Die Digitalisierung ist Motor für eine neue industrielle Revolution mit tiefen Einschnitten: Software erledigt in vielen Branchen Arbeit
schneller, billiger und besser. Geschäftsmodelle lösen sich plötzlich auf und neue entstehen. Die Arbeit der Zukunft kann erfüllender und auch humaner sein. Viele Arbeitnehmer werden freier sein in dem, was sie tun und wie sie es tun – sie werden aber auch stärker gefordert sein. Die Arbeitswelt von morgen ist weniger planbar, aber dafür voller Chancen und Möglichkeiten.
Die Digitalisierung ist dabei revolutionär und evolutionär zugleich: eine Revolution, weil sie radikale Veränderungen bewirkt und die Innovationsgeschwindigkeit exponentiell steigert, und eine Evolution, weil sie diejenigen Unternehmen binnen kurzer Zeit verdrängt, die sich nicht anpassen oder gar neu erfinden. Dieser massive Wandel betrifft die gesamte Industrie und insbesondere auch die Telekommunikation: Sie gehört sogar zu den drei am stärksten vom digitalen Wandel berührten Branchen.
Angesichts des digitalen Wandels, veränderter Märkte und eines sich wandelnden Arbeitsumfelds muss sich ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom daher weiter und grundlegend verändern: Es muss die Innovationsgeschwindigkeit künftig noch weiter erhöhen. Es muss alle Kernprozesse digitalisieren – vom Netz bis zum Service. Und es muss vor allem auch neue Geschäftsmodelle entwickeln, die in Zukunft für Wachstum sorgen.
Das alles geht nicht von heute auf morgen, aber es muss doch deutlich schneller gehen als bisher. Die Digitalisierung wartet nicht, weder auf die Deutsche Telekom noch auf die deutsche Industrie mit ihrem gegenwärtig noch starken Fokus auf Effizienz und Kontrolle und jahrzehntelang etablierten Hierarchien. Das alles hat die Industrie groß gemacht – heute aber reicht das nicht mehr. Es behindert die Unternehmen vielmehr, den Wandel in ihrem Sinne zu gestalten. Denn der Wandel erfordert jetzt ein neues Denken, deutlich mehr Flexibilität, Schnelligkeit und Offenheit.
Damit der Wandel gelingt, müssen Unternehmen wie die Deutsche Telekom den Kulturwandel weiter vorantreiben und damit auch eine neue Art von Führung und neue Organisationsmodelle etablieren. Aber wie genau sieht Digital Leadership aus? Wie lässt sich Führung im Zeitalter der Digitalisierung überhaupt neu denken und umsetzen? Und wie kann ein Unternehmen den wachsenden Innovationsdruck besser managen?
Zunächst geht es darum, zu erkennen, dass mögliche neue Geschäftsfelder und Organisationsmodelle die bisherigen in der Regel nicht vollständig ersetzen. Es geht also nicht um ein „entweder oder“, sondern um ein „sowohl als auch“. Gelungener Wandel heißt weniger „vollständiger Ersatz“, sondern eher „sinnvolles Nebeneinander“. Ohne ein gewisses Maß an Kontrolle zum Beispiel wird es selbst in offeneren Organisationsformen auch in Zukunft nicht gehen.
Erfolgreich sind Unternehmen vor allem dann, wenn es ihnen gelingt, gerade durch die Kombination sowohl der „alten“ als auch der „neuen“ Welt erfolgreich zu sein. Wir sprechen auch vom Verhältnis zwischen „Exploitation“ und „Exploration“. Das erste meint die permanente Verbesserung des bestehenden Kerngeschäfts mit dem Fokus auf Effizienz, auf Präzision. Der zweite Begriff zielt auf das Thema Innovation mit dem Fokus auf Risiko, Offenheit, Flexibilität, höhere Fehlertoleranz und Lust am Experiment.
Es geht damit um eine neue Form von Balance und um die Frage: Wie gelingt es, eine Organisation und Unternehmenskultur zu schaffen, in der sowohl der explorative als auch der exploitative Ansatz zur Geltung kommen? Oder anders gefragt: Wie lässt sich das Bestehende nutzen und zugleich das Neue erschließen?
Angesichts der bisherigen Stärken der deutschen Industrie muss es nun vor allem gelingen, den Blick noch stärker auf das Thema Innovation zu richten – und auf die Strukturen, die nötig sind, um sich gerade in diesem Bereich zu verbessern. Wer die Waagschale also neu austariert, der muss ein stärkeres Gewicht auf die „neue Welt“ legen.
Zugleich heißt das aber auch: Um die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens zu verbessern und es „fit“ zu machen für den digitalen Wandel, müssen sich die herkömmlichen Strukturen und Prozesse des Unternehmens ebenfalls verändern. Alles muss auf den Prüfstand. Wenn möglichst viele neue Ideen entstehen sollen, dann sind zum Beispiel starre Hierarchien und „abgekapselt“ arbeitende Abteilungen eher hinderlich. Sie erschweren den Informationsaustausch. Viele der neuen Aufgaben und Fragestellungen lassen sich in flexiblen Projektstrukturen, in Netzwerken und in interdisziplinären und heterogen zusammengesetzten Teams weitaus besser bearbeiten.
Dieser notwendige Wandel wiederum bringt auch Veränderungen für die Führungskultur und die Anforderungen an Führungskräfte mit sich: Führungskräfte stehen künftig vor der Aufgabe, gleichzeitig Bereiche und Teams aus „beiden Welten“ zu führen. Sie müssen in Zukunft weniger inhaltliche Entscheidungen treffen, sondern sich mehr auf Vernetzung, Coaching und die Strategieentwicklung konzentrieren. Es geht also auch künftig um „Management“, aber immer öfter eben auch um „Leadership“.
Drei Aspekte sind dabei besonders wichtig:
Erstens: Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zugestehen, weniger Kontrolle ausüben und vor allem die Zusammenarbeit über die Abteilungsgrenzen hinaus stärker fördern. Nur durch eine bessere und offenere Zusammenarbeit lässt sich die Komplexität des Wandels bewältigen und mehr Innovation hervorbringen.
Zweitens: Führungskräfte müssen sich dafür einsetzen, dass Mitarbeiter und ihre Ideen eine noch größere Wertschätzung erfahren. Vor allem in einer Atmosphäre des Respekts für den anderen, für seine Vorschläge und Gedanken können neue Lösungen gedeihen und vorankommen. Und dazu gehört auch: Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern noch mehr Vertrauen entgegenbringen und sie befähigen, unternehmerischer zu denken und zu handeln. Dieses Befähigen, Ermächtigen oder „Empowering“ ist künftig der Kern von Führung. Drittens: Führungskräfte müssen bei der Zusammensetzung der Teams darauf achten, dass sie eine möglichst hohe Diversität in ihren Teams sicherstellen – also eine passende Mischung aus erfahrenen und jüngeren Mitarbeitern, aus Männern und Frauen, aus Menschen verschiedener Kulturen und Talente, die besonders offen für den Wandel sind. Solche diversen Teams – das zeigt die Praxis – bringen deutlich mehr neue Ideen hervor.
Am Ende gelingt der Wandel im Unternehmen aber nur, wenn es eine gute Strategie gibt, die alle mittragen, unterstützen – und vor allem erfolgreich umsetzen. Letztlich gilt: Für den Erfolg des Unternehmens zählt nicht, was Führungskräfte und Mitarbeiter gesagt und gedacht haben, sondern, was sie gewagt und getan haben.