Ein Gastbeitrag von Jürgen Stackmann, Mitglied des Vorstands, Vertrieb, Marketing und After Sales, Volkswagen Pkw

Die digitale Transformation wird neben dem Modellportfolio auch den Vertrieb und das Marketing des Volkswagen entscheidend verändern. Dieser umfassende Wandel hat bereits begonnen. Bis 2025 investiert Volkswagen rund 3,5 Milliarden Euro in die digitale Transformation. Dabei wird ein klares Ziel und ein konkreter Plan verfolgt: Volkswagen wird vom reinen Automobilunternehmen zu einem führenden Anbieter in der neuen Mobilitätswelt. Der Automobilverkauf wird mit neuen Mehrwertdiensten im und außerhalb des Autos sowie mit Mobilitätsdienstleistungen rund um das Fahrzeug ergänzt, die erst mit der direkten Vernetzung des Fahrzeugs möglich werden. Zusätzlich wird das Portfolio um Produkte und Leistungen erweitert, die im Rahmen unserer Elektro-Offensive eine entscheidende Rolle spielen. Wir rechnen hier in den nächsten Jahren mit zusätzlichen Umsätzen in Milliardenhöhe. Um diese zu generieren, wird ein Ökosystem aufgebaut, in dem unsere Fahrzeuge, Kunden, Handel und wir als Hersteller miteinander vernetzt sind, in dem digitale, individuelle Angebote und Dienste in die Fahrzeuge oder auf die Smartphones und Tablets der Kunden gebracht und damit Teil ihrer Lebenswelt werden. Dafür bauen wir eine neue IT-Fahrzeugarchitektur und eine leistungsfähige IT-Infrastruktur, die das digitale Rückgrat unseres Ökosystems bildet und den Datenaustausch zwischen den verschiedenen Akteuren ermöglicht.

Um das Ziel schnell und ohne Umwege zu erreichen, haben wurde unsere eigene Softwarekompetenz und Expertise mit externen Partnern verstärkt. Es wurde eine strategische Partnerschaft mit Microsoft gegründet, um gemeinsam die Volkswagen Automotive Cloud zu entwickeln. Sie soll künftig alle digitalen Dienste und Mobilitätsangebote von Volkswagen beheimaten. Mit dem Einstieg des Volkswagen Konzerns beim deutschen Digital-Spezialisten diconium gibt es einen Technologiepartner an Bord, mit dem Volkswagen unter anderem eine personalisierbare Vertriebsplattform – ein digitales Einkaufszentrum – für alle Mehrwertdienste und Services der Zukunft bauen wird. Der dritte wichtige Technologiepartner ist WirelessCar. Mit dem Einstieg bei diesem schwedischen Unternehmen wird eine bewährte Technologie genutzt werden, um einen sicheren, barrierefreien und schnellen Datenaustausch zwischen den Betriebssystemen unserer Fahrzeuge und der Automotive Cloud zu gewährleisten. In diesem Jahr stellen wir unser erstes Fahrzeug vor, das auf unserem neuen Modularen Elektrischen Baukasten (MEB) basiert und Elektromobilität neu definieren wird. Der vollelektrische ID. wird zudem das erste Fahrzeug sein, das auf der neuen IT-Plattform basiert und damit auch unsere digitale Zukunft für die Kunden greifbar macht. Er wird vollvernetzt sein. Dann wird in ersten Ansätzen bei unseren Kunden praktisch erlebbar, was heute noch Theorie ist.

Die digitale Transformation wird unser Geschäft radikal verändern und eine Vielzahl neuer Geschäftsmöglichkeiten für uns als Hersteller und auch für unsere Händler schaffen. Mit dem neuen Geschäftsmodell wird unser traditionelles Kerngeschäft rund um den Autoverkauf mit Finanzierung, Wartung und Service um neue Dienste ergänzt, die mit direkter Vernetzung erst möglich werden. Durch die Konnektivität von Fahrzeug und Kunde wird die Zahl möglicher Touchpoints deutlich steigen. Eine entscheidende Veränderung wird für Volkswagen sein, dass wir als Hersteller zum ersten Mal direkt mit den Kunden in Kontakt treten. Der Kunde rückt ins Zentrum unseres Volkswagen Ökosystems. Er wird dank einer individuellen Kunden ID künftig identifizierbar, sobald er sich bei uns einloggt. Damit wird es möglich sein, ihn ganz individuell zu betreuen, über alle Touchpoints hinweg und rund um die Uhr.

Das wird unseren Kunden entscheidende Vorteile bringen. Bei den fahrzeugnahen Diensten (at my car) werden zum Beispiel so genannte „over the air“ Updates eine wichtige Rolle spielen. Die sind beim Smart Phone schon lange üblich und werden direkt vom OEM durchgeführt. Das können neue Software für das Navigationssystem oder andere Systeme im Fahrzeug sein. Weitere Dienste, wie Functions on Demand, sollen es dem Kunden ermöglichen, auch nachträglich Funktionen für sein Fahrzeug online zu erwerben und digital freischalten zu lassen.

Natürlich können so auch Angebote des digitalen Ökosystems Volkswagen We, das bereits erfolgreich gestartet ist, abgerufen werden. Das sind zum Beispiel We Park, We Deliver oder We Experience. Das sind die Dienste „around my car“. Und es gibt Angebote, die über das eigene Fahrzeug hinausgehen (intermodal), zum Beispiel We Share – das geplante Car Sharing Angebot von Volkswagen, das mit einer rein elektrischen Flotte im April 2019 in Berlin an den Start gehen wird. Allein in der Marke Volkswagen wollen wir weltweit fünf Millionen Kunden pro Jahr neu in unsere Mobilitätswelt bringen, die dann von den zahlreichen Angeboten unseres großen virtuellen Kaufhauses profitieren können. Entweder in ihren vollvernetzen Fahrzeugen, auf der neuen Volkswagen Website, die dann voll personalisierbar sein wird, oder über ihr Smartphone. Egal wo, egal wann. In der Perspektive wird natürlich auch unser traditionelles Kerngeschäft von diesen Entwicklungen profitieren. Das virtuelle Kaufhaus wird mittelfristig auch eine Abteilung für den Vertrieb von Fahrzeugen haben. Wir werden unser Online-Geschäft ausbauen und uns als Hersteller auch die Möglichkeit vorbehalten, in den Direktvertrieb von Fahrzeugen zu gehen – natürlich immer in Abstimmung und unter Einbeziehung unserer Handelspartner.

Wir arbeiten ständig an neuen Ideen, um unser „Warenangebot“ zu erweitern. Neben der Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten spielt dabei auch die Stärkung der Bindung unserer Kunden an die Marke eine ganz wichtige Rolle. Je attraktiver das Kaufhaus, desto häufiger die Kundenbesuche. Gerade im Bereich E-Mobilität und Green Energy Solutions sehen wir noch großes Potential, unseren Kunden Angebote zu unterbreiten, die es ihnen möglich machen, ihren persönlichen CO2-Footprint zu reduzieren. Deshalb wurde eine eigene Tochtergesellschaft für Energie-Angebote und Lade-Lösungen gegründet, die für die Marken des Konzerns Produkte und Dienstleistungen rund um die Themen Energie und Laden entwickeln wird. Ziel ist, auch Kunden außerhalb des Konzerns grünen, zu 100 Prozent CO2-freien Strom aus erneuerbaren Quellen anzubieten. Das Unternehmen heißt Elli und steht für Electric Life, weil wir einen Lebensstil ermöglichen wollen, der das E-Auto vollständig in den Alltag integriert – vergleichbar mit der heute selbstverständlichen Nutzung eines „Smartphones.”

Gerade die nächsten zwei Jahre sind mit Innovationen gekennzeichnet für das Unternehmen Volkswagen. Fahrzeug, Kunde und unser Handel werden zukünftig vollvernetzt sein, so dass ein nahtloses Kundenerlebnis entsteht. Für den ID. werden wir als Marke voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019 erstmalig das Thema Pre-Booking in Angriff nehmen, das ist der Startschuss bei Volkswagen für das Thema e-Commerce. Volkswagen wird mit der konsequenten Umsetzung seiner Digitalisierungs- und Elektrifizierungsstrategie zu „New Volkswagen“ und die Zukunft wird spannend bleiben.