Effizient und rohstoffschonend dank digitaler Fitness
Kurz & Bündig
Seit der Gründung 1748 hat sich der Keramikproduzent zu einer internationalen Lifestyle-Marke entwickelt. Dabei hat man es als Premium-Marke geschafft, die Identität zu wahren und dabei dennoch mit der Zeit zu gehen. Nachhaltiges Handeln und Offenheit für Innovation und Digitalisierung sind dabei wichtige Wegbegleiter.
Der Begriff Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf umweltgerechtes Verhalten, vielmehr handelt es sich um nachhaltiges und bewahrendes Wirtschaften, das langfristiges Wachstum ermöglicht und dabei wichtige Ressourcen wie Menschen und Material schont. Im international aufgestellten Traditionsunternehmen Villeroy & Boch ist dieses umfassende Verständnis von Nachhaltigkeit ein wichtiger Treiber für unternehmerischen Erfolg. Im Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Frank Göring skizziert dieser ganz konkrete Maßnahmen im Unternehmen.
IM+io: Wie wichtig ist für Villeroy & Boch nachhaltiges Agieren bei der Mitarbeiterbindung und -förderung?
FG: Wir bieten unseren Mitarbeitern neben interessanten und herausfordernden Aufgaben sowie einem vielseitigen und sicheren Arbeitsumfeld die Chance, Entwicklungsmöglichkeiten wahrzunehmen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Für uns ist das an allen Standorten die Grundlage, um unsere Mitarbeiter zu binden sowie qualifizierte Fach- und Führungskräfte hinzuzugewinnen. Insbesondere zu nennen sind unser dreijähriges Traineeprogramm sowie unser neues Ausbildungs- und Entwicklungsprogramm für unsere technischen Fach- und Führungskräfte, um einem Fachkräftemangel speziell in diesem Sektor vorzubeugen. Sämtliche Arbeitsplätze in unserer Organisation weltweit unterliegen einer systematischen Bewertung im Hinblick auf Sicherheits- und Gesundheitsrisiken. So arbeiten wir u.a. beständig an Lösungen, wie z.B. modernen Hebehilfen, mit denen wir die körperliche Belastung der Mitarbeiter erheblich verringern können. Auch über den Arbeitsschutz hinausgehend wollen wir unseren Mitarbeitern eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung und -förderung bieten. Wir wollen dadurch nicht nur Arbeitgeber sein, sondern insbesondere gegenüber unseren Mitarbeitern in eine vertrauensvolle Gesundheitspartnerschaft eintreten, welche die Tradition unseres Unternehmens für seine soziale Verantwortung fortführt. So haben wir die an unseren Standorten regelmäßig durchgeführten Gesundheitsaktionen beispielsweise durch Konzepte von Sportangeboten und Ernährungsberatung wesentlich ergänzt.
IM+io: Die Gesellschaft wandelt sich in den letzten 100 Jahren in immer kürzeren Zyklen. Wie erklärt sich, dass Villeroy & Boch beim Design von Tischkultur und Badausstattung nie aus der Mode gekommen ist?
FG: Die Innovationskraft von Villeroy & Boch ist ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Im Unternehmensbereich Tischkultur stehen dabei das Produktdesign und die Funktionalität im Fokus der Produktentwicklung. Bei Bad und Wellness erweisen sich vor allem technologische Innovationen als ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil, sei es mit dem Ziel, den Kundennutzen durch Innovationen in puncto Material, Design, Komfort und Hygiene zu erhöhen oder die Umweltverträglichkeit unserer Produkte zu verbessern. Bei der Weiterentwicklung unserer keramischen Werkstoffe, Produkte und Fertigungstechnologien kooperieren wir mit Instituten aus dem Forschungs- und Hochschulwesen, und arbeiten daran, Methoden aus den Bereichen Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen zu integrieren.
IM+io: Aktuell fordern Kunden angesichts des Klimawandels zunehmend die ökologische Nachhaltigkeit von Produktionsprozessen und Produkten. Welche Schritte unternimmt V&B in diesem Kontext?
FG: Ein verantwortungsvoller Umgang mit unserem Ökosystem und den Ressourcen ist Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Die Basis dafür ist ein strukturiertes Umwelt- und Energiemanagement, das bei uns konzernweit in der zentralen Fachabteilung „Environment and Energy“ koordiniert wird, die mit den Fachexperten an den Produktionsstandorten Maßnahmen entwickelt und umsetzt, um so fertigungsbedingte Energie-, Rohstoff- und Wasserverbräuche, CO2-Emmissionen und nicht verwertbare Abfälle kontinuierlich zu reduzieren. So senken wir die Kosten und verbessern unsere Umwelt- und Energiebilanz. Jeweils zwölf Produktionsstandorte von Villeroy & Boch sind derzeit nach der Umweltmanagement-Norm ISO 14001 oder nach der Energiemanagement-Norm ISO 50001 zertifiziert, zusätzlich erfüllen vier Standorte die weitergehenden Anforderungen nach EMAS III. Regelmäßig werden externe Audits zur Bestätigung der Zertifizierungen bzw. Validierungen durchgeführt. Ein wesentliches Merkmal von Keramikprodukten ist ihre Langlebigkeit. Ein WC oder Waschbecken von Villeroy & Boch wird so entwickelt, dass es den Anforderungen eines langjährigen Gebrauchs gerecht wird. Bei Tischkultur steht die Beständigkeit von Porzellanprodukten bei chemischer und thermischer Beanspruchung im Mittelpunkt, wie sie bei der Reinigung in der Spülmaschine entsteht. Das übergeordnete Ziel unserer Beschaffungsstrategie ist die Auswahl zuverlässiger Lieferanten, welche die benötigten Materialien und Dienstleistungen in der erforderlichen Qualität und Menge zum gewünschten Zeitpunkt und zu einem angemessenen Preis bereitstellen. Je nach Verfügbarkeit setzen wir auf eine regionale Beschaffung der Rohstoffe und Materialien für die eigene Produktion. Damit sind in der Regel eine schnelle Verfügbarkeit und ein geringer Transportaufwand verbunden, was ebenso positiv für die Umwelt ist. Eingeschränkte lokale Rohstoffvorkommen, hohe Qualitätsschwankungen, nicht konkurrenzfähige Preise oder eine gewünschte standortübergreifende Standardisierung bedingen eine nicht-lokale Beschaffung.
IM+io: Inwieweit spielt bei V&B die digitale Transformation eine Rolle und wie bettet sich diese in ein Traditionsunternehmen wie V&B ein?
FG: Die Digitalisierung sehen wir auch im Kontext nachhaltigen Wirtschaftens als zentrales Instrument, um unser Unternehmen dauerhaft erfolgreich aufzustellen. Zum einen bauen wir seit Jahren unsere Online-Präsenz aus, um überall dort vertreten zu sein, wo der Kunde uns sucht – online oder offline – und ihm ein konsistentes Informations- und Einkaufserlebnis zu bieten. Für unseren Unternehmensbereich Tischkultur ist E-Commerce hier ein strategisch bedeutender und zugleich der am schnellsten wachsende Absatzkanal. Im Unternehmensbereich Bad und Wellness spielen in erster Linie digitale Service-Angebote und -Tools eine Rolle: mit Anwendungen wie Badplaner, Badinspirator oder Augmented RealityApp können Kunden ihre Wunschbäder planen und später mit Hilfe eines Cardboards in virtuellen Realitäten erleben. Zum anderen bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten und somit ein enormes Potenzial für unsere Produktionsprozesse. Durch Predictive Analytics, also die Nutzung von statistischen Fehleranalysen zur vorausschauenden Stabilisierung von Prozessparametern, kann die Digitalisierung bei der Reduzierung von Ausschussquoten unterstützen, was wiederum auf die Verbesserung unserer Rohstoff- und Energieeffizienz einzahlt. Ebenso werden neueste Technologien, wie der Einsatz von kollaborativen Robotern, für überwiegend manuelle und körperlich anstrengende Prozessschritte innerhalb der Produktion geprüft. Die Digitalisierung wirkt sich nicht zuletzt auch positiv auf die Effizienz in unseren administrativen Bereichen aus, wo wir bereits in ersten Use Cases erfolgreich Technologien wie Robotics Process Automation (RPA) einsetzen, um repetitive Tätigkeiten abzubilden. Um all diese Ansätze dauerhaft und nachhaltig im Unternehmen zu etablieren, existiert eine eigene Organisationseinheit, die den digitalen Wandel des gesamten Unternehmens vorantreibt und die Chancen der Digitalisierung für alle nutzbar macht. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist auch hier die aktive Begleitung unserer Mitarbeiter in der digitalen Transformation und der Ausbau der digitalen Fitness, wofür wir bei Villeroy & Boch eine Vielzahl interner Programme ins Leben gerufen haben.