Neulich im OP: Skalpell, Klemme, KI
Der Weg zum Smart Hospital
im Gespräch mit Christian Bauer, Knappschaft Kliniken Verbund GmbH
(Titelbild © AdobeStock | 283951880 | Yingyaipumi)
Kurz & Bündig
Sicherheit und Verlässlichkeit sind ganz wichtige Themen, wenn es bei den Knappschaftskliniken um die Digitalisierung geht. Das gilt zum Beispiel für den Einsatz von Robotik und KI. Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium sind die Bedürfnisse der Menschen – jener im medizinischen Betrieb und jener, die als Patienten Heilung suchen.
Die digitale Transformation hat unterdessen das Gesundheitswesen und damit auch die Krankenhäuser mit großer Wucht erreicht. Damit einher geht auch ein umfassender Lernprozess, denn sollen die neuen digitalen Möglichkeiten ihr Potenzial entfalten, sind neue Prozesse, Fähigkeiten und Gestaltungswille erforderlich. Wie kann und muss dieser Digitalisierungsprozess an den Bedürfnissen der Menschen – jenen im medizinischen Betrieb einerseits und den Patienten andererseits – ausgerichtet werden, damit er erfolgreich ist? Wo liegen die Notwendigkeiten und Chancen für ein ‚Smart Hospital’? Darüber und wie man die digitale Zukunft im Verbund der Knappschaft Kliniken konkret gestaltet, haben wir mit dem Geschäftsführer der Knappschaft Kliniken Service GmbH, Christian Bauer, der unter anderem die Bereiche IT, Digitalisierung und KI verantwortet, gesprochen.
Herr Bauer, Pflegenotstand und Ärztemangel sind häufig angebrachte Argumente für die Digitalisierung in Kliniken. Besonders administrative Prozesse stehen dabei im Fokus. Wie kann es hier zu umfassenden Entlastungen kommen?
CB: Grundsätzlich haben wir die Thematik, dass die Dokumentationspflichten ständig steigen, auch und gerade durch das Medizinischer Dienst der Krankenkassenreformgesetz. Hier sind Lösungen gefragt. Hinzu kommt, dass die Kolleginnen und Kollegen auch erwarten, dass sie im beruflichen Alltag genauso smarte Lösungen verwenden können, wie sie das im Privatleben tun, also Tablets und Smartphones nutzen. Wir haben dazu verschiedene Maßnahmen ergriffen, die wir zum Teil auch schon umgesetzt haben. Um hier nur ein Beispiel zu nennen: In der Pflege setzen wir sogenannte Vitaldatenmonitore ein. Das sind Geräte auf einem kleinen Wagen mit Batterie und W-LAN und einer Manschette, die den Patienten umgelegt wird. Das Gerät misst dann vollautomatisch verschiedene Vitalparameter. Das Pflegepersonal muss nur die Personalnummer und die Patientennummer einscannen, dann werden alle Daten automatisch digital in die Patientenakte eingetragen. Das spart Aufwand und Zeit, die die Pflegekraft tatsächlich für die Ansprache des Patienten verwenden kann. Das kommt sehr gut bei unseren Pflegenden an und wurde sofort von allen als IT-Innovation akzeptiert.
Wir haben mit der Telekom als unserem Anbieter für unser Krankenhausinformationssystem seit zehn Jahren eine Entwicklungspartnerschaft für eine native App für Mobiltelefone und Tablets, über die wir den gesamten Prozess der Dokumentation im Krankenhaus mobilisiert haben. Viele Ärztinnen und Ärzte haben ihr Tablet immer dabei und digitalisieren damit den gesamten Prozess der Führung der Patientenakte, das Gleiche gilt für die Pflegekräfte. Dieses Ziel haben wir seit vielen Jahren auf der Agenda, und in unserem Kliniken-Verbund sind bereits weit über 3.000 Endgeräte dafür zur Verfügung gestellt. Wir haben auch den gesamten Medikationsprozess über diese App digitalisiert. Der Arzt kann am PC, am Smartphone oder am Tablet Medikationen anordnen, ändern, absetzen und auch freigeben. Wir setzen in allen Kliniken das gleiche Krankenhausinformationssystem, ein und das zahlt sich aus, wenn es um Effizienz und Transparenz bei den verschiedenen Digitalisierungsschritten geht.
Die Digitalisierung hat auch die originäre Verwaltung, also das Backoffice, erreicht: Da führen wir gerade eine digitale Unterschriftlösung, für alle Verträge und auch jene Dokumente ein, die Patienten bei uns unterschreiben müssen. Dafür stellen wir Tablets zur Verfügung. Die Übertragung in die Patientenakte geschieht automatisch über diese Lösung. Insgesamt geht es darum, künftig den gesamten Aufnahmeprozess eines Patienten zu automatisieren. Das kann dann ähnlich wie am Flughafen beim automatischen Check-in funktionieren. Wir sparen damit riesige Mengen Papier und natürlich auch Aufwand. Dokumente müssen nach der Unterschrift nicht mehr abgeheftet und eingescannt werden. Patienten können zudem schon, bevor sie zu uns kommen, zum Beispiel Aufklärungsbögen ausfüllen und unterschreiben, auch da erwarten wir für uns eine große Erleichterung. Diese Schritte sind umso wichtiger, weil das Krankenhauszukunftsgesetz ja funktionierende Patientenportale vorsieht, wir wollen da gezielt vorangehen.
Welche Möglichkeiten bietet der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data in medizinischen Bereichen?
CB: Wir beschäftigen uns gerade in mehreren Projekten mit sogenannten Dokumentationsassistenten. Auch hier ein Beispiel: Ein Patient ist in der Notaufnahme, der Arzt behandelt ihn und spricht mit seinem Computer wie mit einer Alexa oder Siri. Ihm wird das, was er dort hineinspricht, als Dokumentationsvorschlag angezeigt, sodass er dann nur noch auf ‚ok‘ drücken muss, und dann ist die Akte befüllt. Genauso haben wir in diesen Forschungsprojekten die Idee, dass künftig ein System verstehen können soll, wenn der Arzt sagt: „Hier ist ein Laborauftrag für ein großes Blutbild“ und dass das System den Auftrag dann auch fehlerfrei umsetzt. Das sind bis jetzt nur Ideen, an denen wir arbeiten. Das Thema KI und Big Data wird auf jeden Fall im Bereich Forschung und Lehre eine große Rolle spielen.
Ähnliches gilt für den Bereich der Entscheidungsunterstützung. Eines unserer Häuser gehört zur Ruhr-Universität Bochum, und über diese sind wir Mitglied in der Medizininformatik-Initiative des Bundes. Darüber wollen wir jetzt eine App pilotieren, die durch KI ermittelte Daten vorschlagen kann, dass bestimmte Medikationen gegeben werden sollten, beziehungsweise anzeigt, wie wahrscheinlich eine Sepsis bei einem Patienten ist. Wir verfügen dafür über verschiedene durch KI ermittelte Indikatoren. Jetzt untersuchen wir gemeinsam mit den anderen Teilnehmern des Forschungsprojektes, ob man mithilfe dieser Indikatoren bei vielen Patienten eine Sepsis verhindern kann. Das ist für mich ein wunderbares Beispiel für die Entscheidungsunterstützung im medizinisch-pflegerischen Bereich.
Es gibt auch schon sehr konkrete Einsatzszenarien für KI: radiologische Studien belegen, dass man über KI unkritische Befunde ausfiltern kann oder dass man auf besonders kritische Befunde hingewiesen wird und schon mal die Stellen markiert vorfindet, auf die man speziell das Augenmerk richten sollte. Das sind die ersten Bereiche, für die wir jetzt bereits Softwareprodukte bekommen. Teile der KI werden an der Ruhr-Universität oder anderen Forschungseinrichtungen trainiert, andere sind schon vortrainiert. Wir arbeiten in diesem Bereich unter anderem mit der Firma Visus zusammen. Diese ist auf uns zugekommen und hat bereits mit der Ruhr-Universität Bochum einen Algorithmus entwickelt, der unkritische Befunde aussortiert. In diesem Kontext sind wir jetzt mit mehreren unserer Kliniken in ein Projekt integriert und testen, ob das auch tatsächlich verlässlich funktioniert. Wir sind aber auch dabei, ein eigenes KI-Zentrum an unserer eigenen Klinik in Bochum aufzubauen. Dort möchten wir uns mit den Möglichkeiten der KI ganz konkret für unseren Klinikverbund befassen. Allerdings stehen wir damit noch ganz am Anfang. Das kostet alles sehr viel Geld, und wir brauchen dafür auch Fördermittel über die Ruhr-Universität Bochum. Aber ich bin überzeugt davon, dass sich der Aufwand lohnt, wir kratzen da erst an der Oberfläche. Ich sehe hier noch viele ungeahnte Möglichkeiten. Wir profitieren bei solchen innovativen Projekten natürlich davon, dass wir als Klinikverbund agieren können, in einer einzelnen Klinik könnte man diesen Aufwand wahrscheinlich nicht stemmen.
Welchen Chancen und auch Risiken bietet die Robotik im Klinikalltag?
CB: Wir haben in unseren verschiedenen Kliniken in Teilen schon Robotiksysteme im Einsatz. Dazu gibt es unterschiedliche Haltungen – mancher ist noch sehr skeptisch und sieht vorrangig die hohen Investitionen. Andere sehen die Chancen und finden den Einsatz ungeheuer spannend. Robotik, das sind Systeme, die von einem Menschen bedient werden. Marktführend und weitgehend einzigartig sind OP-Roboter mit dem Namen da Vinci. Dieser Roboter hat vier Arme mit verschiedenen Werkzeugen, die durch kleine Schnitte in den Körper des Patienten eingeführt werden. Der Arzt sitzt am Bedienpult mit einer 3D-Brille, kann den Bildausschnitt vergrößern und bewegt so die Arme präzise im OP-Umfeld, um so die OP durchzuführen.
Ich bin der Meinung, dass wir damit viele Patientenbehandlungen sehr schonend durchführen können und ich glaube auch, dass wir nach einer entsprechenden Einarbeitung eine sehr hohe Qualität erzielen. Das Wichtige ist für mich, dass man in vielen Fällen auf eine offene OP mit all ihren Risiken und längerer Heilungsdauer verzichten kann, wenn man auf Robotik setzt. Dabei ist ganz unstreitig, dass der Erfolg von Robotik assistierten OPs in ganz hohem Maße von der Qualität der Einarbeitung des Arztes abhängt. Man muss auch konzedieren, dass beim Robotik-Einsatz die Operationszeit länger wird und damit auch die Anästhesie. Aber am Ende sind die Wundheilung besser und die Nachsorge kürzer, weil das Operationsfeld nicht so groß ist. Dadurch ist auch die Verweildauer der Patienten deutlich reduziert. Damit kommen wir auch zum Thema Gesamtkostenbetrachtung: Die OP-Kosten sind beim Robotikeinsatz extrem höher, weil zum einen die Robotikysteme äußerst kostenspielig sind und auch die Verbrauchsmaterialen viel teurer sind als im klassischen Setting. Zudem sind die OP-Zeiten deutlich länger. Studien zur Gesamtkostenbetrachtung laufen derzeit – dabei geht es dann auch um Kostenfaktoren wie den Nachsorgeaufwand für den entsprechend verkürzten Aufenthalt in der Klinik – hier kann bei der Robotik assistierten OP sehr viel eingespart werden.
Im Knappschaftsklinikum Saar arbeitet man aktuell mit dem Fraunhofer-Institut zusammen, um Pflegeroboter im Einsatz zu testen. Im Projekt HoLLiECares soll der HoLLiE-Serviceroboter zu einem multifunktionalen Pflegeroboter weiterentwickelt werden. Pflegekräfte sollen so in Zukunft entlastet werden. Wie muss man sich hier die Einsatzszenarien vorstellen? Besteht nicht die Gefahr der Entmenschlichung der Pflege?
CB: Ich kann die Sorge gut verstehen. Man muss sich hier aber genau ansehen, wo und wie HoLLiE eingesetzt wird. Da gibt es mehrere Aspekte, jene, wo Patienteninteraktion enthalten ist und andere ohne Patienteninteraktion. Wenn man sich die zweite Variante ansieht, da geht es um den Transport von medizinischer Ausstattung oder Pflegeutensilien, die angereicht werden. HoLLiE kann hilfreich bei der gesamten Prozessdokumentation zur Seite stehen. Es geht um Nebentätigkeiten, die gar nichts mit dem Patienten zu tun haben. Hier profitiert jede Pflegekraft, weil sie entlastet wird.
Was HoLLiE aber auch kann, ist eben die Patientenbegleitung. Einen Patienten zur Radiologie bringen, ihn nach seinen Essenswünschen fragen und die Bestellung aufnehmen, um ein paar Beispiele zu nennen. Ich weiß auch noch nicht, ob das für mich wünschenswert wäre, so von einem Roboter begleitet zu werden, zum Beispiel, dass mich ein Roboter an den Arm nimmt und durchs Haus führt. Auf der anderen Seite, wenn die Pflege dadurch entlastet wird, und das ist ja der Zweck, dann erreiche ich, dass viel mehr Zeit für den Patienten geschaffen wird. Ich denke, wir müssen uns das jetzt erst mal anschauen und grundsätzlich offen sein. Dabei gibt es viel Diskussionspotenzial: Was passiert zum Beispiel, wenn der Patient, der beim Roboter eingehängt läuft, bewusstlos wird? Vielleicht liegt der Erfolg am Ende in der Mensch-Roboter-Kooperation: Man kann sich gut vorstellen, dass ein Roboter und eine Pflegekraft gemeinsam den Patienten zur OP bringen, wozu vorher zwei Pflegekräfte gebraucht wurden. Damit wäre auch die menschliche Ansprache sichergestellt. Ich glaube durchaus, dass wir noch erleben werden, dass wir durch solche Gerätschaften unterstützt werden.
Seit vielen Jahren wird in Deutschland um die Einführung einer elektronischen Patientenakte (ePA) gerungen, immer wieder ausgebremst durch Datenschutzargumente. Welche Vorteile ergeben sich zum Beispiel für Ihren Klinikverbund durch eine solche ePA?
CB: Das Thema bewegt uns seit 2002, seit 2005 beschäftigen wir uns bei der Knappschaft damit. Wenn man das zunächst ganz theoretisch betrachtet, dann bringt uns die ePA inhaltlich sehr viel – vorausgesetzt, dass man sich auf die Daten verlassen kann, die dort enthalten sind. Man muss sich vor Augen halten, wie umfänglich eine ganze Lebensakte wäre – mit allen Dokumenten, von Geburt an. Wenn nun der behandelnde Arzt in einer unserer Kliniken darauf zugreifen könnte, zum Beispiel auf Röntgenaufnahmen, MRTs und Ähnliches, das wäre grundsätzlich schon hilfreich. Aber da kommen wir auch schon zu den Problempunkten. Einer davon ist der Information Overflow. Wenn ein Arzt tatsächlich eine ganze Lebensakte eines Menschen durchsehen müsste, damit er seiner Anamnesepflicht nachkommt, dann wäre das natürlich so nicht leistbar. Es muss daher ganz klare gesetzliche Richtlinien geben, die sicherstellen, dass die Akten ohne dieses unüberschaubare Risiko, etwa einen Befund von vor 30 Jahren nicht gelesen zu haben und damit haftbar gemacht zu werden, genutzt werden können. Man muss darüber nachdenken, ob es sinnvoll wäre, eine von einem Arzt geführte ePA zum Standard zu machen. Dort würde ein Arzt dafür vergütet, dass er diese Akte sinnvoll betreut und kategorisiert. Es geht um strukturierte Daten, die für den akut behandelnden Arzt gut einsehbar und nutzbar sind. Dann wäre eine ePA wirklich sehr wertvoll, Doppeluntersuchungen, Doppelmedikationen oder kontraindizierte Medikationen könnten so verhindert werden. Das mindert in erster Linie Risiken für Patienten und ist aber auch für ein Krankenhaus wirtschaftlich interessant.
Wichtige Aspekte sind auch Forschung und Lehre, es würde einen bedeutenden Fortschritt darstellen, wenn man dort auf diesen breiten Schatz anonymisierter Daten zurückgreifen könnte. Im Kleinen, bei uns im Klinikverbund, führen wir natürlich schon solche digitalen Patientenakten. Wir dokumentieren Medikamente, Laborwerte und Ähnliches in strukturierter Form und nicht als Freitext. So können die Patientenakten natürlich perfekt genutzt werden. Diese Akten können wir dann auch für die Forschung nutzen, etwa um KI-Algorithmen zu entwickeln. Da erhalten wir auch durch das Krankenhauszukunftsgesetz mit seinen Fördermitteln einen echten Schub. Ich sehe sehr viele Vorteile durch eine vernünftig strukturierte ePA. Ich glaube, dass man damit sehr viel erreichen kann. Es geht also darum, wie eine solche Akte aufgebaut und gepflegt wird. Dabei bin ich ein Verfechter des Datenschutzes. Wir brauchen sichere Lösungen. Man muss ideologische Fronten auflösen und die Möglichkeiten betrachten. Am besten wäre es, dass Patienten der Datennutzung und -speicherung nicht explizit zustimmen müssten, sondern diese gezielt ablehnen müssten, wenn sie dagegen sind. Das würde den Gesamtprozess beschleunigen und die Datenverfügbarkeit erhöhen. Eine vernünftige ePA bietet einen phantastischen Datensatz, um die Gesundheit der Patienten zu verbessern.
Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen bei der digitalen Transformation – in Sonderheit mit Blick auf die Sicherheit und Verlässlichkeit der Systeme. Ein IT-Absturz mitten in einer OP ist da ganz sicher ein Albtraumszenario?
CB: Sicherheit und Verlässlichkeit sind ganz wichtige Themen! Wir als Verbund haben daher, wie bereits erwähnt, die ganze IT über alle Gesellschaften vereinheitlicht. Es gibt keine einzelnen IT-Abteilungen mehr, die könnten Absturzsicherheit, Virenschutz und alles, was daran hängt, nicht garantieren. Wir haben ein IT-Sicherheitsteam, das sich für den ganzen Verbund darum kümmert. Wir halten unsere Geräte immer auf dem aktuellen Stand. Das bedeutet ständig enorme Investitionen. Wenn man sich an so ein Robotersystem setzt, muss sichergestellt sein, dass da gefühlte 1.000 Re-
dundanzen drin sind, damit das System nicht plötzlich ausfällt. Das System muss auch abgeschottet sein, damit sich nicht jemand von außen einwählt, es geht also nicht nur um Absturz. Das alles sind Grundvoraussetzungen für die Arbeit als Smart Hospital. Alle Anwenderinnen und Anwender müssen auch verstehen, wie sicherheitssensitiv die Systeme sind, was es bedeutet, wenn sich jemand durch die digitale Hintertür Zugang verschafft. Ich spreche von Social Phishing und Hacking in jeder Form. Eine besondere Herausforderung liegt auch darin, dass wir ja unsere Systeme bis zu einem gewissen Grad öffnen müssen, zum Beispiel um Daten mit einem behandelnden Arzt auszutauschen. Oder wenn ein Spezialist aus den USA bei einer OP zugeschaltet wird, um mit seinem Rat mitzuwirken.
Sicherheit fängt bei den Systemen an, diese sind unterschiedlich sicher und damit auch unterschiedlich teuer. Hier darf man nicht an der falschen Ecke sparen. Es müssen hohe Standardkriterien gesetzt werden. Wir sind auf einem guten Weg, aber der ist sehr teuer. Ich bin dennoch überzeugt, dass man ohne hochwertige und umfassende Sicherheitsmaßnahmen mit der digitalen Transformation gar nicht erst anfangen darf. Bei uns geht es um Patienten, die ihr Leben verlieren könnten, wenn die Technik nicht zu 100 Prozent sicher funktioniert.
In diesem Kontext liegt mir ein Punkt sehr stark am Herzen: Im Krankenhauszukunftsgesetz sind 4,3 Milliarden Euro an Fördermitteln vorgesehen, die an die Kliniken ausgeschüttet werden. In jedem IT-Projekt rechnen wir mit 20 Prozent der initialen Kosten als Folgekosten. Das bedeutet, bei 4,3 Milliarden Euro entstehen Folgekosten von 800 Millionen Euro bis einer Milliarde Euro jährlich. Das Krankenhaus braucht also nicht nur einmalige Fördersummen, die Förderung muss vielmehr verstetigt werden, sonst können die Kliniken die Folgelasten gar nicht tragen. Das muss man verstehen, wenn man neue Technologien einführt. Ich finde das Krankenhauszukunftsgesetz phantastisch, aber man muss auch die Zeit nach der dreijährigen Förderung sehen. Die Förderung muss vom Gesetzgeber auf lange Sicht angelegt werden, sonst steht auch die Sicherheit auf dem Spiel und damit der gesamte Erfolg. Wir investieren neben den Fördermitteln ja auch Eigenmittel, da kalkulieren wir natürlich von vorneherein die Folgekosten ein. Allein die Einführung der digitalen Akte kostet uns jedes Jahr 1.000 mobile Endgeräte und Softwarewartungskosten. Aber der Mehrwert der Digitalisierung ist uns die Investition wert. und das ist ungeheuer spannend.