Kräfte vernetzen für Innovation und Wachstum
Ein Kommentar von August-Wilhelm Scheer, Scheer Holding
Am 28. Juni diesen Jahres wurde nach einer Bauzeit von rund 18 Monaten der 10-geschossige Scheer Tower II am Campus der Universität des Saarlandes eingeweiht. Nun ist die Eröffnung eines Bürogebäudes an sich kein Anlass für einen inhaltlichen Kommentar, aber es ist eben nicht nur ein fortschrittliches Bauwerk, denn die zwei Tower stehen für die inhaltliche Konzeption der Vernetzung unterschiedlicher Unternehmen zu einer Innovationskette. Die Hanse hat uns bereits im Spätmittelalter vorgelebt, wie wichtig es war, die Kräfte unterschiedlicher Städte zu vernetzen und zu bündeln. So war man gemeinsam gegen die Angriffe der Wikinger gewappnet. Meine Erfahrung als Unternehmer hat gezeigt, dass es schwierig ist, ein Start-up Unternehmen als Einzelkämpfer in der dynamischen Digitalindustrie zu einem internationalen Erfolg zu führen. Es hat meist nur ein schmales Leistungsangebot und muss sich jeden Kunden einzeln erkämpfen. Viel einfacher ist es, wenn die Angebote mehrerer Unternehmen zu einem breiteren und damit attraktiveren Leistungspaket gebündelt werden und der Markt gemeinsam bearbeitet wird. Dies lässt sich bei den Scheer Towern beobachten. Unter ihren Dächern arbeitet eine Gruppe aus mehreren Unternehmen, Start-ups und dem gemeinnützigen August-Wilhelm Scheer Forschungsinstitut (AWSi) mit insgesamt mehr als 1000 Mitarbeitern. Gleichzeitig werden Verbindungen zu den Forschungsinstituten auf dem Uni-Campus gepflegt.
Neben den bereits „etablierten“ Unternehmen der Scheer GmbH mit über 600 Mitarbeitern und der imc AG mit knapp 300 Mitarbeitern gehören eine Handvoll Start-up Unternehmen zu dem Netzwerk. Die Scheer GmbH entwickelt mit Scheer PAS ein modernes Softwareprodukt zur Geschäftsprozesssteuerung und ist Spezialist zur Einführung von SAP-Systemen. Die imc AG ist führender Anbieter von digitalen Lerntechnologien. Das von der Scheer Stiftung finanziell unterstützte gemeinnützige Forschungsinstitut AWSi mit 70 Mitarbeitern ist in viele internationale Forschungsprojekte zur digitalen Transformation eingebunden. Es ist Gründungsmitglied und starker Partner des Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrums Saarland. Wie passt das alles zusammen, kann man nun fragen. Das Ziel dieser Netzwerkorganisation ist es, Potenziale zu heben, die die einzelnen Unternehmen und Einrichtungen alleine nicht realisieren könnten. Dieses sind Ideen, die in der Cafeteria ausgetauscht werden, Erfahrungen mit neuen Technologien, die diskutiert werden oder Kundenkontakte, von denen man gemeinsam profitiert. Dabei ist natürlich jede Einheit auf ihre Selbstständigkeit und ihre eigenen Interessen bedacht, sieht aber auch Vorteile im Geben und Nehmen. Es verbinden sich Forschung und Innovation mit starken Marken zum Wohle aller. Dass ein solches Netzwerkmodell Strahlkraft besitzt, zeigt auch, dass Dritte die Nähe und Kooperation mit dem Verbund suchen. Mit der kürzlich erfolgten Eröffnung des zweiten Scheer Towers sind das Unternehmen ZF mit seinem KI und Cybersecurity Center sowie das Start-up iMotion mit seinem Fokus auf e-Mobilität in das Gebäude eingezogen. Neue Bürokonzepte wie „open space“, Ladestationen für e-Autos und e-Bikes vor der Tür sind nur Indizien dafür, dass hier eine innovative Atmosphäre herrscht. Auf Gimmicks, wie das sonst bei Start-ups gerne herausgestellte Tischfußballspiel, wird allerdings verzichtet. Dafür finden regelmäßig Jazzkonzerte in der Cafeteria statt. Die Themenvielfalt des Netzwerkes bietet wichtige Bausteine für den Innovationsstandort Deutschland. Auf dem Campus zeigt sich, dass im Zusammenspiel von Universität, Forschungsinstituten und Unternehmen unterschiedlicher Größe eine Dynamik entsteht, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Forschung über die Entwicklung bis zum Vertrieb neuer Produkte abdeckt. Mit solchen Konzepten können wir in Deutschland in dem umkämpften Gebiet der digitalen Transformation bestehen.