Nicht zuletzt durch die Beteiligung von Prof. Scheer über die Scheer Holding und sein persönliches Engagement öffnen sich uns neue Türen in andere Bereiche, in neue Netzwerke. Das, was wir in der Musikinstrumenteindustrie gelernt haben, können wir auch bei vielen anderen Unternehmen und Branchen anbringen. Wir wollen Unternehmen befähigen, aktiv intern und extern zu kommunizieren.
IM+io: Wie sichern Sie Ihre Finanzierung für die weitere Eroberung des Marktes?
A-Z: Die Finanzierung vollzieht sich seit der Unternehmensgründung in einem Schritteprozess. Den Start des Unternehmens sind wir gänzlich allein gegangen, erlangten dann aber schnell auf Landesund Bundesebene Visibilität durch verschiedene Preise. Durch den Mittelstandslotsen in Rheinland-Pfalz sind wir dann mit der ISB (Investitionsund Strukturbank RLP) zusammengebracht worden, die einen Anschub für unser Unternehmen finanziert hat. Seit 2017 bin ich zudem Mitglied der Expertengruppe für Digitale Bildung der Bundesregierung. Im Jahr 2017 hatten wir auch auf der CeBIT ausgestellt. Hier lernten wir auch Prof. Scheer kennen. Der Kontakt mündete dann in einer Beteiligung an unserem Unternehmen. Im Jahr 2019 haben wir den Breakeven knapp verfehlt. 2020 ist auch für uns eine Herausforderung, jedoch füllen sich gerade jetzt seit dem 3. Quartal die Auftragsbücher rasant, vor allem auch für 2021, weshalb wir von einem deutlichen Break-even im Jahr 2021 ausgehen.
IM+io: Gab es einen Punkt, an dem Sie glaubten, aufgeben zu müssen? Generell, wie geht Ihr Team mit Krisen um?
A-Z: Krisen sehen wir grundsätzlich als Herausforderung und versuchen, diese jeweils zu nutzen, um in unserem Portfolio an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Als Unternehmen mit 15 Mitarbeitern sind wir noch klein und wendig und haben die Möglichkeit, interne Prozesse schnell zu überdenken und auch unsere Produkte dementsprechend anzupassen. Genau diese Kompetenz versuchen wir auch durch unser Produkt OLid bei etablierten mittelständischen Unternehmen einzubringen und durch unsere Softwarelösung als Enabler zu fungieren. Auch die erfolgreiche Entwicklung eines eigenen CMS stimmt uns optimistisch.
IM+io: Was ist das Besondere an diesem CMS, und wo finden Sie dafür Ihre Kunden?
A-Z: Es handelt sich um ein headless CMS, auch hier steht im Fokus, dass wir mit dem ganzen System skalierbar sind. Headless CMS bedeutet, dass Frontund Backend voneinander getrennt sind. Den Verwaltungsaufwand hat man nur einmal in der Backend-Betreuung und kann dann aber verschiedene Frontend-Seiten dort andocken. Allein mit Blick auf Sicherheitsaspekte ist es wunderbar, dass beides getrennt ist, aber eben auch von der Skalierbarkeit her. Das ist eine recht neue Vorgehensweise, die vor allem in den USA schon rege genutzt wird, die aber im europäischen Markt noch sehr selten ist. Zielgruppe sind natürlich zunächst unsere Bestandskunden, das ist im Moment noch ein sehr organischer Weg, der über Mundpropaganda läuft, aber von diesem wollen wir natürlich wegkommen. Wir müssen jetzt unseren Vertrieb professionalisieren, damit wir wirklich exponentiell wachsen können.
IM+io: Wie sieht die weitere Zukunftsplanung von OnlineLessons.tv aus? Soll daraus ein großes Unternehmen werden, oder haben Sie eher eine Exit-Strategie?
A-Z: Da ist die Marschrichtung ganz klar: Mein Geschäftspartner und ich sind Macher und Gestalter mit Leib und Seele. Eine Exit-Strategie verfolgen wir daher nicht, sondern haben nun auch mit der Entwicklung des neuen CMS und den bevorstehenden Projekten den Grundstein für ein globales Wachstum gelegt. Dieses möchten wir aktiv mitgestalten.