Manager sind wirtschaftlich handelnde Menschen. Manager agieren mit einen kühlen Kopf, um aus wirtschaftlicher Sicht das Optimum zu erreichen. Manager wollen den Gewinn oder den Umsatz maximieren, Marktanteile verteidigen oder dazugewinnen oder auch nur den Erhalt und das Überleben des Unternehmens sichern. Managern kann es auch wichtig sein, dass es Mitmenschen und der Umwelt gut geht. Dann spenden sie oder sie kaufen auch mal teurere Produkte, die aber für die Natur weniger schädlich sind. Wirtschaftswissenschaftler und Psychologen nehmen diese Aspekte der Verhaltensökonomie immer ernster. Sie untersuchen, welche Rolle Gefühle wie Vertrauen oder Angst vor Verlusten bei unseren Entscheidungen tatsächlich spielen. Wirtschaftssoziologen untersuchen in diesem Zusammenhang ökonomische Verhaltensentwicklungen im gesellschaftlichen Kontext.
Der homo oeconomicus 4.0 bewegt sich heute in einer komplexen globalisierten Welt, in der die Industrialisierung Grenzen und alte Denkmodelle längst überwunden hat. Neue Denkmodelle, wie etwa die Transaktionskosten oder die Spieltheorie, haben in der Wirtschaftswissenschaft Preise gewonnen. Die Verhaltensökonomie der Manager haben diese Denkmodelle noch nicht nachhaltig verändert.
Ausgangspunkt der Verhaltensökonomie der Manager ist der homo oeconomicus. Marx wollte die Menschen auf ihren ökonomischen Kern reduzieren. Wissenschaftler der Neuroökonomie entdecken, dass der Mensch weit weniger rational reagiert als er meint, denn oft beherrschen Emotionen wirtschaftliche Entscheidungen. Professor Armin Falk beschrieb den Homo Reciprocans als einen wirtschaftlich und politisch handelnden Menschen. Dieser denkt nicht nur an den eigenen Vorteil, sondern will seine Umgebung möglichst positiv gestalten, er neigt zu kooperativem Verhalten und bestraft unfaires Verhalten, selbst wenn es mit Kosten verbunden ist.
Verhaltensökonomie der Finanzwirtschaft
Wirtschaftswissenschaftler haben in der Vergangenheit insbesondere die Verhaltensökonomie der Finanzwirtschaft unter dem Begriff „Behavioral finance“ untersucht und versucht, Markt-anomalien zu erklären. Seit über 50 Jahren dominiert die neoklassische Kapitalmarkttheorie unser Verständnis für die Abläufe an Finanzmärkten. Sie hat eine Vielzahl von Theorien und Konzepten wie z. B. die Portfoliotheorie, das Capital Asset Pricing oder Value-at-Risk hervorgebracht und basiert ganz wesentlich auf der Annahme eines streng rationalen homo oeconomicus. Kritiker der „Behavioral finance“ unterstützen meist die Theorie des voll-kommenen Marktes. In wie weit sich diese Theorien, die auf der Annahme vollkommener Märkte aufbauen, von der Realität entfernt hatten, zeigte die Subprime Krise im Jahre 2008.
Typische Theorien der „Behavioral finance“
Die Verlustaversion: Wenn ein Verkauf von Aktien oder anderen Wertpapieren zur Folge hätte, dass ein nominaler Verlust realisiert werden muss, so lässt sich häufig ein Unwillen beobachten, diese Transaktion durchzuführen. Dies kann auch erklären, warum die Preise auf dem Immobilienmarkt sich bei schwacher Nachfrage nicht den Angebotspreisen nähern.
Der Besitztumseffekt: Er besagt, dass der wahrgenommene Wert eines Gutes höher ist, wenn man es besitzt. In Verhandlungssituationen kann dadurch die Bereitschaft zu zahlen geringer sein, als der objektive Wert des Gutes ist. Andererseits gilt es ebenso, dass die Bereitschaft zu verkaufen geringer ist und ein höherer Preis gefordert wird, als das Gut objektiv wert ist.
Nach dem Besitztumseffekt ist die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung höher, wenn die Steuer nachgezahlt werden muss. Sie ist geringer, wenn der Steuerpflichtige eine Vorauszahlung geleistet hat und daher eine Rückzahlung erwarten kann.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation thematisiert Widersprüche, mit der sich der Manager aus Sicht der Verhaltensökonomie auseinandersetzen muss.
- Wenn die Wirtschaft wächst, jubeln alle über den Aufschwung. Doch allein eine gute Konjunktur heißt noch nicht, dass es auch den Menschen besser geht. Denn in der neuen Arbeitswelt kommt davon nicht unbedingt etwas im Portemonnaie der Bürger an.
Woran liegt das?
- Die Finanzkrise bringt die Konjunktur in ganz Europa unter Druck, erstmals schrumpft die Wirtschaft. Und ausgerechnet Deutschland wird nun gescholten: Sind wir mit Schuld an dem Einbruch, weil unsere Löhne zu niedrig sind?
- Jahrelang wurde Deutschland als Exportweltmeister gefeiert. Nun wirft uns die Welt genau das vor. Weil unsere Wirtschaft vor allem dadurch wächst, dass wir so viele Güter ins Ausland verkaufen, und wir andererseits selbst relativ sparsam sind, sollen wir Mitschuld an der Wirtschaftskrise haben.
- Nach der Finanzkrise will die Bundesregierung so schnell wie möglich wieder die Wirtschaft ankurbeln und nimmt dazu hohe Schulden auf.
Doch ist Wachstum, um jeden Preis wirklich die richtige Strategie? - An der Börse geht es nur darum, welche Unternehmensaktien die höchsten Gewinne versprechen – heißt es. Doch wenn man genau hinschaut, dann haben die Anleger die Dividenden der nachhaltig wirtschaftenden Firmen als einen neuen Zins in der Finanzkriese entdeckt.
Die Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg
Mit dem Thema Verhaltensökonomie der Manager wollen wir hier kein weiteres theoretisches Kapitel aufschlagen sondern dazu beitragen, das Denkmodell der Transaktionskosten in einen direkten Zusammenhang zur Verhaltensökonomie der Manager zu setzen. Provozierend wollen wir gleichzeitig die Aussage hinterfragen, ob für den Unterschied zwischen erfolgreichen und
erfolglosen Unternehmen in erster Linie die Manager verantwortlich sind.
Damit stellen sich zwei wesentliche Fragen: Welche Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sind für die erfolgreiche Bewältigung der Managementaufgaben wichtig? Nach welchen Kriterien soll man geeignete Manager auswählen und fördern?
Die Basis des Wirtschaftens und der Ökonomie ist die Knappheit. Die Knappheit ist das Problem, das die Ökonomie zu lösen versucht. Irgendjemand sucht immer irgendetwas: Lebensmittel, Rohstoffe, Boden, Zeit, Geld, Arbeitskräfte oder auch technische Lösungen. Diesen Suchprozess nennt man auch Markt. In einem Markt werden Knappheitsverhältnisse angezeigt und Angebot und Nachfrage zusammengebracht. Unter optimalen Bedingungen – wenn alle Marktteilnehmer über die gleichen Informationen verfügen, gelingt es dem Markt die Knappheit auszugleichen.
Die Funktion des Marktes kann jedoch gestört sein, indem der Suchprozess gestört ist, aus ideologischen Gründen nie vorhanden war oder es sich kein Angebot für eine Nachfrage findet – jedenfalls nicht zu diesem Preis. Oder der Prozess, dass die Nachfrage ein Angebot sucht wird umgedreht, sodass ein Angebot seine Nachfrage schafft. So wird aus dem Suchprozess ein Zuweisungs- und Kontrollprozess. Der Staat ersetzt nunmehr die Marktmechanismen.
Zwischen Markt und Staat agieren heute Unternehmen, um mit dem Problem der Knappheit umzugehen. Welche Organisation für das Wirtschaften am besten geeignet ist, um das Problem der Knappheit zu lösen, ist die zentrale Frage der Ökonomie. Der Staat drängt sich offen oder verdeckt immer stärker in das Wirtschaftsleben. Die Politik nutzt dabei gezielt ihre Gestaltungskraft, um zu steuern und zu regulieren.
Sowohl in Märkten als auch in Unternehmen fallen Transaktionskosten in unterschiedlicher Höhe an. Roland Coase, der 1991 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, stellte die These auf, dass Unternehmen gegründet werden, um den Vorteil geringerer Suchkosten, Vertragskosten, Koordinierungskosten, Kontrollkosten zu nutzen. In Unternehmen sind Transaktionskosten tendenziell niedriger als auf dem Markt, da die Interaktionen nicht über Preise sondern über Weisungen das individuelle Handeln koordinieren. Diese Weisungen können über die Hierarchie gesteuert werden oder innerhalb der Wertschöpfung auf der Basis von Pull oder Pusch gesteuert werden.
Der Mehrwert der Unternehmensgründung liegt in der Markt-Ausschaltung. Auf dem Markt begegnet man sich als Nachfrager und Anbieter. Im Unternehmen tritt man als Leistungspartner auf. Es werden nicht unterschiedliche Produkte sondern nur ein Produkt angeboten. Adam Smiths beschrieb Märkte als unsichtbare Hand. Dieser Markt ist ggf. unsichtbar aber nicht kostenlos. In Märkten entstehen hohe Reibungsverluste durch Informationsbeschaffung, Preisvergleiche und Verhandlungen, eben Transaktionskosten.
Aus Sicht der Verhaltensökonomie liegt die Kernaufgabe des Managements daher darin, bei Entscheidungen die Transaktionskosten im Auge zu haben. Das liegt auf der Hand bei Entscheidungen, denen man das Transaktionskostenproblem gleichsam ansieht: Make- or buy- Entscheidungen, bei Fragen des Outsourcings und bei Joint Ventures. Nicht so auffällig sind Transaktionskosten, die das Management selbst und über moderne Managementinstrumente ins Unternehmen eingebracht hat: Jedes Meeting, jedes Monitoring-System, jedes Reporting, der Prozess der Zielvereinbarung, die Budgetplanungen – all das erzeugt Transaktionskosten.
Alles was die Transaktionskosten im Unternehmen sinken lässt ist produktiv und alles was sie steigen lässt ist kontraproduktiv. Aus Sicht der Verhaltensökonomie der Manager kann die Berücksichtigung der Transaktionskosten weitreichende Folgen haben und Managementpraktiken dramatisch verändern.
Das Senken der Transaktionskosten ist kein absoluter Wert
Reinhard Sprengler fragt sich zu recht: Ist es wirklich notwendig, fünfzig Key Performance Indikators in jedem Winkel der Erde auf Knopfdruck zur Verfügung zu haben? Viele Kennzahlen im Unternehmen haben mit einer Wertorientierung nichts zu tun. Sie sind lediglich so beliebt, weil sie sich gut kommunizieren lassen.
Welche Kosten Manager zu zahlen bereit sind, hängt vom Reifegrad des Geschäftes ab und auch davon, in welcher Phase sich das Unternehmen befindet. In Aufbauphasen sind hohe Transaktionskosten in Ordnung. Grundsätzlich gilt, das Senken der Transaktionskosten ist kein absoluter Wert – er ist immer gegen andere Werte zu gewichten und zu balancieren. Wenn Sie zum Beispiel bei Entscheidungen Ihre Mitarbeiter einbeziehen, mitreden und mitentscheiden lassen, dann haben Sie vielleicht einen Transaktionskostenvorteil verspielt, aber unter Umständen viel Produktivität geschaffen.
Insgesamt leidet die deutsche Wirtschaft heute eher durch die Zunahme an bürokratischen Wasserköpfen und der Verlangsamung von Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen. Wie ist es also heute zu verstehen, dass Transaktionskosten in Unternehmen ungestört wachsen, als hätte es die Ideen von Coase und anderer nie gegeben?
Es ist für viele Unternehmen schwer, sich gegen engmaschige Regulierung durch Corporate Govermance, Compliance, Risk-Management und interner Kontrollsysteme zu wehren, da diese Transaktionskosten selbst gemacht werden. Manager verschaffen sich über diese Funktionalitäten Autorität und Macht und rechtfertigen ihr Dasein. Da Transaktionskosten den Charakter einer Querschnittsfunktion haben, können diese nicht isoliert oder zugeordnet werden. Für Transaktionskosten gibt es keine Kostenstelle und auch keine Kostenplanung.
Vor diesem Hintergrund sollten Manager zur Optimierung der Kostenstruktur Prozesse und Strukturen permanent überdenken. Müssen wir nicht die Anzahl der Berichtsebenen reduzieren? Müssen wir nicht überflüssige Prozesse eliminieren? Müssen wir nicht Institutionen abschaffen die früher mal nützlich waren, heute aber ihre Existenzberechtigung nur noch aus der Gewohnheit ziehen? Manager, die Kostenziele vorgeben ohne auch gleichzeitig an der Struktur zu arbeiten, besitzen nicht das ökonomisch geforderte Verhalten.
Damit das Wesen der Transaktionskosten Teil der Verhaltensökonomie der Manager wird, greifen die folgenden Punkte nach und nach die Transaktionskosten in Verbindung mit typischen Aufgabenstellungen des Managements auf:
- Planungen und Zielvereinbarungen überprüfen
- Mitarbeiter-Loyalität erhöhen und Fluktuation mindern
- Kundenorientierung sicherstellen
- Vertrauenskultur schaffen
Planungen und Zielvereinbarungen überprüfen:
Zielvereinbarungen stammen aus einer Zeit planbarer, ruhiger Abschöpfungsmärkte. Der Austro-Amerikaner Peter Drucker war es in den 50er Jahren, der Zielvereinbarungen als Management by Objectives popularisierte. Damals ging er implizit von zwei Voraussetzungen aus:
- Märkte sind planbar
- Menschen ohne Ziele wissen nicht, was sie tun sollen.
Aber die Welt von damals hat sich verändert. Die Märkte treiben die Unternehmen, und die Unternehmen treiben die Manager. Alles drängt, alles muss schnell gehen. Die Kette der Herausforderungen reißt nicht ab. Die Innovationskraft ist stärker gefordert und die Bindungsnotwendigkeit schrumpft. Es ist die Zeit des Internets und der Digitalisierung, aufgeklärter Konsumenten und starker Absatzschwankungen in vormals Kernmärkten.
Auf der Seite der Mitarbeiter verdrehen Planungen die Prioritäten. Statt sich auf den Kunden zu konzentrieren, orientiert sich das Handeln an der Planung. Zielvereinbarungssysteme führen häufig dazu, dass sich die Mitarbeiter auf die Zielerreichung konzentrieren anstatt sich um Marktchancen zu kümmern. So wie in Unternehmen zu oft gefragt wird: Was will der Chef? Aber dieser ist dem Kunden ziemlich egal.
Wer mit Planungen versucht, die Komplexität in den Griff zu bekommen, dem schießen die Transaktionskosten durch die Decke: dauernde Abweichungskontrollen, permanente Plananpassung, Nachverhandlungen. Zugespitzt kann man sagen: Wer Planzahlen erreicht ist im Sinne der Ökonomie kein Manager, sondern ein Bürokrat.
Wenn ein Unternehmen auf wechselnde Kundenbedürfnisse, Marktveränderungen richtig reagieren soll, dann kann das eine zentrale Planung nicht leisten. Leisten kann das in effizienter Weise nur ein Unternehmen, wenn alle Einheiten, Teile und Stellen selbstgesteuert im Sinne der Ökonomie handeln. Nur die Koordination der Zusammenarbeit und Vorgaben zur Rentabilität oder zur Marktführerschaft müssen von der Zentrale kommen.
Mitarbeiter- und Kundenloyalität erhöhen und Fluktuation mindern:
Die Anwerbung und Einstellung neuer Mitarbeiter ist teuer. Sich von Ihnen zu trennen ebenso. Dass eine hohe Kundenfluktuation hohe Transaktionskosten erzeugt ist unmittelbar plausibel. Auch der häufige Wechsel von Kooperations- und Vertragspartnern erzeugt Kosten. Besonders kostenintensiv ist eine hohe Fluktuationsrate bei wissensintensiven Gütern. Denn diese sind schlecht im Voraus zu prüfen. Sie können zum Beispiel einen Rechtsanwalt nicht vorher testen.
Das heißt im Klartext: Die häufige Auswahl und der Wechsel von Mitarbeitern und Kooperationspartnern sollten möglichst vermieden werden. Zugespitzt kann man auch sagen, dass der Wettbewerb der Zukunft auf den Personalmärkten entschieden wird. Selbst in wirtschaftlichen Krisenzeiten mangelt es an Fach- und Führungskräften. In diesem Zusammenhang kann die Verhaltensökonomie der Manger eine große Rolle spielen, wenn es um die Bindung der Leistungsträger an das Unternehmen geht.
Die Erfahrung zeigt, dass man eine starke Mitarbeiterbindung erreichen kann, wenn man loslässt, wenn Manager ihre Mitarbeiter absichtslos führen. Wir wissen aus der Sozialpsychologie: Gerade durch das Loslassen erzeugen wir Bindung – Selbstbindung.
Wie können Sie es als Manager schaffen, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen, gerne kommen und bleiben und damit Transaktionskosten senken?
Die Praxis zeigt: Menschen kommen zu Unternehmen, aber sie verlassen Vorgesetzte. Auf die Beziehung und das Verhalten zwischen Manager und Mitarbeiter kommt es an. Nicht Sanktionen oder Belohnungen binden Mitarbeiter, sondern die Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen. Das geht auch über die Manager-Mitarbeiter-Beziehung hinaus. Ein Unternehmen ohne einen Freund ist ein Feind. Ein weiterer Grund für Mitarbeiter, in einem Unternehmen zu bleiben, besteht im Zugang zu spannenden und herausfordernden Aufgaben oder Projekten. Ein Mangel an anspruchsvollen Aufgaben demotiviert die Mitarbeiter.
Nicht zuletzt wollen die Mitarbeiter den Namen ihres Unternehmens mit Stolz nennen können. Sie wünschen sich, dass der Stolz des Unternehmens sich auf sie überträgt. Ihr Stolz kann sich aus der Produktion, der Tradition, der Unternehmenspolitik oder dem gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens begründen. Fehlt es an jeglichem Glanz, dann suchen die Mitarbeiter die erstbeste Gelegenheit, für ein Unternehmen mit größerer Reputation zu arbeiten.
Kundenorientierung:
Unternehmerisches Handeln sollte sich am Kunden orientieren und weniger auf die Bürokratie fokussiert sein. Große Organisationen entwickeln eine ausgeprägte Eigendynamik. Je größer der Apparat, desto größer das Selbstinteresse. Seit Parkinsons berühmten Studien sind wir genügend informiert über die Logik großer Organisationen. Erfahrene CEOs stimmen der Behauptung zu: Das Management beschäftigt sich zu 90% mit Problemen, die es selber erzeugt. Die Neigung von Organisationen, sich mit sich selbst zu beschäftigen treibt die Transaktionskosten ins Unermessliche.
Im Unternehmen sind alle Mitarbeiter Lieferanten
In vielen Unternehmen wird von einer internen Lieferanten-Kunden-Beziehung gesprochen. Insbesondere das Management sieht sich in diesem Rollenverständnis eher als Kunde. Dazu träge das Organigramm ebenso bei wie Formulierungen „dieser Mitarbeiter arbeitet für mich“ oder „all diese Abteilungen müssen an mich berichten“. Das Management könnte sich aber auch als Lieferant begreifen: Als Lieferant von Möglichkeiten, Freiräumen und Unterstützung. Die Managementaufgabe bestünde dann darin, die eigene Lieferantenrolle anzuerkennen.
Aus Sicht der Transaktionskosten verfehlt diese Diskussion jedoch den Kern: Im Unternehmen sind alle Mitarbeiter Lieferanten. Es gibt keine Kunden im Unternehmen. Der Kunde ist draußen, auf dem Markt. Manager sind gefordert das Unternehmen so zu strukturieren, dass es keine Kunden-Lieferanten-Beziehungen innerhalb des Unternehmens gibt. Die Nachfrager-Anbieter-Interaktion, ist die kleinste Einheit der Wirtschaft und ihre Wichtigste. An diese sollten sich Manger immer wieder erinnern, wenn sie eine Gestaltungsaufgabe lösen wollen.
Hierarchie führt zu einer Vertikalspannung, Kundenorientierung führt zu einer Horizontalspannung. Wie können Manager das Unternehmen in einer Horizontalspannung halten? Wie können Manager einen Zug nach außen erzeugen, zum Markt und zum Kunden?
- Unterlassen und verhindern Sie alles, was Vertikalspannung erzeugt. Unterlassen Sie alles, was Bürokratie schafft und Entscheidungswege verlängert. Alles, was das Oben/Unten befeuert, sollte kritisch hinterfragt werden.
- Wehren Sie sich täglich gegen die Springfluten des Reportings und Monitorings.
- Erinnern sie sich regelmäßig an den Existenzgrund des Unternehmens: an den Kunden. Denken Sie vom Kunden her, ob marktgetrieben oder markttreibend. Früher haben große Handelsfirmen Marken gemacht – heute machen Kunden die Marke. Sie mischen sich ein, sie sagen: Das will ich haben, das will ich anders haben. Darauf müssen Sie reagieren, nicht auf das, was die Hierarchie will.
- Verhindern Sie die Erzeugung immenser Transaktionskosten durch eine falsche oder inkonsequente Personalauswahl. Insbesondere bei Missgriffen auf der Führungsebene revidiert man selten und meistens viel zu spät die Auswahlentscheidung.
Vertrauenskultur:
Bürokratie bedeutet Krieg, genauer Papierkrieg und moderner E-Mail-Krieg. Warum wird dieser Krieg geführt? Mangels Vertrauen. Misstrauen wird Unternehmen von außen durch den Gesetzgeber oktroyiert oder von innen durch eine wuchernde Absicherungsmentalität induziert. Bürokratien sind immer ein Zeichen von Misstrauen. Bürokratie erzeugt Kosten, schafft aber sonst keinerlei Wert. Unter Umständen wird sogar in größerem Maße Wert vernichtet, denn die Kontrollaktivitäten erschöpfen die kreativen Energien der Mitarbeiter.
Aus der Perspektive der Transaktionskosten ist nichts so billig wie Vertrauen. Vertrauen darauf, dass wir intelligente, selbstverantwortliche Mitarbeiter haben, die einen guten Job machen wollen und flexibel auf die Anforderungen der Kunden reagieren. Soll sich Selbstverantwortung entwickeln, braucht der Mitarbeiter Vertrauen. Solange Unternehmen von der Vorstellung geradezu besessen sind, dass die Mitarbeiter dazu neigen nur zu betrügen, werden Sie ein Überwachungssystem nach dem anderen installieren. Hoher Rechtfertigungsdruck verschleißt Vertrauen. Mit einem steigenden Rechtfertigungsdruck sinkt die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen. Dann wuchern die CCs in den E-Mails und treiben die von Misstrauen induzierten Transaktionskosten in die Höhe. In der täglichen Praxis bedeutet das, den Rechtfertigungsdruck zu analysieren und gegebenenfalls zurückzufahren. Grundsätzlich sollte kein Chef pedantisch Fehler verfolgen.
Als Führungskraft ist es nicht ausreichend mit moralisierendem Unterton eine Vertrauens-organisation einzufordern. Es muss vermittelt werden, warum Vertrauen Komplexität reduziert, Prozesse beschleunigt, Problemlösungen effektiv macht und effizient ist. Auf dieser Basis sind entsprechende Konsequenzen und Entscheidungen zu treffen. Hierzu gehören zuerst der Kontrollverzicht und der Abbau von Regularien. Dabei geht es nicht darum alle Kontrollsysteme abzuschaffen, wichtiger ist, dass die Mitarbeiter die Rücknahme beobachten können.
Man könnte meinen, dass die Organisation an sich schon hohe Transaktionskosten produziert. Der Akt des Organisierens sollte mithin Transaktionskosten senken obwohl der Akt durch Meetings und durch den erforderlichen Informationsaustausch zuerst Transaktionskosten produziert. Hier sind Führungskräfte gefragt, die dieses Dilemma sehen und täglich das Wuchern der Transaktionskosten zähmen.
Welche individuellen Anlagen und Verhaltensweisen der Manager vermeiden hohe Transaktionskosten?
Grundsätzlich erfordert es die Bereitschaft und die Fähigkeit des Managers sich überhaupt auf das relativ komplexe Denkmodell der Transaktionskosten einzulassen. Manager sind insbesondere gefordert, mit offenen Augen durch das Unternehmen zu gehen und die Abläufe und Prozesse aus Sicht der Transaktionskosten zu analysieren und zu prüfen. Darüber hinaus sind Manager gefordert für die Umsetzung der gewonnenen Eindrücke einzustehen und für deren Umsetzung zu kämpfen.
Die Frage nach Ansätzen zur Vermeidung von Transaktionskosten ist durchaus abhängig von der Unternehmensgröße. Viele kleine Unternehmen besitzen heute den Vorteil der organisatorischen Rückständigkeit. Sie haben nicht jede Management-Mode mitgemacht. Hier ist besonders das Verhalten der Manager gefordert, Nein zu sagen. Der Begründungsaufwand ist häufig hoch, denn hier sind starke Manager gefragt, die sich gegen den Main-Stream stellen wollen und können.
Ein Nein-Sager weiß präzise, wogegen er ist, aber nur selten genau, wofür er ist. Das diskreditiert ihn in den Augen der Herde. Er entscheidet sich bewusst für das Offene und wehrt sich gegen die Schließung. Peter Lau drückt dieses einfach aus: Ja ist eine Straße – Nein ist ein Horizont, also nur etwas für souveräne Manger. Manager, die das Denkmodell der Transaktionskosten nutzen, müssen schon ein gewisses Maß an Unabhängigkeit haben, eine autonome Persönlichkeit, die auch Gegenwind aushält und sich für Ergebnistragendes einsetzt.
Aus Sicht der Verhaltensökonomie der Manager ist es im Sinne der Transaktionskosten besonders wichtig, sich auf die Denk- und Vorstellungswelt des Anderen einzulassen. Wenn sie als Manager adressatenorientiert denken, sprechen und handeln, dann genügen Sie dieser Forderung. Zu oft steht für Manager die Frage im Vordergrund: Was ist für mich drin? Zwar stellt niemand diese Frage explizit doch deutlich spürbar ist ein nehmendes Verhältnis zur Umwelt. Manager, die die Frage: Was kann ich bieten? in den Vordergrund Ihres Handelns stellen, spiegeln ein gebendes Verhältnis zur Umwelt wider. Dieses Verständnis hat nichts mit Selbstlosigkeit zu tun, sondern bedingt den eigenen Vorteil als Folge des Gebens.
Jochen Kamper