Breaking Bread:
Daten als Hauptzutat in der Gastronomie
Thomas Primus, FoodNotify GmbH

(Titelbild: © Redaktionell erstellt mit ChatGPT )
Kurz und Bündig
Digitale Systeme verbinden in der Gastronomie alle Bereiche der Lieferkette: Sie erfassen Lagerbestände, Bestellungen und Umsätze in Echtzeit, machen Trends sichtbar und warnen bei Engpässen. Automatisierte Bestellvorschläge, digitale Rezeptverwaltung und Echtzeit-Analysen helfen, Kosten und Lebensmittelverschwendung zu senken, Audits einfacher zu gestalten und gesetzliche Vorgaben rund um Nachhaltigkeit einzuhalten.
Zwischen Kasse, Küche und Lager treffen täglich neue Herausforderungen und Datenmengen aufeinander. Wer im Tagesgeschäft nicht den Überblick verlieren will, braucht mehr als Bauchgefühl – gefragt sind präzise Informationen, die sofort nutzbar sind. Welche digitalen Werkzeuge helfen dabei, Transparenz zu schaffen, Prozesse zu vereinfachen und auch in Sachen Nachhaltigkeit die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Ob Lagerbestände, Liefertermine, Rezeptkalkulationen oder Tagesumsätze – in der Gastronomie prasseln täglich unzählige Daten auf die Betriebe ein. Für viele fühlt es sich an, als würden sie mit zu vielen Bällen jonglieren. Zwischen Warenanlieferung, Küche, Kasse und Gästen droht der Überblick schnell zu verschwinden. Doch genau in diesen Daten steckt der Schlüssel, um das tägliche Chaos zu entwirren und daraus Klarheit zu gewinnen. Dabei ist jeder Bereich in der Lieferkette eng mit dem nächsten verknüpft. Werden Daten nicht sauber erfasst und verbunden, entstehen schnell Medienbrüche, doppelte Arbeit und unnötige Fehler – mit weitreichenden Folgen für Kosten, Qualität und Transparenz.
Erst wenn alle Informationen aus der Lieferkette systematisch gesammelt, vernetzt und ausgewertet werden, können sie ihr volles Potenzial entfalten. Dadurch lassen sich Ressourcen gezielter steuern, Kosten und Lebensmittelverschwendung reduzieren sowie gesetzliche Vorgaben und steigende Nachhaltigkeitserwartungen zuverlässiger erfüllen. Digitale Systeme sind ein richtungsweisender Kompass im Küchentrubel. Sie bringen Ordnung ins operative Durcheinander und entpuppen sich damit als großer Vorteil in einem immer härter umkämpften Markt.
Warenwirtschaft: Echtzeit statt Excel
Von frischen Zutaten über Getränke bis hin zum Verpackungsmaterial: In der Gastronomie muss alles täglich zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am richtigen Ort sein. Schon kleine Fehler bei der Beschaffung oder Lagerhaltung können dazu führen, dass zu viel Kapital gebunden wird und Lebensmittel verderben, bevor sie auf den Tellern landen. Das belastet nicht nur die Bilanz, sondern auch die Nerven der Gastronom:innen im Tagesgeschäft.
Genau hier sind digitale ERP-Systeme gefragt. ERP steht für „Enterprise Resource Planning“ und bezeichnet umfassende Softwarelösungen, die alle zentralen Geschäftsprozesse eines Unternehmens – von der Beschaffung über die Lagerhaltung bis hin zur Buchhaltung – in einem System zusammenführen. Denn sie erfassen Bestände, Verbräuche und Mindestmengen in Echtzeit und machen Engpässe und Überbestände deutlich sichtbar. Wer ein solches System nutzt, behält im stressigen Alltag den Überblick und kann fundierte Entscheidungen treffen, anstatt sich nur auf sein Bauchgefühl zu verlassen. In der Praxis setzen Unternehmen wie L’Osteria bereits auf Plattformen wie FoodNotify, um Beschaffung, Lager und weitere Prozesse digital zu steuern.
Zusätzliche Funktionen wie automatisierte Bestellvorschläge, digitale Inventuren und Warnungen bei niedrigen Beständen verringern den Verwaltungsaufwand weiter. Gleichzeitig schaffen sie mehr Freiraum im Tagesgeschäft und nehmen den Druck aus typischen Engpasssituationen.
Weniger Engpässe, weniger Food Waste und mehr Rückverfolgbarkeit: Digitale Warenwirtschaft macht Betriebe zukunftssicher
ERP-Systeme werden auch in Zukunft immer wichtiger. Historische Daten lassen sich mithilfe dieser Systeme strukturiert auswerten. So lassen sich wichtige Trends aufzeigen, die für die Beschaffung genutzt werden können.
Vor allem Predictive-Analytics-Ansätze helfen dabei, saisonale Schwankungen und externe Einflussfaktoren wie das Wetter oder Veranstaltungen zu berücksichtigen. Zeigt die Wetter-App Sonne oder steht ein Konzert in der Nähe an, schlagen die Systeme Alarm: Es muss mehr eingeplant werden. So können Gastronom:innen ihre Bestellmengen entsprechend anpassen. Auf diese Weise vermeiden sie nicht nur unnötige Kosten, sondern auch volle Mülltonnen am nächsten Tag.
Wenn Wirtschaftlichkeit auf den Teller trifft
Neben der Warenwirtschaft ist auch das digitale Rezeptmanagement ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, Lieferketten besser zu steuern. In der Hektik des Tagesgeschäfts bleibt nämlich kaum Zeit für manuelle Kalkulationen übrig. Und doch muss jeder Teller, der auf dem Tisch landet, wirtschaftlich stimmen.
Digitale Tools helfen dabei, Gerichte präzise und ressourcenschonend zu kalkulieren – von der Portionsgröße bis zu aktuellen Einkaufspreisen. So wird verhindert, dass aus jedem Gericht eine stille Kostenfalle entsteht, die unbemerkt mitserviert wird.
Um Wareneinsätze und Deckungsbeiträge an jedem Standort transparent nachvollziehen zu können, sind standardisierte Rezepturen erforderlich. Ändern sich Preise oder Portionsgrößen, passt die Kalkulation das automatisch an. Gastronomiebetriebe können dadurch flexibel auf Knopfdruck reagieren und ihre Preise oder Mengen anpassen, statt dies ad hoc und auf Zuruf zu tun. Das kann sich insbesondere in Zeiten hoher wirtschaftlicher Unsicherheit als nützlich erweisen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die digitale Rezeptverwaltung exakte Bedarfswerte liefert und in der Küche dabei hilft, Überproduktion und Lebensmittelverschwendung wirksam zu vermeiden. Viele Systeme zeigen außerdem automatisch Nährwerte, Allergene oder sogar CO2-Emissionen an. Das sorgt nicht nur für mehr Transparenz gegenüber den Gästen, sondern unterstützt auch dabei, ökologische Ziele und gesetzliche Vorgaben einzuhalten.
Diese Prozesse werden zukünftig sogar noch effizienter. Mithilfe von KI werden historische Verbrauchsdaten und Lieferverfügbarkeiten analysiert, um Rezepturen automatisch an Marktbedingungen oder saisonale Schwankungen anzupassen. KI kann auch neue Rezepte oder alternative Zutaten vorschlagen, die Kosten, Verfügbarkeit und Gästebedürfnisse optimal verbinden.
Das Ziel ist klar: Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit müssen in Einklang gebracht werden. Und das unter Berücksichtigung der Erwartungen der Gäste.
Aus Daten Mehrwert schaffen
Digitale Beschaffung, Lagerhaltung und Rezeptmanagement sorgen in Gastronomiebetrieben täglich für eine Fülle an Daten. Doch wie lassen sich nun all diese Informationen so nutzen, dass sie wirklich dabei helfen, die Lieferkette effizienter und nachhaltiger zu gestalten?
Wer Daten nur sammelt, aber nicht nutzt, lässt wertvolles Potenzial liegen. Moderne Systeme führen Informationen aus den Kernbereichen nahtlos und strukturiert zusammen. Wenn Sie wissen möchten, ob der Mozzarella noch bis Sonntag reicht, werfen Sie einfach einen Blick auf das Dashboard, statt sich blind auf Ihr Bauchgefühl zu verlassen. Gastronom:innen können tagesaktuell einsehen, welche Mengen auf Lager sind und wie lange diese wirklich reichen. Drohen Abweichungen, zeigen die Systeme das frühzeitig an – noch bevor der Mozzarella ausgeht oder unnötig nachbestellt wird.
Gerade bei den Themen Nachhaltigkeit und gesetzliche Anforderungen spielen solche Analysen eine wichtige Rolle. Beispielsweise sind weltweit 8 bis 10 Prozent der Treibhausgasemissionen auf Lebensmittelverluste entlang der Lieferkette zurückzuführen [1]. Um dem bewusst entgegenzuwirken, können digitale Auswertungen und präzise Bedarfskalkulationen genutzt werden, um den eigenen CO2-Fußabdruck sichtbar zu machen, Lieferanten bewusster auszuwählen und Food Waste zu vermeiden.
Wer schon einmal alle Informationen für ein Nachhaltigkeitsaudit von Hand zusammensuchen musste, weiß: Ohne eine digitale Übersicht kann es schnell chaotisch werden. Moderne Systeme erleichtern die Erstellung von Audits und Berichten, die beispielsweise für Zertifizierungen oder die Einhaltung des Lieferkettengesetzes erforderlich sind.
Noch einen Schritt weiter gehen Predictive-Analytic-Tools. Sie analysieren historische Verbräuche und aktuelle Reservierungen, prognostizieren den künftigen Bedarf und passen Bestellmengen automatisch an. Gerade vor Großveranstaltungen oder an sonnigen Wochenenden stellt sich für Gastronomiebetriebe die große Frage:
Was brauchen wir wirklich auf Lager? Wer seine Verkaufsdaten mit Wetter- und Eventkalendern verknüpft, kann genauer planen und bleibt handlungsfähig. So sinken die Lagerkosten, Verderb wird verhindert und unnötige Transporte werden vermieden.
KI-gestützte Szenarien können sogar berechnen, wie sich verschiedene Wareneinsätze auf die Kosten und die Nachhaltigkeit auswirken. Beispielsweise lässt sich damit ermitteln, ob sich der Umstieg auf regionale Bio-Zutaten auch wirtschaftlich lohnt. Dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, Ressourcen clever zu steuern und eine langfristige strategische Planung umzusetzen.
Früh erkennen, schneller handeln
Gut strukturierte und miteinander verknüpfte Daten ermöglichen es Gastronomiebetrieben heute, deutlich schneller und gezielter auf Veränderungen in der Lieferkette zu reagieren.
Wenn das Brot fehlt oder der frische Fisch zu spät geliefert wird, gerät der Ablauf in der Küche und im Service sofort ins Wanken. In solchen Momenten geben Echtzeit-Dashboards und automatische Warnsysteme den Betrieben Rückendeckung. Sie zeigen an, wenn sich Lieferungen verzögern, Preise stark schwanken oder Bestände knapp werden. In einem Markt voller Unsicherheiten und schwankender Rohstoffpreise ist das ein echtes Plus.
Künstliche Intelligenz hebt diese Reaktionsfähigkeit auf ein neues Level. Sie analysiert riesige Datenmengen und gibt konkrete Handlungsempfehlungen. Sei es durch alternative Lieferanten, angepasste Rezepturen oder effizientere Einkaufsstrategien: Entscheidungen können nicht nur schneller, sondern auch nachhaltiger getroffen werden. Damit diese Entscheidungen nachvollziehbar und vertrauenswürdig bleiben, kommt eine weitere Technologie zum Einsatz: die Blockchain. Sie dokumentiert jeden Schritt entlang der Lieferkette fälschungssicher und macht ihn jederzeit abrufbar. So lassen sich Herkunfts- und Qualitätsnachweise bei Bedarf bereitstellen, beispielsweise bei Hygienekontrollen oder Nachhaltigkeitsaudits.
Lebensmitteltransparenz ist kein Luxus.
Im Gegenteil: Sie ist ein Grundrecht.
Abbildung 1 zeigt vereinfacht, wie digitale Tools – wie ERP, Rezeptmanagement, KI und Blockchain – entlang der Lieferkette vom Lieferanten über das Lager und die Küche bis zum Gast ineinandergreifen und somit für mehr Transparenz, Effizienz und Nachhaltigkeit sorgen. Trotz all dieser technischen Möglichkeiten gibt es auch Herausforderungen. Damit Algorithmen verlässliche Prognosen liefern können, müssen die bereitgestellten Daten vollständig und hochwertig sein. Außerdem erfordern digitale Tools Schulungen und die grundsätzliche Bereitschaft, bestehende Abläufe neu zu denken. Denn letztlich muss die Technologie den Alltag nicht nur verbessern, sondern sie muss überhaupt erst einmal handhabbar sein.

Digitalisierung: Pflicht und Chance zugleich
Die Gastronomie steht vor der großen Herausforderung, betriebswirtschaftliche Effizienz, ökologische Verantwortung und wachsende Transparenzanforderungen miteinander zu verbinden. Neben den bestehenden Vorschriften, wie dem Lieferkettengesetz, kommen weitere Berichtspflichten hinzu. Ein Beispiel ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU, eine EU-Richtlinie, die Unternehmen dazu verpflichtet, ausführlich und transparent über ihre Nachhaltigkeitsziele, Umwelt- und Sozialstandards sowie ihre Verantwortung in der Lieferkette zu berichten. Ziel ist es, die Vergleichbarkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen deutlich zu erhöhen und die Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen. Diese Richtlinie wird auch viele mittelständische Unternehmen indirekt betreffen [2]. Selbst wenn klassische Gastronomiebetriebe die gesetzlichen Schwellenwerte meist nicht überschreiten und somit nicht berichtspflichtig sind, sind sie aufgrund ihrer Rolle in den Lieferketten großer Unternehmen oder Konzerne häufig dennoch von den Nachhaltigkeits- und Transparenzpflichten betroffen. Damit wird die strukturierte Erfassung und Analyse von Lieferketten auch in der Gastronomie zunehmend zur Pflicht.
Digitale Systeme sind hierfür der Schlüssel: Sie schaffen Transparenz entlang der gesamten Lieferkette, ermöglichen eine präzise Steuerung von Ressourcen und helfen dabei, gesetzliche Vorgaben ebenso wie die Erwartungen der Gäste zuverlässig zu erfüllen.
Gleichzeitig eröffnen digitale Tools völlig neue Möglichkeiten. Mithilfe von automatisierten Analysen, Künstlicher Intelligenz und Blockchain-Technologien lassen sich Prozesse effizienter und nachhaltiger gestalten. Auch sprachgesteuerte Abfragen sind eine Option, um beispielsweise Bestände oder Absatzprognosen noch einfacher abzurufen.
KI-Systeme machen bereits heute Vorschläge für alternative Lieferanten, wenn Engpässe drohen oder Nachhaltigkeitsziele strenger verfolgt werden sollen. So können Gastronom:innen flexibel agieren, ohne den Markt selbst zeitintensiv analysieren zu müssen.
Statt Excel-Listen und E-Mail-Pingpong: Cloud-Technologien machen es möglich, dass Küchenleitung, Beschaffung und Lieferant endlich auf dieselben Daten schauen, und zwar in Echtzeit. Vom Anbauplan bis zur tagesgenauen Bedarfskalkulation, die alle relevanten Faktoren berücksichtigt, um eine optimale Planung und Umsetzung zu gewährleisten.
Technologien wie Machine-Learning-Modelle und Predictive Analytics werden Prognosen künftig noch präziser machen und ermöglichen es, schneller auf Marktveränderungen zu reagieren. Auch Blockchain könnte sich als Standard etablieren, um Lieferketten transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren.
Digitalisierung ist keine lästige Pflicht, sondern das Upgrade, das gute von großartigen Betrieben unterscheidet. Wer den Schritt in Richtung Digitalisierung wagt, merkt schnell: Das ist kein Mehraufwand, sondern ein Befreiungsschlag.