Ideen umsetzen, Zukunft gestalten:
Der EDIH Saarland als Motor für Veränderung
Fabian Adler, EDIH Saarland (c/o ZeMA gGmbH)
(Titelbild: © EDIH Saarland )
Kurz und Bündig
Der European Digital Innovation Hub (EDIH) Saarland unterstützt Unternehmen, Start-ups und öffentliche Einrichtungen in der Großregion bei der digitalen Transformation. Im Fokus stehen Künstliche Intelligenz, Automatisierung und datenbasierte Prozesse. Anhand praxisnaher Projekte – von der automatisierten Ultraschallprüfung über digitale Prüfprozesse bis zu KI-Schulungen in Verwaltungen – zeigt das EDIH Saarland, wie konkrete Anwendungen Effizienz, Qualität und Zusammenarbeit verbessern. Ergänzt wird das Angebot durch Förderberatung, Netzwerkarbeit und Schulungsformate, die Wissen direkt in die Praxis überführen.
Ein Roboter, der Bauteile prüft. Eine Verwaltung, die Reden mit Künstlicher Intelligenz vorbereitet. Eine Produktion, die endlich versteht, was ihre Daten ihr sagen wollen. Digitalisierung zeigt ihr Potenzial selten in einem großen Wurf – sie wächst in kleinen, klugen Schritten. Im Saarland entstehen daraus konkrete Lösungen, die Betriebe, Behörden und Menschen spürbar entlasten. Was braucht es, damit aus Experimenten echte Erfolge werden?
Strukturwandel ist kein Schlagwort, sondern Alltag: Lieferketten verändern sich, Technologien reifen, Erwartungen an Transparenz und Nachhaltigkeit steigen. In diesem Umfeld entscheidet Geschwindigkeit ebenso wie Sorgfalt. Organisationen in der Großregion brauchen technische, organisatorische und unternehmenskulturelle Anpassungsfähigkeit. Digitale Transformation beginnt dabei selten mit einer großen Lösung, sondern mit einem gut gesetzten ersten Schritt. Das beinhaltet eine klare Fragestellung, ein messbares Ziel und die Umsetzung im realen Umfeld.
Der Wandel zeigt sich überall: in industriellen Produktionshallen ebenso wie in öffentlichen Einrichtungen, Bildungszentren, Handwerksbetrieben oder Dienstleistungsunternehmen. Gerade in der Großregion mit ihrer Vielfalt an Branchen, Kulturen und Sprachen bietet die Digitalisierung eine Chance, Wissen besser zu teilen und Innovation gemeinsam zu gestalten. Das erfordert Mut, neue Wege zu gehen und Strukturen, die Lernen ermöglichen, bevor Technik zur Routine wird.
Vom Bedarf zur Wirkung: Der Ansatz des EDIH Saarland
Der European Digital Innovation Hub (EDIH) Saarland unterstützt KMU, Start-ups und öffentliche Einrichtungen dabei, digitale Technologien sinnvoll einzusetzen. Er ist Teil eines europaweiten Netzwerks von über 240 EDIHs und wird durch die Europäische Kommission und das saarländischen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie (MWIDE) gefördert. Der EDIH Saarland wird von einem regionalen Konsortium getragen – bestehend aus AWSi, DFKI, East Side Fab, saaris und ZeMA. Ziel ist es, KI und Digitalisierung greifbar zu machen – als konkreten Weg zu mehr Effizienz und Zukunftsfähigkeit.
Das EDIH-Team arbeitet an individuellen Herausforderungen: Ausgehend von Zielbild und Wertströmen werden Hebel identifiziert, Lösungswege erarbeitet und Prototypen konzipiert. Drei Prinzipien leiten dabei: 1.) Enge Zusammenarbeit mit dem Team, 2.) Daten als Entscheidungsgrundlage, 3.) kleine Iterationen mit sichtbaren Ergebnissen. Die folgenden Praxisbeispiele zeigen, wie Organisationen mit Unterstützung des EDIH konkrete Schritte in Richtung KI-Einsatz und Digitalisierung gehen.
Praxisbeispiel 1: Automatisierte Ultraschallprüfung
Ein saarländischer Produktionsbetrieb für große Schmiedeteile prüft jedes Werkstück vor der Auslieferung mit Ultraschall. Aktuell wird dies in einem manuellen, repetitiven, aber kognitiv und körperlich anspruchsvollen Prüfprozess durchgeführt. Hierbei fährt die prüfende Person einen Ultraschallprüfkopf nach einem vorgegebenen Muster über das Bauteil und prüft es auf Fehlstellen.
In Zusammenarbeit mit dem EDIH-Team wurde in einer Machbarkeitsstudie überprüft, ob der manuelle Prüfprozess ebenfalls mit einem sensitiven Roboter durchgeführt werden kann. Dazu wird der Prüfkopf automatisch bei gleichbleibendem Abstand und Druck über die Oberfläche geführt. Durch den sensitiven Roboter ist die exakte Kontur für den automatisierten Prozess irrelevant. Mit einem groben digitalen Modell wird zuerst die Bahn geplant und dafür gesorgt, dass kein Bereich übersehen wird. Der Roboter fährt die Oberfläche nach Übertragen des digitalen Modells kraftgeregelt ab. Alle Prüfdaten werden direkt gespeichert. So sind die Ergebnisse reproduzierbarer, die Prüfzeiten kürzer und die Belastung für die Mitarbeitenden sinkt spürbar. Auch die Nachvollziehbarkeit der Messungen verbessert sich, was das Vertrauen in die Qualität erhöht.
Praxisbeispiel 2: Datenstrukturen für mehr Transparenz in der Produktion
Ein anderes Unternehmen aus dem Saarland hatte sich zum Ziel gesetzt, die Produktion transparenter und vernetzter aufzubauen. Erfasste Produktions- und Labordaten sollten im Kontext der gesamten Produktion betrachtet werden, um daraus Prozessparameter automatisiert zu bestimmen, Rüstzeiten und Fehlproduktion zu minimieren sowie die Qualität zu erhöhen. Die Herausforderung war, dass viele Produktions- und Labordaten getrennt voneinander erfasst wurden – auf verschiedenen Rechnern, in Excel-Listen oder sogar noch auf Papier. Dadurch war es schwierig, Qualitätsabweichungen schnell nachzuvollziehen oder Prozesse ganzheitlich zu bewerten.
Gemeinsam mit dem EDIH-Team wurde deshalb ein einheitliches produktionsweites Datenmodell entwickelt, das Maschinen-, Labor- und Lagerdaten miteinander verknüpft. Jeder Produktionsschritt erhielt eine eindeutige Kennung und wichtige Informationen wurden automatisiert erfasst, zusammengeführt und visualisiert. Mithilfe von entsprechenden Tools entstanden erste digitale Workflows und Dashboards. Das Ergebnis sind weniger doppelte Eingaben, mehr Transparenz und klarere Verantwortlichkeiten. Bei vollständigem Betrieb verspricht sich das Unternehmen eine Erhöhung in der Produktionseffizienz sowie die Rückverfolgbarkeit von Materialien und Chargen deutlich zu verbessern. Darauf aufbauend sollen dann Schritte in Richtung Predictive Maintenance unternommen werden.
Praxisbeispiel 3: Prüf- und Servicegeräte
digital vernetzen
Ein Maschinenbauunternehmen aus der Großregion wollte seine internen Prüf- und Serviceprozesse der Produkte effizienter gestalten und dadurch die Redundanz minimieren. Bisher wurden Prüfschritte manuell durchgeführt und dokumentiert, was viel Zeit kostete und eine digitale Auswertung erschwerte. Gemeinsam mit dem EDIH-Team wurde methodisch untersucht, wie sich diese Abläufe automatisieren und digital miteinander vernetzen lassen. Dabei sind konkrete Ansätze entstanden, beispielsweise für SPS-gesteuerte Prüfprozesse, die Nutzung von RFID- oder Barcodesystemen und die Anbindung an das bestehende ERP-System. Auf dieser Grundlage wurde ein Maßnahmenplan mit klaren Prioritäten und Zeitabläufen entwickelt, der das Unternehmen zur selbstständigen Umsetzung befähigt. Das Ergebnis sind standardisierte Abläufe, geringerer Bedarf an Prüfplätzen und deutlich kürzere Durchlaufzeiten der Prüfprozesse. Zudem erleichtern digitale Prüfprotokolle nun die Rückverfolgbarkeit sowie den Kundenkontakt und verbessern die Auditfähigkeit.
Praxisbeispiel 4: KI in der Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung einer saarländischen Gemeinde mit rund 14.000 Einwohnern und Einwohnerinnen stand vor der Aufgabe, die Potenziale generativer KI zu erschließen und zugleich der wachsenden digitalen Kompetenzlücke im Zuge des demografischen Wandels zu begegnen. Eine erste Bestandsaufnahme zeigte, dass die digitalen Fähigkeiten der Mitarbeitenden unterschiedlich ausgeprägt waren. Um dem gezielt zu begegnen, nahm die Gemeinde an vier EDIH-Schulungen teil. Die Teilnehmenden erhielten praxisnahes Wissen zu großen Sprachmodellen und verschiedenen generativen KI-Tools sowie zu Themen wie Prompt Engineering, KI-Halluzinationen und Datenschutz. Anhand konkreter Beispiele wie der Erstellung von Inhalten und der Automatisierung kommunaler Bekanntmachungen wurde gezeigt, wie verschiedene KI-Lösungen in bestehende Arbeitsabläufe integriert werden können. Der Bürgermeister hob hervor, dass die Schulungen zu mehr Effizienz, Transparenz und Servicequalität in der Verwaltung beitragen. Er berichtete zugleich, dass er dank KI-gestützter Werkzeuge die Zeit für seine Redevorbereitung von zwei Stunden auf 30 Minuten verkürzen konnte.
Praxisbeispiel 5: Digitale Arbeitsprozesse und KI-Tools im Büroalltag
Eine gemeinnützige Organisation aus dem Sozialbereich wollte prüfen, wo KI im Büroalltag konkreten Nutzen stiftet. Nach einer Bestandsaufnahme wurden drei Bereiche priorisiert: Öffentlichkeitsarbeit, Fördermittelberatung und Personal. In kurzen Hands-on-Sessions wurden Anwendungsfälle definiert und erprobt: Bild- und Textgenerierung für Kampagnen, standardisierte Vorlagen für Stellenausschreibungen sowie ein KI-gestütztes Prüfschema, das wiederkehrende Förderrichtlinien strukturiert ablegt, Anträge vorprüft und sensible Daten anonymisiert. Ergebnis: weniger Routineaufwand, schnellere Entwürfe und nachvollziehbare Prozesse. Die bereichsübergreifende Beteiligung führte zu einem gemeinsamen Werkzeugkasten und einem pragmatischen Fahrplan für den weiteren KI-Einsatz.
Was Unternehmen und Organisationen in der Großregion jetzt brauchen
Erst wenn ein Prototyp den Weg in den Alltag findet, in Routinen, Rollen und Budgets, ist er erfolgreich. Dafür sind klare Verantwortlichkeiten, verlässliche Datenstrukturen und ein einfaches Änderungsmanagement entscheidend. Ebenso wichtig ist die Qualifizierung der Mitarbeitenden. Lernen sollte kein einmaliger Workshop bleiben, sondern Teil der täglichen Arbeit werden. So entsteht aus Projekten eine nachhaltige digitale Kultur.
Digitale Transformation braucht mehr als Technologie – sie lebt von Orientierung, Freiraum und Austausch. Zunächst suchen viele Unternehmen Klarheit: Welche digitalen Anwendungen schaffen echten Mehrwert – für Wertschöpfung, Beschäftigte sowie Kunden und Kundinnen? Genauso entscheidend ist es, die Teams zu befähigen, Neues auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Schließlich zählt Vernetzung, also der offene Dialog mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Verwaltungen der Großregion. Dieses gemeinsame Lernen über Branchengrenzen hinweg beschleunigt den Fortschritt und macht Erfolge sichtbar.
Wie in den Beispielen gezeigt, entfaltet Digitalisierung ihre Wirkung dort, wo Menschen gemeinsam Lösungen entwickeln. Entscheidend ist, dass Unternehmen und Organisationen Orientierung, Gestaltungsspielraum und Unterstützung erhalten. Dies sollte aber Schritt für Schritt, mit klaren Zielen und messbaren Ergebnissen passieren.
Wissen in die Praxis überführen
Um diese Entwicklung zu unterstützen, bietet der EDIH Saarland Formate, die Wissen, Technik und Anwendung miteinander verbinden. KI- und Digitalisierungsprojekte, Schulungen, Demonstratoren und Austauschveranstaltungen machen neue Technologien erlebbar und fördern die Zusammenarbeit über Sektor- und Landesgrenzen hinweg. Das Ziel besteht darin, aus Ideen konkrete Handlungsschritte zu entwickeln, die sich in der täglichen Praxis bewähren.
Mit Förderung Schritt für Schritt zur Umsetzung
Innovationen entstehen selten ohne Investitionen in neue Maschinen, Software oder Forschungsvorhaben. Gerade kleine und mittlere Unternehmen stehen häufig vor der Frage, wie sie Digitalisierungsvorhaben finanzieren können, ohne den laufenden Betrieb zu belasten. Hier greifen Förderprogramme von Bund und Land, die gezielt Investitionen in neue Technologien, Prozesse und Kooperationen erleichtern. Der EDIH Saarland unterstützt dabei, passende Programme von Förderrichtlinien über Antragsfristen bis hin zu geeigneten Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zu identifizieren und die Voraussetzungen zu prüfen. Durch seine Netzwerke in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung kann der EDIH Saarland Unternehmen frühzeitig mit passenden Partner:innen und Fördermittelgebenden zusammenbringen, was ein wichtiger Faktor ist, um Vorhaben effizient zu planen und Fördermittel gezielt einzusetzen.
Gemeinsam den nächsten Schritt gehen
Der EDIH Saarland unterstützt KMU, Start-ups und öffentliche Einrichtungen der Großregion bei der Digitalisierung. Als neutraler Partner zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung hilft er beim Testen von KI-Prototypen, der Digitalisierung von Geschäftsprozessen und bei Förderanträgen. Unternehmen gewinnen Orientierung, erproben neue Technologien und erweitern ihr Netzwerk. Der Hub fungiert als Katalysator für KI und digitale Prozesse über Branchen und Grenzen hinweg. Er lädt alle ein, gemeinsam den digitalen Wandel in der Region mitzugestalten und konkrete Ziele zu definieren.







