Mit offener Kommunikation, Netzwerkdenken und Flexibilität zum Erfolg
Im Gespräch mit Hanna Drabon, comspace
Kurz und bündig:
Bevor Hanna Drabon sich dafür entschied, als Intrapreneurin das Unternehmen talee zu gründen, war sie Projektleiterin in der Softwareentwicklung, mit einem Diplom in Design und einem MBA in Entrepreneurship in der Tasche. Für sie war das neue Spin-off die große Chance, diese Elemente zusammen- und praxisnah einzubringen. Mit talee bietet man nun eine Plattform, auf der Kollegen ein internes Netzwerken sehr niedrigschwellig miteinander starten können – ob bei dezentral organisierten Teamevents, Lunchlotto oder beim 10-Minuten-Treffen.
Intrapreneurin Hanna Drabon hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen das Start-up talee gegründet. Die Idee entstand 2016 – nicht auf der grünen Wiese, sondern innerhalb des Unternehmens comspace, einer Digitalagentur. Über das Geschäftsmodell im Geschäftsmodell und den Weg dorthin haben wir ein Gespräch mit der Jungunternehmerin geführt.
IM+io: Frau Drabon, was ist die Geschäftsidee hinter talee?
HD: Als Agentur haben wir uns schon immer mit dem Digitalen Wandel auseinandergesetzt. Für uns hat die Digitalisierung nicht vorrangig was mit Technik zu tun, sie ist vielmehr eine Veränderung der kompletten Arbeitskultur. Organisationen müssen umdenken von starren Strukturen hin zu dezentralen, lernenden Netzwerken. Doch das passiert nicht von allein.
Mit talee bietet wir eine Plattform auf der Kollegen genau dieses Netzwerken sehr niedrigschwellig miteinander starten können. Ob bei dezentral organisierten Teamevents, Lunchlotto oder 10-Minuten-Treffen. Dabei stehen bei uns neben den fachlichen auch die Stärkung der persönlichen Netzwerke im Vordergrund. Ob Heavy-Metal Abend bei der Geschäftsführung, Bonsai schneiden mit der Personalabteilung oder Instagram von den Azubis lernen. Bei uns bringt jede Person ein, was sie am meisten motiviert. Die Organisation und Bewerbung der Events laufen automatisiert über die Plattform. Ziel ist, dass neue Netzwerke entstehen, Potenziale und Leidenschaften sichtbar werden und Wissen geteilt wird. Das ist für uns die Basis eines Digitalen Mindsets. So entsteht eine Win-Win Situation für Unternehmen und Kollegen.
IM+io: Wie ist diese Idee entstanden? Woher kam die Nachfrage?
HD: Wir haben bei uns im Unternehmen einen Bedarf bemerkt und eine Lösung gefunden. Für die Methode hinter talee haben wir 2016 den Personalmanagement Award des Bundesverbands der Personalmanager bekommen. Das hat uns gezeigt, dass sich viele Unternehmen fragen, wie sie den kulturellen Wandel der Digitalisierung im Unternehmen anstoßen können. Wir haben dafür eine übertragbare Lösung gefunden haben, die wir gerne teilen.
IM+io: Heißt das, dass es ursprünglich gar nicht geplant war, die neue Plattform zu vermarkten?
HD: Tatsächlich ist die Geschichte schon eher eine Anekdote. Es war nicht so, dass mein Vorgesetzter kam und gesagt hat: “Du denkst dir jetzt was aus und bist dann Intrapreneur!” Ich glaube das wäre für Intrapreneurship auch nicht der richtige Ansatz. Es war eher so, dass wir uns mit einigen Kollegen die Methode dahinter überlegt hatten, und sich dann immer mehr Kollegen für die Idee interessiert und ihre Fachkompetenzen mit eingebracht haben. So entstanden eine tolle Eigendynamik und Motivation. Mein eigentlicher Job in der Zeit hat mich aber nicht erfüllt. Ich hatte sogar schon gekündigt und überlegt die Idee anderweitig umzusetzen.
Unser Geschäftsführer wollte aber weder, dass ich, noch dass die Idee geht. Statt aber Dinge zu verbieten und mir Steine in den Weg zu legen, habe ich stattdessen den Freiraum bekommen aus der Methode ein Produkt zu formen und den ersten Pilotkunden zu akquirieren. Als das tatsächlich geklappt hat, habe ich das Angebot bekommen auch weiterhin als Job genau das zu machen, was ich vorher selbst konzipieren durfte. Das kann man unmöglich ablehnen. Ich habe also bei dem anderen Unternehmen wieder abgesagt und mich voll motiviert an meine neue Aufgabe gesetzt.
IM+io: Warum hat Comspace dabei auf ein internes Spin-off gesetzt?
HD: Hier treffen unternehmerische und persönliche Faktoren zusammen. Für das Unternehmen ist neben den klassischen Zielen wie Umsatz und neue Märkte interessant wie ein Startup zu denken und innovative Prozesse zu ermöglichen. Das hat sowohl nach Außen als auch nach Innen eine starke Strahlkraft. Zur Zeit der Entscheidung war ich Projektleiterin in der Softwareentwicklung, mit einem Diplom in Design und einem MBA in Entrepreneurship in der Tasche. Für mich war es die große Chance diese Elemente zusammen- und praxisnah einzubringen.
Die Kombination hat dann, denke ich, unserem Geschäftsführer die Sicherheit gegeben, uns das Vertrauen und die Freiheit entgegenzubringen, talee Stück für Stück vom Businessplan über Testkunden bis zum kompletten Team aufzubauen.
IM+io: Was bedeutet für Sie Intrapreneurship und welche Chancen und Risiken ergeben sich im Vergleich zum klassischen Entrepreneurship?
HD: Auf Konferenzen treffe ich immer wieder Leute, die sagen, Intrapreneurship wäre “Gründen light”. Doch das stimmt so für mich nicht. Man übernimmt tatsächlich eine große Verantwortung und geht in ein Risiko. Man ist also auch hier nicht von schlaflosen Nächten befreit.
In unserem Fall konnte ich die komplette Firma als eine Art Company Builder nutzen. D.h. meine Kollegen haben mich bei allen Fragen unterstützt, was ein enormer Vorteil ist. Außerdem waren die Investorengespräche für mich natürlich schneller geklärt. Das schafft Freiraum, sich auf die Kunden, das Produkt und das Team zu konzentrieren.
Das Unternehmen ist jedoch auch gleichzeitig wichtigster Investor und erster Kunde. Diesen immer auf engsten Raum mit absoluter Transparenz bei sich zu haben, wäre auch für “normale” Start-ups eine Herausforderung. Außerdem kommen zusätzliche Anforderungen als Intrapreneur auf einen zu. Neben dem Aufbau des eigenen Skillsets und der Gründung, ist die Kommunikation mit dem Unternehmen elementar für den Erfolg.
IM+io: Kann man wirklich im Schutzraum eines Unternehmens, dass Erwartungen hat und die finanziellen Risiken trägt, echtes Unternehmertum entwickeln?
HD: Für mich entwickelt sich Unternehmertum nicht indem man eine GmbH anmeldet, sondern es ist die Art, wie man Probleme löst. Ich hatte das Glück, dass wir wirklich große Freiheiten bekommen haben. Das schafft einen wichtigen Nährboden für Identifikation und Motivation. Es hat sich eine tolle Dynamik in dem Team entwickelt und eine Verantwortungsbereitschaft, die für mich prägend ist für das Unternehmertum. Dennoch merkt man Grenzen in der Entscheidungsfähigkeit, die oft frustrierend sein können. Dieser Herausforderung müssen sich aber auch Start-ups mit ihren Investoren stellen.
IM+io: Was prädestiniert Sie als Intrapreneur und welche besonderen, erfolgsrelevanten Persönlichkeitsmerkmale sehen Sie bei Ihren Mitstreitern?
HD: Neben den handwerklichen Fähigkeiten haben uns Softskills enorm geholfen. Eine solche Aufgabe ist nur in Kooperation zu schaffen. Außerdem braucht es eine gute Mischung aus Agilität in der Konzeption und Durchhaltevermögen in der Ausführung. Doch muss man im Intrapreneurship auch ganz klar sagen, dass diese Fähigkeiten einem nichts bringen, wenn nicht auch das Unternehmen gewisse “Persönlichkeitsmerkmale” mitbringt. Offene Kommunikation, Netzwerkdenken, Lernkultur und Flexibilität sind Grundvoraussetzung, genauso wie die aufrichtige Unterstützung der Geschäftsführung.
IM+io: Wann ist Ihre Aufgabe erledigt und Sie werden wieder zur „normalen“ Mitarbeiterin?
HD: Wir machen Umsätze, sind aber natürlich noch nicht unabhängig. Ich merke aber bereits, dass sich meine Aufgabe ändert. Es wird wichtiger, die Erfahrung aus dem internen Start-up und die Bündelung der Kompetenzen auch wieder in das Ursprungs-Unternehmen einzubringen.
Es ist eine sehr interessante Frage wo der Unterschied zwischen Intrapreneur und “normaler Mitarbeiterin” ist. Was wir gelernt haben ist, dass sich weit mehr Kollegen einbringen wollen und dass es auch für das Unternehmen eine Menge Vorteile bringt, wenn Sie das können. Im Idealfall ändert sich also gar nicht meine Aufgabe, sondern das Unternehmen reagiert flexibel auf neue Impulse und lässt mehr neue Rollen zu.