„Das Ende der CeBIT zum Neuaufbruch bei der Hannover Messe Industrie nutzen“
Ein Kommentar von August-Wilhelm Scheer zur Rückführung der CeBIT in die HMI
Ich habe an allen CeBIT Messen als Austeller teilgenommen. Schon bei der Lösung der CeBIT aus der Hannover Messe Industrie im Jahr 1986 war ich mit einem eigenen Stand der damals noch kleinen IDS Scheer vertreten. Für mich war die zunehmende Größe des Ausstellungsstandes immer ein Zeichen für unsere Wachstumsstory.
Als ich 2007 Präsident des Branchenverbandes Bitkom wurde, wurde ich automatisch Mitglied des Aufsichtsrates der deutschen Messe AG und hatte damit auch einen internen Einblick in die Gestaltung der CeBIT – einen Einblick der mich besorgt stimmte und zum Mahner werden ließ für eine rechtzeitige Neuausrichtung der damals noch international als IT Leitmesse wahrgenommenen Veranstaltung. Ich war der Meinung, dazu müsse man auch die politische Einflussnahme auf die Messegremien überdenken und die unternehmerische Umsetzungskompetenz stärken.
Es gab schon früh Anzeichen für das inhaltliche Siechtum der CeBIT, die von maximalen 850.000 auf zuletzt 150.000 Besucher geschrumpft war. Die Messe verlor ein Thema nach dem anderen. Die Telekommunikation wanderte nach Barcelona, die Consumer Electronics nach Las Vegas, die Funkausstellung punktet in Berlin und die aufkommende Spieleszene etablierte sich bei der Gamescom in Köln, um nur einige Beispiele zu nennen. Vergeblich wartete man auf eine neue Vision für die CeBIT, um die verlorenen Gebiete wieder zurückzugewinnen. Auch der Versuch, 2018 der CeBIT ein völlig neues Konzept zu geben, scheiterte, nicht zuletzt, weil er zu spät kam.
Deutschland hat unstreitig mit der CeBIT eine strategische Plattform verloren. Wir haben uns öffentlich gegenüber der Welt als bedeutender Anbieter auf dem Gebiet der Digitalisierung geschwächt. 2019 ist die CeBIT wieder an ihrem Anfang angelangt. Sie wird erneut in die Hannover Messe Industrie eingegliedert, von der sie sich einstmals mit großer Strahlkraft emanzipiert hatte. Richtet man einen positiven Blick nach vorne, ist die neue, gezielt um die Digital Factory in den Hallen sechs und sieben erweiterte, HMI sehr zu begrüßen. Die Digitalisierung der Industrie ist für Deutschland besonders wichtig, und hier haben wir als Ingenieurland mit modernem, leistungsfähigen Maschinen- und Anlagenbau auch noch die Chance, die Rolle eines Top-Players auszubauen.
Innovationen in der Industrie sind heute vorrangig durch neue Entwicklungen in der Digitalisierung getriggert. IT und Produktion wachsen zusammen und können zur neuen Erfolgsstory werden. Mit dem Leitthema „Integrated Industry – Industrial Intelligence“ setzt die HMI 2019 dazu ein Ausrufezeichen: KI-Systeme generieren Wissen und können auf Basis von Daten und Algorithmen Betriebszustände fortlaufend optimieren oder Fehler und Störungen sicher voraussagen – in Produktionsprozessen, im Stromnetz oder in der Logistik. Die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Daten entsteht über gemeinsame Plattformen, auf denen sie ihr Wissen austauschen und vermehren. Die Messe unterstreicht mit ihrem Leitthema die zunehmende Bedeutung von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in Industrie und Wirtschaft. Der Fokus richtet sich auf autonome Produktionsprozesse, aber auch auf Herausforderungen im Hinblick auf Schnittstellen, Protokolle und Sicherheit. Es liegt nun an ambitionierten IT Unternehmen wie denen der Scheer Gruppe, gezielt die Chancen der HMI zu nutzen, um Besuchern und damit potenziellen Kunden echten Mehrwert für ihre Unternehmen zu präsentieren und aus dem Dialog mit Ausstellern, Besuchern, Politik und Verbänden neue Impulse für weitere marktnahe Entwicklungen zu gewinnen!