Entfesselt KI die Weiterbildung?
Ein Kommentar von Oliver Nussbaum, imc AG und gpt-4
(Titelbild: AdobeStock | 583622078 | TensorSpark)
Kurz und Bündig
Die Integration von Künstlicher Intelligenz im Bildungssektor verspricht eine revolutionäre Veränderung des Lernens. Von personalisierten Lernwegen bis zur Automatisierung administrativer Aufgaben ermöglicht die KI eine effizientere und individuell angepasste Weiterbildung. Trotz der Vorteile stehen jedoch Herausforderungen wie Datenschutz und Infrastrukturentwicklung im Fokus. Die KI könnte helfen, die Weiterbildung individueller zu gestalten, erfordert jedoch eine verstärkte Erstellung sinnvoller Inhalte.
Der exponentielle Anstieg der Künstlichen Intelligenz (KI) in der heutigen Zeit verändert eine Vielzahl von Sektoren, vom Gesundheits- bis zum Transportwesen. Und es scheint, als steige die Angst davor in gleichem Maße wie die Möglichkeiten, die die Entwicklung mit sich bringt.
Der Einfluss von KI-Technologien auf den Weiterbildungssektor birgt das Potenzial, die Branche von Grund auf zu revolutionieren. Die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz reichen von der Rationalisierung administrativer Aufgaben bis hin zur Bereitstellung personalisierter Lernerfahrungen, dem Informieren der Lehrkräfte über Lernfortschritte sowie der Förderung globaler Klassenzimmer. Mit der transformativen Kraft der KI steuern wir eigentlich auf eine Zukunft zu, in der Weiterbildung effizienter, effektiver, individueller und zugänglicher ist.
Eine bedeutende Entwicklung durch KI ist das Potenzial zur Personalisierung. Die heutige Künstliche Intelligenz ist in der Lage, riesige Datenmengen zu erfassen und zu analysieren. Dies könnte genutzt werden, um maßgeschneiderte Lernerlebnisse zu schaffen. Die Lernmuster eines Lernenden sowie seine Stärken, Schwächen und Vorlieben könnten bereits in Echtzeit überwacht und analysiert werden, sodass Lehrkräfte oder KI-Algorithmen das Lernmaterial an die individuellen Bedürfnisse anpassen könnten.
Intelligente Tutorensysteme könnten zum Beispiel Erklärungen und Rückmeldungen geben und Schülerinnen sowie Schülern zur Seite stehen, ähnlich wie ein persönlicher Tutor oder eine persönliche Tutorin es tun würde, wenn er oder sie für alle jederzeit zur Verfügung stünde. Die Fähigkeit des Systems, sich an die Bedürfnisse der lernenden Person anzupassen, kann den Lernprozess umgestalten und ihn effektiver und ansprechender machen. Diese Form des adaptiven Lernens würde den Weg für ein besseres Verständnis und ein größeres Engagement der Lernenden ebnen.
Über die Personalisierung hinaus könnte die KI auch administrative Aufgaben vereinfachen und Lehrkräfte von den Papierbergen, der Bewertung von Aufgaben und der Terminplanung befreien. Dank einer solchen Automatisierung könnten die Lehrkräfte ihre Zeit der direkten Interaktion mit den Schülern und der Förderung des Lernens widmen und so die Qualität des Unterrichts erheblich verbessern.
KI-gestützte Chatbots wie „ChatGPT“ können jetzt schon rund um die Uhr helfen, Fragen beantworten und ihre virtuellen Ressourcen bereitstellen – jederzeit und überall. KI-gestützte Übersetzungswerkzeuge überwinden Sprachbarrieren und erleichtern so das globale Lernen. KI birgt daher ein immenses Potenzial für die Schaffung eines grenzenlosen und integrativen Lernumfelds. Virtuelle Realität (VR) und erweiterte Realität (AR) in Verbindung mit künstlicher Intelligenz bieten jetzt schon beeindruckende Lernerfahrungen. Virtuelle Exkursionen, Simulationen komplexer wissenschaftlicher Prozesse oder die Nachstellung historischer Ereignisse könnten Schülerinnen und Schüler über die Grenzen eines Klassenzimmers hinausführen. Eine solche Integration könnte den Schülerinnen und Schülern praktische Lernerfahrungen bieten und gleichzeitig helfen, komplexe Konzepte besser zu visualisieren und zu verstehen, wodurch Kreativität, kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten gefördert werden. Und was an Schulen und Universitäten funktioniert, ließe sich auch auf Unternehmen und Organisationen übertragen.
KI ja, aber…
Während die Vorteile der KI bei der Neugestaltung der Weiterbildung sicher vielfältig sind, dürfen die Herausforderungen nicht übersehen werden. Die Einbindung von KI in die Bildung erfordert immer noch massive infrastrukturelle Entwicklungen (Stichwort „Netzausbau“), ein starkes technologisches Rückgrat und eine umfassende Vorbereitung samt Kontrolle der handelnden Personen. Auch Fragen des Datenschutzes und des Urheberrechts müssen genauer unter die Lupe genommen werden.
Wo liegen die Bildrechte an einem mit KI erzeugten Bild? Wie unterschiedlich zum Original muss es sein? Kann sich die KI einfach erlauben, einen neuen Text aus bestehenden Texten zu erstellen? Wie wollen wir künftig zwischen KI erzeugten Fake News und der Realität unterscheiden? Diese Fragen müssen zweifelsfrei an anderer Stelle geklärt werden.
Künstliche Intelligenz im Corporate Learning
Es existieren diverse Ansätze, Künstliche Intelligenz (KI) im Bereich des Corporate Learning zu integrieren. Einige dieser Einsatzmöglichkeiten umfassen personalisierte Lernwege. Die KI kann dazu verwendet werden, den Lernverlauf und -stil eines Mitarbeitenden zu analysieren und individuelle, personalisierte Lernwege zu erstellen. Dies verbessert die Effizienz des Lernens, da es auf die spezifischen Bedürfnisse und Vorlieben der einzelnen Person zugeschnitten ist. Aber hier potenziert sich die Menge an nötigen Lernmaterialien, während die Inhalte zwangsläufig immer granularer werden müssen, damit sie jenes Maß an Kombination schaffen, welches die Individualisierung mit sich bringt. Darüber hinaus kann die KI die Erarbeitung von Fortbildungsplänen, die Terminplanung oder die Erstellung von Zertifikaten automatisieren, was zu einer erheblichen Zeitersparnis führt
„KI kann Feedback und Bewertungen in Echtzeit liefern, was die Lernkurve verbessert und den Lernprozess effektiver macht.“ Diesen Satz hat mir eine KI geschrieben. Und ja, im Einzelfall geht das alles schon, obwohl es sich hier derzeit eher noch um intelligente Simulatoren als um tatsächliche KI-Tools handelt.
Was jedoch bereits gut funktioniert, ist das Erstellen asynchronen Onlinecontents, besser bekannt als „E-Learning“ oder „Web Based Training“. Die KI erstellt Lerninhalte in einer Geschwindigkeit und Formulierungsqualität, wie es bisher nur qualifizierte Trainerinnen und Trainer konnten. In der Praxis bedeutet das, dass jetzt schon jede:r ungeachtet seiner didaktischen Kenntnisse und Designskills, Lerncontent erstellen kann, der von der Zielgruppe verstanden wird. Bisher mussten alle Texte und Fragen in Onlinetrainings von Personen erstellt werden, die sowohl die inhaltliche Materie kennen als auch die Gabe haben, zielgruppengerecht zu formulieren. Diese Möglichkeit markiert also einen großen Fortschritt.
Oder wie es die KI in imc Express für mich formuliert hat: „Im Zeitalter der digitalen Revolution unterscheidet sich die virtuelle Erstellung und Verbreitung von Informationen, insbesondere von Online-Inhalten, von anderen Formen. Sie erfordert die Erstellung durch Personen, die über ein umfassendes Verständnis der erforderlichen Inhalte verfügen, das über die einfache Fähigkeit, etwas zu erzählen oder zu Papier zu bringen, hinausgeht. Eine Mischung aus Fachwissen über bestimmte Themen und einzigartigem künstlerischem Geschick im Umgang mit Worten ist kein Vorrecht, sondern eine grundlegende Voraussetzung. Diese Autoren von Online-Inhalten müssen also einerseits ihr Fachgebiet gründlich beherrschen und andererseits über ein literarisches Gespür verfügen, das es ihnen ermöglicht, alltägliche Fakten zu fesselnden Erzählungen zu verweben. Diese gelungene Mischung aus Wissen und Talent führt dann zu einem besseren Verständnis beim Empfänger. So können die Zuhörenden die vermittelten Inhalte nicht nur nachvollziehen, sondern sich auch effektiv an sie erinnern, egal wie viel Zeit verstrichen ist. Bei diesem Unterfangen geht es also nicht so sehr darum, Online-Inhalte für den Massenkonsum zu verfassen, sondern vielmehr darum, substanzielles digitales Wissen zu schaffen, das seine Relevanz beibehält, indem Informationen sorgfältig in Erinnerungen verwandelt werden.“
Vieles ist schon möglich, aber es geht noch mehr
Eine große Herausforderung in der Erstellung von Lerncontent ist es Interaktionen, wie Single- und Multiple Choice Fragen, zu erstellen und dabei auch sinnvolle falsche Antworten zu streuen. Es kann passieren, dass man an der Erstellung einer sinnigen Frage zehn bis 15 Minuten arbeitet, bis sie perfekt passt. Für die KI ist das ein Kinderspiel. Es dauert selten mehr als fünf Sekunden, bis sie eine schlüssige Frage aus ihren einfachen Texten erstellt hat. Allerdings empfiehlt sich eine abschließende Prüfung des Ergebnisses vor der Veröffentlichung eines Trainings. Folglich müssen Sie nicht mehr Fachexperte und begabter Literat in einer Person sein, sondern nur mehr Ersteres. Und diese gibt es bekanntlich in jeder Organisation.
KI wird uns meiner Meinung nach helfen, die Weiterbildung neu zu gestalten, indem sie sie maximal individualisiert wird. Das gelingt aber nur, wenn wir auch beim digitalen Content nachziehen und viel mehr sinnvollen Inhalt produzieren als bisher, der sich zu individuellen Bildungssträngen verbinden lässt. Und dabei kann die KI jetzt schon unterstützen.