„Wir werden mit KI Maschinen überwachen, steuern und das Verhalten von Robotern an die Umgebung anpassen“
Im Gespräch mit Frank Melzer, Festo und Tanja Krüger, Resolto Informatik
Kurz und bündig
Mit KI Maschinen überwachen, steuern und das Verhalten von Robotern an die Umgebung anpassen – das ist das Ziel der Festo Gruppe. Diesem Ziel diente auch die Übernahme von Resolto Informatik, wo man im Bereich der Cobotic eine stetig lernende Intelligenz direkt in der Maschine schaffen will, die eine echte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter ermöglicht.
Festo ist weltweit führend in der Automatisierungstechnik und Weltmarktführer in der technischen Aus- und Weiterbildung. Das unabhängige Familienunternehmen mit Sitz in Esslingen am Neckar hat sich unterdessen als Global Player aufgestellt. Das Kundenversprechen ist hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in der Fabrik- und Prozessautomatisierung. Damit steht heute das Thema Industrie 4.0 im Fokus mit Herausforderungen wie Maschine-zu- Maschine und Mensch-Maschine-Kommunikation. Festo setzt dabei zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI) und hat kürzlich mit Resolto Informatik entsprechendes Know-how dazugekauft. Darüber haben wir mit Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management von Festo und Tanja Krüger, der Gründerin und Geschäftsführerin von Resolto gesprochen.
IM+io: Herr Dr. Melzer, sie haben im April dieses Jahr die Resolto Informatik GmbH als Teil der Festo Gruppe übernommen. In der Pressemitteilung dazu war zu lesen, dass Sie so einen weiteren Schritt in Richtung Smart Factory gehen. Wo liegt der Mehrwert von Resolto für Festokunden?
FM: Festo war viele Jahre hauptsächlich Komponenten- Hersteller. In zukünftigen Maschinen- Konzepten werden Komponenten vernetzter und intelligenter, Systeme werden autonom. Wenn man das auf uns herunterbricht: Die Hardware wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Nach wie vor werden Dinge mit Aluminium bewegt. Aber die Bedeutung der Elektronik und Software nimmt stark zu. Künstliche Intelligenz ermöglicht neue Ansätze zur Datenanalytik und damit zur Produktivitätssteigerung. Das möchten wir unseren Kunden anbieten.
IM+io: Festo hat sich bereits vor dem Erwerb von Resolto Informatik mit KI als enabler für Prozessautomatisierung und Fabrikautomation beschäftigt…
FM: Resolto ist eine wertvolle Ergänzung, um unser Know-how im Bereich KI auszubauen. Das Unternehmen ist in diesem Bereich ganz vorne mit dabei und hat bereits serienreife Lösungen, die in der Industrie eingesetzt werden. Daraus können wir bei Festo wichtige Erkenntnisse ziehen und lernen. So können wir unsere Entwicklungen im Bereich KI stärken und beschleunigen. KI wird in der Zukun_ eine wesentliche Rolle in der industriellen Produktion spielen. Wir werden mit KI-Maschinen überwachen, steuern und das Verhalten von Robotern an die Umgebung anpassen. KI wird eine Kernkompetenz bei Festo werden.
IM+io: Resolto Informatik soll explizit nicht im Festo Konzern aufgehen, sondern als eigenständige Einheit weiter unter dem eigenen Namen firmieren. Was ist der Grund dafür?
FM: Wir behandeln Resolto weiterhin als stand-alone company. Wir wollen keine Firma mit 30 Mitarbeitern in einen Konzern unserer Größe mit all seinen Strukturen integrieren. Sie sollen ihre Agilität und Geschwindigkeit behalten. Außerdem verkauft Resolto unter anderem Software-Lizenzen und das ist keine Kernkompetenz von Festo. Aber sie können im Bereich Maschinen-Monitoring-Software viel, was wir noch nicht können. Und das bringt uns schnellen Fortschritt auf dem KI-Gebiet.
IM+io: Frau Krüger, warum hat sich Resolto Informatik ihrerseits dazu entschlossen, sich der Festo Gruppe anzuschließen? Wo sehen Sie den Gewinn für ihr Unternehmen?
TK: Resolto hat über die letzten sechs Jahre mit zahlreichen Partnern viel Geld, Fachwissen, Zeit und Herzblut in eine Industriesoftware mit Künstlicher Intelligenz investiert. Das Ergebnis ist ein Produkt, das mit großem Vorsprung derzeit einzigartig in der Welt ist und es verdient, einen internationalen Markt zu erreichen. Dafür brauchen wir als Informatiker und Mathematiker aber den ergänzenden, etablierten Industriepartner mit dem notwendigen Domänenwissen, seinem Marktzugang und auch der Investitionskraft. Mit Festo arbeitet Resolto seit zwei Jahren erfolgreich an gemeinsamen Projekten und es stimmte einfach alles, ganz besonders auch die Chemie zwischen den Teams auf beiden Seiten. Festo war es zudem wichtig, dass Resolto eigenständig bleibt. Technologie und Kompetenz werden weiterhin allen unseren Kunden zu Gute kommen – jetzt sogar mit noch mehr Innovationskraft und Stabilität. Das hat mir und meinen Kollegen bei Resolto gut gefallen.
IM+io: Die Entwicklungen im Bereich KI überschlagen sich förmlich, in welche Richtung soll die technologische Weiterentwicklung bei Resolto gehen?
TK: Unser Produkt ist auf Echtzeit-KI für den Industriesektor ausgelegt. Wir beherrschen also „on Edge“ eine immer höhere Komplexität, die nur durch die Leistungsfähigkeit der Hardware und die Kommunikationswege zwischen den Komponenten begrenzt wird. Diese Begrenzung wird sich in kommenden Jahren mehr und mehr au_ ösen und zwischen den Komponenten eine sehr leistungsstarke Schwarmintelligenz ermöglichen. So werden wir die Qualität in der Produktion immer mehr verbessern, Durchlaufzeiten verkürzen und die Verfügbarkeit von Maschinen optimieren. Im Bereich der Cobotic werden wir eine stetig lernende Intelligenz direkt in der Maschine schaffen, die eine echte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter ermöglicht, wie wir sie als Menschen von einem starken „Teampartner“ erwarten. Damit meine ich ergänzende Mehrwerte zu den Leistungen, die wir als Menschen gut können, während der Roboter selbständig erkennt, was ich brauche und was nicht. Ein Beispiel könnte das Bearbeiten kleiner Fertigungsaufträge sein, die aber vielleicht mehr Kraft, Geduld oder Präzision erfordern als ein Mensch sie aufbringen kann. Derzeit würde es sich nicht lohnen, solche Aufträge zu automatisieren. Durch selbstlernende, kooperative Roboter, also smarte Cobots, werden sie jedoch automatisierbar, parallelisierbar und lukrativ.