Die Geschichte vom
Reha-Caspar
Caspar Health gestaltet Reha digital, innovativ und nachhaltig
Im Gespräch mit Max Michels, Caspar Health
(Titelbild © Caspar Health)
Kurz & Bündig
Rehabilitation neu zu denken, das ist das Ziel von Caspar Health. Auf Basis einer dazu entwickelten App bietet das Start-up Partnerkliniken wirksame Rehabilitationslösungen. Dabei liegt das Erfolgskonzept in der Kombination von digitaler Therapie und persönlicher therapeutischer Begleitung.
Das eHealth Start-up Caspar Health hat sich vorgenommen, Rehabilitation neu zu denken. Auf Basis einer dafür entwickelten App wird digitale Therapie mit persönlicher therapeutischer Begleitung kombiniert. Zeit- und Ortsunabhängigkeit der Therapie sollen so erreicht werden. Wie das bei individuellen Therapiebedürfnissen funktionieren kann und ob sich ein solches Geschäftsmodell trägt, haben wir im Gespräch mit Caspar Health CEO Maximilian Michels erfahren.
Herr Michels, im Kern Ihres Angebotes steht eine App, die Patienten telematisch betreut. Muss man sich dabei so eine Art Fernunterricht mit Therapieeinheiten vorstellen? Wie kann dabei eine App individuellen Behandlungsbedürfnissen gerecht werden?
MM: Zum Verständnis unseres Angebots ist es wichtig zu erfassen, dass die App tatsächlich ein sehr zentraler Bestandteil unseres Angebots der kombinierten Versorgung ist. Ich vergleiche die App immer gerne mit einem Klinikgebäude, in dem die Therapie stattfindet. Die Software stellt somit alle Materialien zur Verfügung, damit die Leistung erbracht werden kann. Die Betreuung der Patientinnen und Patienten wird aber durch qualifizierte Fachkräfte geleistet, und so wird auch sichergestellt, dass diese individuell therapiert werden. Wir haben bei uns dafür eine eigene virtuelle Klinik, die Caspar Clinic, aufgebaut, welche strukturell genauso aufgebaut ist wie eine herkömmliche Einrichtung. Auf diese Weise haben Menschen in der Rehabilitation für die Phase der Nachsorge, auf die unser Angebot abzielt, immer persönliche Ansprechpartner an der Seite. In dieser Kombination von App und Fachkraft liegt die besondere Attraktivität unseres Angebots, das wir als Partner von Rehakliniken erbringen.
Wichtig zu wissen ist darüber hinaus, dass in der Rehabilitation der Begriff der “Behandlung” irreführend sein kann. In der Rehabilitation geht es nämlich entscheidend darum, dass die Menschen selbst wieder aktiv werden und am Leben teilhaben können. Training und Wissensinhalte, die wir individuell anhand der Bedürfnisse der Patienten aus einer Bibliothek aus mehr als 1.000 Inhalten zusammen stellen können, sind somit zweifellos wichtig: Maßgebend aber ist, dass Patienten in der Rehabilitation von Anfang an selbst aktiv werden. Das Training mit der Caspar App haben sie außerdem in der Regel gleich zu Beginn der stationären Rehabilitation begleitend kennenlernen können.
Wie kann die Software skalierbar genutzt werden, wenn doch jede Rehaanforderung anders ist?
MM: Um die Skalierbarkeit sicherzustellen, greifen die Fachkräfte auf vorgefertigte Standardtherapiepläne zu, welche dann auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten individualisiert werden. Das spart Zeit und sichert vor allem die Qualität. Denn auf diese Weise kann die Klinik sicherstellen, dass die Patienten immer mit relevanten Inhalten versorgt werden. Die Tele-Reha setzt sich dabei aus asynchroner und synchroner Therapie zusammen. Bei der asynchronen Therapie absolvieren die Patienten ein eigenständiges Training, welches mit der Caspar Software getrackt wird, und können dabei Feedback zu der Therapie geben. In der synchronen Therapieeinheit findet dann regelmäßig eine Interaktion zwischen medizinischen Fachkräften und Patienten statt. Auf Basis der individuellen Therapieziele und Outcomes aus der asynchronen Therapie wird die Einzeltherapie geplant.
Über Ihr Unternehmen steht ein Team aus Therapeuten, Psychologen und Ärzten zur Unterstützung der Patienten zur Verfügung. Darüber hinaus arbeiten Sie mit Partnerkliniken zusammen. Wie funktioniert diese Dreiecksbeziehung zwischen Ihrem medizinischen Fachpersonal, dem der Kliniken und der App?
MM: Dreiecksbeziehung ist ein schöner Begriff! Innerhalb der Rehabilitation spielt Caspar Health für die Kliniken die Rolle eines Erfüllungsgehilfen, also eines Partners, der den Krankenhäusern in der so wichtigen Nachsorgephase für die Einrichtungen oft kaum oder nicht patientenfreundlich leistbare Aufgaben abnimmt. Damit diese Dreiecksbeziehung gut funktionieren kann, lernen die Patienten deshalb schon während der stationären Unterbringung die App kennen und sie werden dann vom Fachpersonal der Klinik in die persönliche Betreuung der Fachkräfte der wachsenden Caspar Clinic übergeben. Unser Team steht im ständigen Austausch mit der Klinik und hat Zugang zu den relevanten Patienteninformationen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caspar Clinic sind somit ein erweitertes Teammitglied der Rehabilitationseinrichtung. Durch unsere Strukturen wird gewährleistet, dass die wichtigen Qualitätsprozesse sichergestellt und eingehalten werden.
Inwieweit spielt es bei dieser Dreiecksbeziehung eine Rolle, dass Ihr Unternehmen ein E-Health-Unternehmen ist?
MM: Eine Wichtige. Denn dadurch, dass wir digital arbeiten, individuell konfigurierte Therapiepläne und Trainingsziele vereinbaren, Fortschritte und individuelle Bedürfnisse Teil der digitalen Dokumentation sind, erleben die Patienten eine nahtlose Patient Journey, bei der ihre individuelle Gesundheit im Mittelpunkt steht. Bei Fragen zu Übungen, individuellen Wünschen nach Anpassungen von Intervallen oder auch nur dem Abgleich von individuellen Trainingszielen in der Nachsorge stehen die persönlichen Ansprechpartner bereit – und das während der gesamten Nachsorge, deren erfolgreiches Ende aus Sicht der Patienten mit der Sicherung bestmöglicher Therapieergebnisse belohnt wird. Rehaklinik und Caspar Health können auch dann erst zufrieden sein – denn nur die erfolgreich absolvierte Nachsorge wird vom Kostenträger erstattet.
Warum ist die Nachsorge für viele Kliniken auf konventionellem Weg nur schwer zu leisten, warum wird sie von vielen Patienten nicht genutzt?
MM: Die konventionelle Nachsorge steht einfach vor einer ganzen Reihe von Problemen. Beginnen wir ganz praktisch aus der Perspektive der Patienten: Theoretisch haben sie in der Regel bei Rehabilitationsmaßnahmen, die von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) getragen werden, einen Anspruch auf die qualifizierte Nachsorge nach dem stationären Aufenthalt, welche das Ziel hat, den Rehabilitationserfolg zu verstetigen oder weiter auszubauen. In rund vier von fünf Fällen fällt diese für die nachhaltige Sicherung der Therapieerfolge so wichtige Phase aber trotzdem aus. Die Gründe sind mannigfaltig: Oft ist nach einer stationären Unterbringung der Weg zurück in die Rehaklinik zweimal pro Woche einfach zu weit. Vorgesehene Trainingsstunden lassen sich nicht gut mit der parallel stattfindenden Reintegration in die Arbeitswelt vereinbaren, Schichtdienst kann ein Ausschlusskriterium sein, ebenso wie Angehörige zu Hause, die gepflegt werden müssen. Für die Kliniken wiederum ist es oft eine Herausforderung, sozusagen quer zur stationären Rehabilitation Personal für die Nachsorge abzustellen. Der Fachkräftemangel tut sein Übriges dazu. Als Caspar Health ist es unser Ziel, gleichermaßen die Probleme von Patienten und Kliniken zu lösen. Und für Kliniken mit bislang oft niedrigen Nachsorgequoten wird das Problem sogar immer drängender.
Inwiefern?
MM: Die Ursache dafür ist im Prinzip sehr positiv. Denn die Kostenträger stellen dem Wunsch- und Wahlrecht der Patienten ab kommendem Jahr Qualitätsparameter als entscheidende Voraussetzung für die Zuweisung von Patienten an die Kliniken zur Seite. Überzeugende Qualitätswerte erreichen Kliniken dann nur noch, wenn sie über die gesamte Rehabilitation hinweg evidente Ergebnisse abliefern, also auch unter Einbezug der Ergebnisqualität. Dass wir die Nachsorge qualifiziert und sehr positive Ergebnissen erzielen können, haben wir wiederum in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt – auch durch persuasive Studienergebnisse, die den Nutzen der multimodalen Tele-Reha-Nachsorge eindeutig belegen.
Wie finden Sie Ihre Patienten und Partnerkliniken, beziehungsweise wie finden diese Ihr Unternehmen? Noch ist ja Tele-Therapie im Medizingeschehen nicht wirklich etabliert?
MM: Da unterschätzen Sie die Innovationsfähigkeit der Rehakliniken und des für die Rehabilitation so wichtigen Kostenträgers, Deutsche Rentenversicherung, ein wenig: Seit Anfang des Jahres ist unsere multimodale Tele-Reha-Nachsorge durch die DRV für die Regelversorgung zugelassen. Und in immerhin schon mehr als 200 Partnerkliniken können Patientinnen und Patienten von unserem Angebot profitieren. Richtig ist natürlich auch: Es sollen noch viele weitere Kliniken dazu kommen. Daran arbeiten wir. Die Patienten können die Einrichtungen, welche unsere Lösung anbieten, über die Homepage der Rentenversicherung und auch auf unserer Homepage finden. Darüber hinaus werben die Kliniken mit der Tele-Rehabilitation auch über ihre Social Media Kanäle.
Wie genau sieht Ihr Businessmodel aus, also wie beziehungsweise wodurch verdienen Sie Ihr Geld?
MM: Wir sind ein B2B2C-Unternehmen. Partner sind die Rehakliniken, und unser Produkt ist die kombinierte Versorgung. Neben Erlösen aus Lizenzen für unsere Software erzielen wir Einnahmen durch die nachgewiesenermaßen erfolgreich abgeschlossene Nachsorge, die wir im Auftrag unserer Partnerkliniken wie beschrieben durchführen. Unser gemeinsamer Erfolg trägt also auch direkt zur Zukunftssicherung der Rehakliniken bei. Im Ergebnis lässt sich sagen, dass die kombinierte Versorgung individuelle Gesundheitsziele und Qualität ins Zentrum der Rehabilitation rücken lässt. Und das zahlt sich auch für die Gesellschaft aus, weil gute Rehabilitation frühzeitiger Verrentung wirksam entgegenwirkt.
Wie lange gibt es Caspar bereits und wie ist die wirtschaftliche Entwicklung?
MM: Vor einigen Monaten haben wir gerade erst unseren sechsten Geburtstag gefeiert. Als typisches Start-up spielen bei uns neben den drei Gründern auch Investoren in der Finanzierung eine wichtige Rolle. So können wir unsere sehr dynamische Entwicklung mit einem robusten Wachstum nachhaltig gestalten.
Wie entstand die Gründungsidee und was sind besonderen Stärken des Gründungsteams?
MM: Als Gründer habe ich aus ganz persönlichen Antrieb einen Grundgedanken in Caspar Health eingebracht, nämlich den, die Rehabilitation auf digitaler Basis einerseits neu, nachhaltiger und effektiver zu gestalten, das aber andererseits eben nicht mit einem “green field”-Ansatz. Denn als langjährigem Geschäftsführer von klassischen Rehaeinrichtungen war mir immer klar, dass gerade im Gesundheitswesen die Anforderungen der Partnereinrichtungen und der Kostenträger eine wichtige Rolle spielen müssen. Außerdem waren mir aus der Praxis insbesondere die Probleme, die Rehakliniken mit der Nachsorge haben, sehr bewusst. Meine Co-Gründer hatten wiederum schon viel Start-up-Erfahrung, das hat sich sehr gut ergänzt. Unser inzwischen erweitertes Managementteam an der Spitze von Caspar Health hat entsprechend vielfältige Stärken, um ein Unternehmen, das den Start-up-Jahren entwächst – auch wenn sich vieles bei uns nach meinem Eindruck noch jung anfühlt – beim weiteren Wachstum zu begleiten.
Ist Caspar ein Experiment, das man irgendwann profitabel verkaufen möchte, oder ist es der Start von etwas Großem mit langfristiger Planung?
MM: Experiment? Nein, auf keinen Fall. Dazu steckte und steckt viel zu viel Herzblut in diesem Unternehmen. Und zur langfristigen Planung nur so viel: Unsere Vision ist es, dass Menschen jederzeit Zugang zur besten Rehabilitation haben sollten. Da bleibt noch viel zu tun!