Integration als Schlüssel wissenschaftlicher Politikberatung
Balanceakt zwischen Wissenschaft und Politik
Michael Böcher, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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Kurz und Bündig
Wissenschaftliche Politikberatung ist wissenschaftlich untersuchbar und lässt sich modellhaft darstellen. Dabei genügt es heute nicht mehr, von einem linearen Modell auszugehen, welches annimmt, dass wissenschaftliche Expertise unmittelbar in politisches Handeln einfließt. Stattdessen benötigt es Modelle, die die gesellschaftliche Realität von Politik und Wissenschaft darstellen können. Ein solches Modell ist das RIU-Modell.
Wissenschaftliche Politikberatung ist seit der Corona-Pandemie in aller Munde. Doch auch jenseits von Corona spielt wissenschaftliche Expertise für politische Entscheidungen eine wichtige Rolle. Aber wie funktioniert wissenschaftliche Politikberatung? Wie kann das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik verbessert werden? Und wie können neuere Modelle wie das RIU-Modell wissenschaftliche Politikberatung effektiver machen?
Die Politik sucht nach Rat – die Wissenschaft liefert?
Eigentlich könnte es so einfach sein: Wenn ich mich krank fühle, vereinbare ich einen Termin bei meiner Hausärztin. Diese Idee des Beratung- Suchens und -Lieferns ist die Grundlage wissenschaftlicher Politikberatung. Die Politik sucht zu bestimmten Sachfragen nach einem Rat auf wissenschaftlicher Grundlage und beauftragt die entsprechenden Fachexperten. Diese liefern die sachgerechte Expertise, und die Politik kann am Ende auf der Basis wissenschaftlicher Evidenz zielgenau und treffsicher politische Maßnahmen verabschieden. Politik als Auftraggeberin und Experten als Ratgeber.
Allerdings ist dieses Politikberatungsmodell, nach welchem die Politik als Patientin um den Rat der “Ärztin“ Politikberatung sucht, ins Wanken geraten [1]: Zum Beispiel kritisieren Klima-Aktivisten wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion mit unterschiedlichen Mitteln, dass die Politik hier nicht der wissenschaftlichen Rationalität folge und viel zu zaghaft die notwendige Transformation in eine dekarbonisierte Zukunft einleite. Es scheint also nicht unbedingt der Fall zu sein, dass Politik immer exakt der Wissenschaft folgt.